Findbuch des Bestandes Amt für Sozialethik ist online

Das Findbuch des Bestandes 2LR 042 – Amt für Sozialethik und Sozialpolitik, ab 1997: Amt für Sozialethik, Kirchlichen Dienst in der Arbeitswelt (KDA) und Ökologie – wurde jetzt fertigestellt und kann auf der Webseite des Archivs eingesehen werden. Damit liegt jetzt die Überlieferung vor zur Arbeit der Evangelischen Kirche im Rheinland im Bereich Wirtschaft, Industrie, Bergbau und Strukturwandel, aber auch Frauen(arbeit) und Familie, sowie Umwelt und Energie.

Ein Industriewerk im Ruhrgebiet. Ohne Datum. Fotograf: Hans Lachmann. Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 7_0023105

Die rheinische Provinzialsynode hatte 1946 den „Sozialethischen Ausschuss“ unter der Leitung von Friedrich Karrenberg eingerichtet und zu einer ständigen Einrichtung mit dem Sitz in Velbert ausgebaut. Der Ausschuss hatte eine Doppelfunktion: Zum einen sollte er die Landessynode und die Kirchenleitung in politischen, wirtschaftlichen und sozialen Fragen beraten, und zum anderen sozialethische Themen von besonderer Wichtigkeit aufgreifen und selbständig erörtern. Konstitutives Arbeitsprinzip war die gemeinsame Diskussion sozialethisch bedeutsamer Themen von Sozialwissenschaftlern und Theologen. Die Arbeit des Ausschusses unter Karrenberg ist in unserem Archivbestand 1OB 001 (1952-1966) dokumentiert.

Das Amt für Sozialethik und Sozialpolitik entstand 1969 aus einer Umorganisation des Sozialethischen Ausschusses. Es sollte eine Verbindung schaffen zwischen wissenschaftlicher Grundsatzarbeit und der Beratung kirchlicher Gremien, vor allem dem Sozialethischen Ausschuss, der Kirchenleitung und der Landessynode einerseits und der Umsetzung der Arbeitsergebnisse in die praktische Arbeit vor Ort andererseits.

Der Sozialethische Ausschuss wurde auf der Landessynode im Januar 1969 neu konstituiert und hatte jetzt eine beratende Funktion vergleichbar den anderen Ausschüssen der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR).

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Einblick in eine Erntedankfest-Predigt im „dritten Kriegsherbst“ von Heinrich Held

Gestern war Erntedank – ein Fest, das aus Dankbarkeit für die Gaben der Natur zur Zeit der Ernte gefeiert wird. Erntedankfeste, Umzüge und Jahrmärkte finden statt, um sich für die erfolgreiche Ernte zu bedanken und um die Freude über das ertragreiche Jahr zum Ausdruck zu bringen. Christinnen und Christen erinnern an den engen Zusammenhang von Mensch und Natur und danken Gott für die Ernte. Traditionell werden in den Kirchengemeinden die Altäre zum Abschluss der Ernte mit Feldfrüchten festlich geschmückt.

Urdenbacher Erntedankzug
Frauen in Tracht schütten von einer geschmückten Plattform aus Wein an Männer aus
Fotograf: Hans Lachmann
Datum: 1952 Ort: Düsseldorf-Urdenbach
Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), BRD_1952_3272 Schachtel BRD 23
Geschmückter Altar zum Erntedankfest
In der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth wurde zum Erntedankfest ein Altar mit vielen Blumen geschmückt
Fotograf: Hans Lachmann
Datum: 1958 Ort: Düsseldorf/Kaiserswerth
Signatur: 203_00014 Schachtel: 413

Aber wie verhält es sich mit der Dankbarkeit, wenn man in einer Zeit des Krieges lebt? Bilder des friedlichen Teilens werden verdrängt durch „ganz andere Bilder, die uns in der Wirklichkeit vor Augen treten“. So beschreibt es Heinrich Held, Pfarrer in Essen-Rüttenscheidt, und stellt in seiner Erntedankfest-Predigt am 4. Oktober 1942 folgende Fragen:

