Miniaturbücher des Winterhilfswerks des Deutschen Volkes (WHW)


Bei der Ordnung unseres Bestandes 8SL089, welcher allerlei dreidimensionale Objekte und museale Gegenstände beinhaltet, fiel mir auch ein Archivkarton mit einer Sammlung von diverser “grauer Literatur“ in die Hand. Darunter waren diese Miniaturbücher des „Winterhilfswerks des deutschen Volkes“ mit Bildern von Heinrich Hoffmann.
Das WHW sollte als Nothilfeaktion zur Bekämpfung der Folgen von Arbeitslosigkeit und Armut helfen. Nach Gründung im September 1933 fungierte es als Organisation für Spendenannahmen und profitierte dabei von schnellem Wachstum. Vor allem durch die angeordneten Haus- und Straßensammlungen der NSDAP, sowie durch den Verkauf von Abzeichen, wurde das WHW zu einer der bekanntesten Organisation des Alltags im Nationalsozialismus. In den Jahren 1933 bis Ende 1943 wurden über 8.000 Abzeichen in hoher Auflage und in den verschiedensten Ausführungen und Materialien zu lokalen Anlässen und Veranstaltungen herausgegeben.
Dazu gehören auch die Miniaturbücher, die gerade mal die Maße 4,8 x 3,6 (Höhe x Breite) cm haben und damit noch viel kleiner als gewöhnliche Taschenbücher sind. Inhaltlich lassen sie sich als eine Art Jahreschronik der Nationalsozialismus definieren, die immer bei sich geführt werden konnten, da sie auf Grund ihrer Größe in jede Hosentasche passten.

Nachtrag zum Nachlass des BK-Theologen Eberhard von Mering

Christa Lippold hat eine weitere Sammlung an Urkunden und Zeugnissen Ihres Vaters Pfarrer Eberhard von Mering dem Archiv zur Aufbewahrung überlassen, die zum Bestand 7NL 225 aufgenommen wurden. Ein wichtiges Teilsegment bilden dabei die Briefe Ihrer Eltern aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1933. Es ist der Briefwechsel von den Studenten Ruth Liebert und Eberhard von Mering von Januar bis Oktober 1933. Neben Alltäglichem berichten die Liebenden rudimentär auch von der aktuellen politischen Lage.

Es handelt sich hier um ein Zeugnis des jungen B.K.-Theologen in Rodenkirchen und seiner zukünftigen Ehefrau aus Zeiten der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Von Mering äußert sich kritisch über die Massenhysterie, die nach Hitlers Regierungsübernahme am 30. Januar 1933 vorherrsche. Im Brief vom 20. Februar 1933 berichtet von Mering von einer Hitler-Rede, die aus den Messehallen übertragen wurde. Aus Sicht eines evangelischen Theologen ist ihm das „blindwütige Zujubeln und Massengeheul unsympathisch“. Von Mering hält die Rede Hitlers, „die von glühendstem Hass gegen seine Mitmenschen getragen ist“, für Gotteslästerung.

In einem späteren Brief vom 11. April 1933 beklagt er die kritiklose Begeisterung für die neue Regierung, obwohl er auf einer Gausitzung über „soviel mittelalterlich Grausames gegenüber den Juden“ gehört hat. Und fügt noch hinzu:

„man muss entsetzt sein, dass so etwas in einem modernen Staate noch möglich ist. Alle Nächstenliebe ist in Fanatismus aufgegangen.“

AEKr, 7Nl 225, VZ 61, Brief 26
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Bücher als ein beliebtes Weihnachtsgeschenk- auch in der Zeit des Nationalsozialismus

Deutsche Weihnacht, deutsche Bücher, deutsche Weihnacht… “ aus der Archivbibliothek des AEKR unter der Signatur: He 082

Trotz technischer Neuerungen der letzten Jahrzehnte wie beispielsweise Computer, Tabletts und Spielekonsolen, zählen Bücher immer noch zu einem der beliebtesten Geschenke in der Weihnachtszeit. Dabei sind vor allem Thriller und Krimis bevorzugte Genres. Bei Jugendlichen sind es wahrscheinlich vor allem Abenteuererzählungen oder „Coming of Age“ Romane die die meisten ansprechen.

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NS-kritische Satire „Das Rotkäppchen“ fand ihren Weg auch nach Weiler

Im Archiv der Kirchengemeinde Merxheim-Weiler fand sich bei der Verzeichnung des Bestandes unter den von Pfarrer Martin Ernst Heinrich aus der Zeit des „Dritten Reiches“ nachgelassenen Dokumenten ein maschinenschriftlicher Durchschlag der NS-kritischen Satire „Das Rotkäppchen“, die 1937 in den „Münchner Netteste Nachrichten“, Faschingsausgabe der „Münchner Neueste Nachrichten“, erschienen und unter der Hand reichsweit verbreitet worden war. Die Satire erzählt das bekannte Märchen mit nationalsozialistischem Kolorit:

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 121B Merxheim-Weiler
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Kirche auf dem Irrweg: Gründungsfeier des „Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben“ vor 80 Jahren

