Am 28.11.2014 ging das Blog des Archivs der Evangelischen Kirche im Rheinland online. Seither sind hier über 450 Artikel erschienen, womit wir einen kleinen Beitrag zu der -leider immer noch überschaubaren- archivischen Blogosphäre in Deutschland zu leisten suchen.
Die Bandbreite der Artikel reicht von Hinweisen auf aktuelle Fortbildungsveranstaltungen oder Publikationen hin zu längeren Miszellen über ausgewählte historische Themen. Regelmäßiges Feature sind auch die Informationen über benutzungsrelevante Bestandszugänge oder neue Online-Findmittel.
Tatjana Klein, die 2014 engagiert das Archivblog initiierte, hat ja mittlerweile die Leitung des Kreisarchivs des Rheinisch-Bergischen Kreises übernommen. Wir sind aber optimistisch, mit einer Mischung aus neuen KollegInnen und alten Hasen auch 2020ff. weiter für eine bunte Vielfalt an interessanten Themen zu stehen. Im Bereich der evangelischen Kirchenarchive sind übrigens seither die ansprechend gestalteten und informativen Blogs aus Nürnberg (1/2017) und Stuttgart (2/2019) hinzugekommen. Für diese -wie auch natürlich unser eigenes Blog- möge gelten: Ad multos annos!
Viele Menschen interessieren sich für Kirchengebäude, nicht nur für Dome und Kathedralen in Urlaubsgebieten, sondern auch für Kirchen in ihrer Heimat. Für viele Städte und Regionen im Gebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland gibt es Handbücher oder andere Zusammenstellungen der Kirchengebäude; zum Teil sind nur die evangelischen Kirchen aufgeführt, teilweise aber auch Gotteshäuser anderer Kirchen oder sogar Religionen. Durch die Aufgabe etlicher Kirchen in den vergangenen 10-15 Jahren haben die Verzeichnisse schon historischen Wert. Wir wollen uns den Übersichten auf der Grundlage der evangelischen Kirchenkreise nähern, da deren Gebiet oftmals den Raum der dargestellten Kirchen definiert.
In einem ersten Teil sollen die Kirchenkreise Aachen bis Bonn im Landesteil Nordrhein behandelt werden:
Kirchenkreis Aachen:
Das Buch Evangelische Gottesdienststätten im Kirchenkreis Aachen erschien 1986 und wurde vom Kreissynodalvorstand herausgegeben. Auf 144 Seiten werden geschichtliche Übersichten über den Kirchenkreis und die Kirchengemeinden geboten; auf einer Doppelseite wird jede Gottesdienststätte mit Text und Außen- und Innenaufnahme dargestellt.
1998 legte der Kirchenkreis unter dem Titel Brücken bauen ein Handbuch vor, das ebenfalls Angaben zu den Gottesdienststätten in den Gemeinden enthält und jeweils eine Aufnahme bietet. Der Vollständigkeit halber soll das Gemeindebuch des Kirchenkreises Aachen aus dem Jahr 1959 erwähnt werden. Auch hier finden sich geschichtliche Angaben und Abbildungen der Kirchen.
Kirchenkreis An der Agger (die Gemeinden liegen im Oberbergischen Kreis, Rosbach im Rhein-Sieg-Kreis)
Im Jahr 2007 gab der Kirchenkreis ein Handbuch unter dem Titel Evangelisch in Oberberg heraus; neben umfangreichen Berichten über Angebote und Einrichtungen des Kirchenkreises werden die Kirchengemeinden auf mehreren Seiten vorgestellt. Die zahlreichen Fotos zeigen auch alle Gottesdienststätten.
Aus dem Jahr 1962 stammt das Gemeindebuch des Kirchenkreises An der Agger, das zahlreiche Informationen über die Gemeinden und je eine Abbildung der Kirchen bringt. Auf zwei spezielle Veröffentlichungen für den oberbergischen Bereich soll hier noch hingewiesen werden, die wohl einzigartig für das Rheinland sind: eine regionale Übersicht über die Glocken der Kirchengemeinden unter dem Titel Glocken und Geläute im Oberbergischen und ein Handbuch der Orgeln Orgeln in oberbergischen Kirchen.
Der vielfach ausgezeichnete Journalist Jürgen Gückel hat jetzt eine aufrührende Studie zu dem SS-Hauptsturmführer Artur Wilke veröffentlicht, seinem ersten Lehrer in der Nachkriegszeit. 1963 wurde dieser zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Hierzu hat Gückel auch im Archiv der EKiR geforscht. Wer aber war Artur Wilke und warum finden sich zahlreiche Briefe von ihm im Düsseldorfer Archiv?
Diese Fragen führen zu einem Bestand, der seit seiner Erschließung 2005 bereits Gegenstand mehrerer wissenschaftlicher Publikationen wurde: Der Nachlass des Wuppertaler Theologen Prof. Hermann Schlingensiepen enthält umfängliche Korrespondenzen mit den in den großen NS-Prozessen der 1960er Jahre verurteilten Massenmördern der Einsatzgruppen und Konzentrationslager.