Ist es nicht so, dass die Erde vielmehr ein brutaler Kampfplatz ist, ein Kampfplatz, wo eins gegen das andere sich erhebt und eins das andere mit allen Mitteln grausamen Daseinskamfes zu verdrängen sucht? Ist das wirklich so, dass Gott mit vollen Händen die Güter dieser Erde einem jeden zuteilt nach Mass? Ist es nicht vielmehr so, dass der eine viel hat und der andere wenig, und dass gerade diese verschiedene Verteilung der Güter der Erde die Völker immer wieder antreibt, einander die Beutestücke aus den Fäusten zu reissen?

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Heute vor 60 Jahren: Einweihung der Johanneskirche in Moers-Meerbeck

Über unser 2017 bezogenes Außenmagazin in der ehemaligen Johanneskirche in Moers-Meerbeck haben wir im Blog bereits mehrfach aus archivfachlicher Sicht berichtet. Heute vor 60 Jahren, am Erntedankfest 1964, wurde diese Kirche feierlich eingeweiht. Ihre Planungsgeschichte illustriert exemplarisch die Expansionsphase der beiden westdeutschen Volkskirchen in den 1950er und 1960er Jahren, die vor allem demografisch bedingt war und sich nicht zuletzt im Bau zahlreicher neuer Kirchen und Gemeindehäuser widerspiegelte. Im 21. Jahrhundert bescheren deren erforderlicher Rückbau, Aufgabe, Verkauf oder auch Transformation den kirchlichen Leitungsgremien aller Ebenen dicht gedrängte Tagesordnungen.

Festschrift der evangelischen Kirchengemeinde Meerbeck zur Ingebrauchnahme der Johannes-Kirche am 4. Oktober 1964. Aus Bestand: AEKR, 1OB008(Ortsakten), Nr. 8897
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Tag der Landesgeschichte Rheinland-Pfalz

Ein kurzer Erfahrungsbericht vom Tag der Landesgeschichte Rheinland-Pfalz in Frankenthal am 28.09.2024:

Der 3. Tag. der Landesgeschichte von Rheinland-Pfalz, ausgerichtet von der Kommission des Landes für Geschichte fand am 28.09.2024 in Frankenthal statt. Beim 2. Tag der Landesgeschichte von Rheinland-Pfalz 2021 waren wir von der Evangelischen Archivstelle in Boppard noch mit einem Stand beim Tag der rheinland-pfälzischen Landesgeschichte in Ingelheim vertreten. Der diesjährige Schwerpunkt der Veranstaltung lag auf dem Thema „Demokratiegeschichte(n)“.Für mich als Besucher dieser Veranstaltung waren die anwesenden Institutionen, Verbände und Vereine sehr interessant. Unter den Ausstellern waren unter anderem das Landesarchiv Speyer, das Institut für Geschichtliche Landeskunde und die Kommission des Landtages für die Geschichte des Landes anwesend. Neben der Podiumsdiskussion im Plenum gab es für die interessierten Besucher auch noch Workshops zu den Arbeiten, dem Fundraising und der Öffentlichkeitsarbeit im Archiv. Außerdem gab es eine Escape Room Challenge und ein Mitmach-Angebot zur Demokratie. Nachfolgend noch der Link zum bunten Veranstaltungsprogramm. https://landtag-rlp.de/de/mitmachen/veranstaltungen/tag-der-landesgeschichte-rlp.htm

Hochzeitsmode im Wandel – eine kleine Fotostrecke

Reproduktion; Aufnahme einer Hochzeitsgesellschaft in Urdenbach auf einem Kahn; Fotograf: Hans Lachmann, ca. 1900 in Urdenbach/Düsseldorf; Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 7_011020

Laut einer alten deutschen Redewendung gilt der September als der „Mai des Herbstes“. So wird es zumindest in einer Bauernregel überliefert. Der Sommer klingt langsam in den Herbst aus, gewährt noch warme Sonnenstunden, ohne einen schonungslos transpirieren zu lassen und die Vegetation zeigt sich in buntester Farbenpracht. So ist es nur verständlich, wenn es viele Paare bevorzugen, ihre Trauung in eben diesen Monat zu legen. Weiß bekleidete Damen und in Anzügen herausgeputzte Herren sind zu Herbstbeginn somit feste Bestandteile eines jeden Stadtbildes.