Am 6. Mai 1939, heute vor 80 Jahren, trafen sich führende Vertreter der “Deutschen Christen” auf der Wartburg in Eisenach zur Gründungsfeier des “Institut zur Erforschung und Beseitigung des jüdischen Einflusses auf das deutsche kirchliche Leben” (die Informationen zu diesem Beitrag entstammen im Wesentlichen dem Artikel bei Wikipedia). Seit 1938 hatte es bei deutschchristlichen Kirchenführern Bestrebungen gegeben, eine „Säuberung“ von Theologie und Kirche von allen jüdischen Bezügen herbeizuführen. Zu diesem Zweck wurde das Institut gegründet, dessen wissenschaftlicher Leiter der Jenaer Professor für Neues Testament, Walter Grundmann, wurde. Es wurden zehn Arbeitskreise eingerichtet; Mitarbeiter aus dem Rheinland waren Bischof Heinrich Oberheid, Superintendent Alfred Thieme (Solingen, 1893-1973, Pfarrer in Solingen-Wald), Pfarrer Karl Dungs (Essen), Pfarrer Heinz Dungs (bis 1937 in Mülheim an der Ruhr, dann Weimar), Pfarrer Heinrich Weinmann (Koblenz-Pfaffendorf, 1898-1977), Professor Wilhelm Schmidt-Japing (Bonn), Professor Rudi Paret (Bonn).
1940 wurde ein “entjudetes” Neues Testament unter dem Titel “Die Botschaft Gottes” herausgegeben, in dem die Bearbeiter die Zitate und Bezüge zum Alten Testament entfernt hatten. Ebenfalls “gesäubert” erschien ein Katechismus mit dem Titel “Deutsche mit Gott.” Als Gesangbuch wurde von dem zuständigen Arbeitskreis “Großer Gott wir loben dich” empfohlen, das die “Nationalkirchliche Einung Deutsche Christen” herausgegeben hatte.
Über diese kirchliche Zielrichtung hinaus war das Institut durch die wissenschaftliche Zusammenarbeit mit anderen Einrichtungen und Organisationen in die nationalsozialistische Politik zur Vernichtung des jüdischen Lebens in Deutschland eingebunden.
Unser Archiv verfügt über einige Quellen zu diesem Institut: Bestand 1OB 002 (Konsistorium der Rheinprovinz) Nr. 2139; 1OB 007 (Provinzialsynodalrat) A VI.2; 8SL 034M (Sammlung Martin Rohkrämer) Nr. 69. Die Bearbeitung des Neuen Testaments unter dem Titel “Die Botschaft Gottes” befindet sich im Bestand der Archivbibliothek unter der Signatur Ab 10 i 001.
Eine wissenschaftliche Arbeit über das Institut hat Oliver Arnold 2010 vorgelegt. Im September 2019 soll eine Sonderausstellung des Eisenacher Lutherhauses über das Institut eröffnet werden.

„Überall Luthers Worte“ – Martin Luther im Nationalsozialismus

Wie standen die Nationalsozialisten zu Religion und Kirche und im Besonderen zu Martin Luther? Wie verhielten sich Christen in Deutschland zum Reformator und seinem „Erbe“ in der NS-Zeit? Und wie entwickelte sich das Verhältnis zwischen Staat und Kirchen in jenen zwölf Jahren?

Zu diesen Fragen eröffnet am Donnerstag, 15. November 2018, eine Ausstellung im EL-DE-Haus, dem NS-Dokumentionszentrum der Stadt Köln. Die Ausstellung wurde 2017 anlässlich des Reformationsjubiläums von der Stiftung Topographie des Terrors und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand erarbeitet. Nach Stationen in Berlin und Saarbrücken wird sie nun erstmals in Nordrhein-Westfalen gezeigt. Alle weiteren Informationen zur Ausstellung finden Sie hier.

Gefallener Pastor wurde 1944 postmortal getraut

Kuno Windfuhr Porträt; Pastor aus Elberfeld, 1935, aus Bestand: AEKR 1OB018_Pers52_W210

Bei der Durchsicht der Daten der Theologen und Theologinnen mit dem Anfangsbuchstaben „W“ für den vierten Band des Handbuches „Die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im Rheinland“ stieß ich kürzlich auf eine Angabe, die mich stutzig machte. Pastor Kuno Windfuhr, der seit 1938 bis zu seiner Einberufung zum Wehrdienst 1940 Synodalvikar im Kirchenkreis Köln war, soll am Tag nach seiner Trauung als Soldat gefallen sein. Nach meiner Kenntnis gab es doch immer einige Urlaubstage nach einer solchen Trauung?

Ein Blick in die Personalakte (Bestand 1OB 018 Nr. W 210) brachte dann die Erklärung: Seine Ehefrau bzw. Witwe, L. Windfuhr, teilte dem Konsistorium in Düsseldorf am 9.9.1944 mit, dass sie „mit dem am 23. Oktober 1943 bei Orscha in Russland gefallenen Pfarrer Kuno Windfuhr gemäss ministerieller Genehmigung nachträglich mit Rückdatierung auf den 22. Oktober 1943 die Ehe geschlossen habe.“ Die Heiratsurkunde, deren Formular der Standesbeamte für diesen Zweck leicht abändern musste, ist in der Akte vorhanden. Interessanterweise ist nicht vermerkt, dass der Bräutigam verstorben ist; es heißt lediglich: „Mit dem […] Kuno Windfuhr, […] zuletzt wohnhaft […] hat die L. […] nachträglich mit Rückwirkung ab 22. Oktober 1943 die Ehe geschlossen.“

Kuno Windfuhr; Pastor; standesamtliche Heiratsurkunde vom 6. September 1944 in Moers, aus Bestand: AEKR 1OB018_Pers52_W210

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