Wenn vom 12. bis 16. Januar 2020 die 73. Rheinische Landessynode tagt, dann wird möglicherweise auch ein Thema zur Sprache kommen, das schon ein Jahr zuvor im Zusammenhang mit Überlegungen zur Verkleinerung der Landessynode die Gemüter bewegt hatte – die Frage nämlich, ob es gerechtfertigt ist, dass alle rheinischen Superintendenten qua Amt automatisch Mitglieder der Landessynode sind. Eine von der Kirchenleitung eingesetzte Arbeitsgruppe konnte keine theologische Begründung für diese Regelung finden und sah ihre Ursprünge „in der preußischen konsistorialen Verwaltung“. Doch ist dies tatsächlich so? Es ist reizvoll, dieser Thematik anhand der Protokolle der Rheinischen Provinzialsynoden des 19. Jahrhunderts nachzugehen.
1817 hatte der preußische König in allen Provinzen die Einberufung von Provinzialsynoden angeordnet. Auch in den damals noch zwei rheinischen Provinzen Jülich-Kleve-Berg und Großherzogtum Niederrhein traten daraufhin im November 1818 bzw. im April 1819 Provinzialsynoden zusammen, die freilich nur aus den vom König ernannten Superintendenten und einer weiteren Anzahl von Pfarrern, nicht jedoch aus Laienvertretern bestanden. Diese Zusammensetzung entsprach allerdings in keiner Weise der presbyterial-synodalen Tradition von Rheinland und Westfalen, in der das Prinzip der gemeinschaftlichen Beratungen von Theologen und Nichttheologen sowie das Wahlprinzip einen hohen Stellenwert hatten.
Das Klischee wird aufrecht erhalten. In den Handakten des rheinischen Oberkirchenrat Hans-Ulrich Stephan (Signatur: 6HA033, Nr. 86) findet sich unter der Überschrift „Amt und Lebensform der Diakonisse“ ein Statement aus dem Jahr 1984: „Die Diakonisse weiß sich von Gott in ein geistliches Amt in der Kirche berufen. Sie lebt den Weg der Nachfolge in der Glaubensgemeinschaft einer Schwesternschaft, der sie verantwortlich und verpflichtet ist. Aus dem gemeinsamen Leben erfährt die Diakonisse Kraft und Zurüstung für die geistlichen und beruflichen Anforderungen des Amtes… Die Diakonisse lebt ehelos und trägt die Tracht ihres Mutterhauses. Einen Teil ihrer finanziellen Einkünfte stellt sie dem Mutterhaus für gemeinnützige, diakonische Aufgaben zur Verfügung. Nach Abschluss der biblisch-diakonischen und beruflichen Ausbildung findet die Aufnahme in die Schwesternschaft und die Einsegnung zum Amt der Diakonisse statt…“ Die Unterzeichner dieses Schreibens sind das II. Rheinisches Diakonissen-Mutterhaus, Diakoniewerk Kaiserwerk, Niederrheinisches Diakonissenmutterhaus, Diakonissenmutterhaus des Erziehungsvereins Neukirchen Vluyn, Tannenhof Schwesternschaft, Königsberger Diakonissen-Mutterhaus Altenberg und Bergische Diakonie Aprath. Sie „erhoffen sich von der Kirchenleitung, dass das hier beschriebene Selbstverständnis der Diakonisse bedacht wird.“ Oberkirchenrat Stephan notiert am Rand: „Berufsbild der Diakonisse: das gibt es nicht. Nur Arbeitstitel…“ Und er kann nicht nachvollziehen, dass es sich hier um ein „geistliches Amt“ handelt.
Der Titel klingt zunächst recht trocken, in den Berichten der strengen Visitatoren geht es aber um das pralle Leben in den Pfarreien der Oberämter des Herzogtums. Wie liefen dort Predigt, Untericht, Seelsorge und Sittenzucht vor knapp 500 Jahren ab? Vorigen Freitag ist hierzu auf der Burg Lichtenberg bei Kusel Band 39 der Schriftenreihe des Archivs der EKiR der Öffentlichkeit vorgestellt worden.
Der erste Band dieser auf drei Teile konzipierten Edition behandelt den Zeitraum 1538-1555. Als Herausgeber konnte mit Bernhard H. Bonkhoff einer der besten Kenner der pfälzischen Kirchengeschichte gewonnen werden. Mit der Publikation dieses Bandes ist es gelungen, nach über 25 Jahren ein Forschungsprojekt zum Abschluss zu bringen, an dem Vertreter der pfälzischen und rheinischen Landeskirchen beteiligt waren. Der Band ist zum Preis von 19,80 € im Buchhandel oder beim Archiv der EKiRerhältlich.
Auf den Tag genau vor zwei Jahren stellten wir hier im Blog die damals frisch erschienene Studie des amerikanischen Historikers Jesse Spohnholz zum Weseler Konvent 1568 vor. Er legte hierin überzeugend dar, wie im Laufe des 17.-19. Jahrhunderts ein reines Positionspapier mit einigen Unterschriften zum vermeintlichen Schlüsseldatum reformierter rheinischer Kirchengeschichte stilisiert wurde.
Etwas naiv formulierte ich damals die Erwartung, dass sich die kirchenhistorische Zunft zumal im Rheinland zeitnah mit den Thesen von Spohnholz auseinandersetzen werde. Stattdessen kann man den Eindruck gewinnen, dass das Thema einfach totgeschwiegen wird. Immerhin hat man 2018 in Wesel auf größere Jubiläumsfeierlichkeiten verzichtet. Umso erfreulicher ist daher die jetzt im rheinischen Geschichtsblog Histren veröffentlichte detaillierte Besprechung von Jonas Bechtold, für die er auch auf Ergebnisse der diesjährigen Conference der GSA in Portland (USA) zurückgegriffen hat
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