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Neues Format für den Schriftgutverwaltungslehrgang Südrhein geplant

Regelmäßig bietet das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland Schriftgutverwaltungslehrgänge für Bürokräfte von Kirchengemeinden und Superintendenturen an. Ziel dieser Veranstaltungen ist es, den Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeitern die Grundprinzipien des Einheitsaktenplans der Evangelischen Kirche im Rheinland zu vermitteln, ihnen Leitlinien zu den wichtigsten Fragen von Aufbewahrung und Kassation an die Hand zu geben sowie ein Forum zu bieten, auf dem sie  sich mit dem Landeskirchlichen Archiv über alle Fragen aus der Praxis der Schriftgutverwaltung in Gemeinde- und Superintendenturbüros austauschen können.

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„pauvre und ohnvermögent“: Die Lebensumstände der Fischbacher Schulmeister zu Beginn des 18. Jahrhunderts

In vergangenen Jahrhunderten fristete der Lehrer auf dem Land, das viel belächelte oder gar verspottete „arme Dorfschulmeisterlein“, häufig ein bemitleidenswertes Dasein. Selbst nur unzureichend ausgebildet, wurde er für einen Hungerlohn angestellt und musste meist neben dem Schul- auch den Küsterdienst versehen. So auch in Fischbach an der Nahe, wie eine Schulakte im Archiv der dortigen Evangelischen Gemeinde zeigt. Darin enthaltene Schriftstücke aus dem 18. Jahrhundert sind ein beredtes Beispiel für die prekären Lebensumstände einer schlecht angesehenen Lehrerschaft.

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 052B (Fischbach) Az. 34 (16.2.1718)

Im ältesten Dokument von Februar 1718 (siehe hier rechts) beschwert sich der „Bürgermeister zu Fischbach nahmens der dortigen Gemeinde“ beim Konsistorium, dass der Schulmeister als Küster „von jeder Hochzeit, Kindtauffe und Leiche 1 Maaß Wein und 1 Wecke, entweder in natura oder mit Gelde bezahlt, fordere, so Ihnen bei jetzigen theuren Wein zu schwer fallen wolle. Zweytens, daß ob ihm schon bei seinem Antritt nur 20 Simmer Korn aus der Gemeinde zu geben versprochen worden, er 3 Malter verlange, so ihm auch bis daher geliefert werden müssten. Drittens, daß sie ihre Kinder, wann sie schon in der Schule das nöthige gelernet und begriffen, doch bis sie zum Gebrauch des Hl. Abendmahls gelassen werden können, entweder zur Schule schicken, oder doch den Schullohn dafür zahlen müssten. Viertens, daß der Schulmeister den Klingelbeutel in der Kirche nicht, wie doch ander Orten gebräuchlich, tragen wollte, und sie deswegen einen anderen lohnen müssten.“

Das Konsistorium allerdings befand nach Vernehmung des Lehrers und Prüfung seines Vokationsbriefes, dass dessen Ansprüche gerechtfertigt seien und ihm sein ohnehin nur mageres Einkommen seitens der Gemeinde gewährt werden müsse. Lediglich die Schulkinder sollten, sobald sie genug gelernt hatten, nicht mehr allzu lange in die Schule „gezwungen werden, zumahlen, wenn die Eltern, wie auf dem Lande gemeiniglich geschiehet, die etwas erwachsenen Kinder zur Feldarbeit mit gebrauchen müssen.“

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