Ein Kassenbuch erinnert an die Zeit der Währung „Französischer Franc“ im Saarland

Es macht schon was her, dieses Kassenbuch im Format 46 x 34 cm. Auf dem Buchdeckel klebt ein Schild, das in sauberer Schrift den Titel „- Saarland – Einnahme= / Ausgabe= Tagebuch. Angefangen: 1. Oktober 1948. Beendet: 25. April 1951.“ zeigt. Oberhalb des Wortes „Saarland“ prangt noch der Stempelaufdruck „Konsistorialkasse.“

Deckel des Einnahme- und Ausgabe-Tagebuchs der Konsistorialkasse Saarland mit Einträgen vom 01.10.1948-25.04.1951. Aus Bestand: 1OB 021M(Rechnungswesen der Synodalkassen/ Landeskirchenkassen), Nr. 74

Dieses Kassenbuch repräsentiert eine kaum schätzbare Zahl gleichartiger Verzeichnisse des Zahlungswesens aus der Zeit vor der automatischen (später: elektronischen) Datenverarbeitung. Dabei hat dieses Exemplar, das in der Buchbinderei Hub. Bommers, Düsseldorf, Jägerhofstraße 5, hergestellt wurde, nur 100 Blatt; da gab es ganz andere Kaliber. Jede Doppelseite ist in 21 Spalten und 30 Zeilen aufgeteilt. Übrigens stammt das Buch noch aus der Reichsmark-Zeit, wie die Abkürzungen „RM“ und „Rpf“ belegen. Auf den ersten 18 Seiten wurde mit Stempel „ffrcs“ für „französische Francs“ darüber gestempelt, dann aber unterlassen. Das Buch wurde offensichtlich für Zwecke der kirchlichen Kassenverwaltung hergestellt, denn die Spalten 10 bis 14 tragen die Überschrift „Kirchenregimentliche Verwaltung.“

Seite 53 des Einnahme- und Ausgabe-Tagebuchs der Konsistorialkasse Saarland mit Einträgen vom 01.10.1948-25.04.1951. Aus Bestand: 1OB 021M(Rechnungswesen der Synodalkassen/ Landeskirchenkassen), Nr. 74

Die Doppelseiten bis 47 enthalten die Einnahmen, ab Seite 51 folgen die Ausgaben. Die abgebildete Doppelseite beeindruckt durch die saubere Buchführung. Auffallend sind die hohen Beträge, mit denen hier gerechnet wurde. Z. B. wurden in Zeile 73 Reisekosten für Pfarrer Seynsche in Höhe von 4160 ffrcs. abgerechnet, in Zeile 78 Kollekten der Kreisgemeinde (des Kirchenkreises) Völklingen in Höhe von 65.679 ffrcs. an die Konsistorialkasse Düsseldorf gezahlt. Der Franc hatte 1949 einen Wechselkurs zum US-Dollar von 350:1 (Wikipedia).

Ausschnitt aus dem Einnahme- und Ausgabe-Tagebuchs der Konsistorialkasse Saarland mit Einträgen vom 01.10.1948-25.04.1951. Aus Bestand: 1OB 021M(Rechnungswesen der Synodalkassen/ Landeskirchenkassen), Nr. 74

Die Ausgaben des Monats November 1948 addieren sich auf „Elfmillionensiebenhundertsechsundzwanzigtausendachthundertachtundvierzig Francs“, wie Amtmann Richard Möge für die Konsistorialkasse Düsseldorf feststellt. Nebenbei bemerkt: Möge diente dem Konsistorium der Rheinprovinz und dem nachfolgenden Landeskirchenamt für beeindruckende fast 35 Jahre (1922 bis 1957, Personalakte im Archivbestand 1OB 022).

Dieses Kassenbuch wurde 2022 bei Aufräumarbeiten in einem Keller der früheren Landeskirchenkasse, jetzt Finanzbuchhaltung, gefunden und dem Archiv zur Übernahme angeboten. Es ergänzt jetzt den Bestand 1OB 021M – Rechnungswesen der Synodalkassen/ Landeskirchenkassen – mit Rechnungsbüchern, Belegen und Listen aus den Jahren 1896 bis 1964. Dieser Bestand ist bis jetzt noch nicht auf unserer Webseite aufgeführt – die Zahlenwerke sind halt doch eine recht trockene Materie. Diese kann aber auch interessante Details enthalten, wie ich dazustellen versucht habe.

Friedrich Wilhelm Raiffeisen reformierte auch das Schulwesen in Schöneberg

Titelseite der Akte; aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 146B (Schöneberg)

Im Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Schöneberg findet sich ein Dokument des bekannten Sozialreformers Friedrich Wilhelm Raiffeisen, das dessen Engagement für das Schulwesen während seiner Zeit als Bürgermeister der Bürgermeisterei Flammersfeld in den Jahren 1848 bis 1852 beleuchtet. Es handelt sich um die Dienst- und Einkommensanweisungen für den Kirchspielslehrer in Schöneberg aus dem Jahr 1852. Die hoch auf dem Westerwald gelegene Kirchengemeinde zählte damals etwa 700 Einwohner, größtenteils ärmere Ackerbauern. Raiffeisen war ein bürgernaher und engagierter Gemeindevorsteher, der stets ein offenes Ohr für die Probleme und Bedürfnisse der Bevölkerung hatte und aktiv daran arbeitete, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Seine Erfahrungen als Kommunalbeamter prägten nicht nur seine Sozialreformen, sondern legten auch die Grundlage für seinen späteren Einsatz in der Genossenschaftsbewegung.

In Flammersfeld übernahm er sein Amt in einer schwierigen Zeit, die von Armut und wirtschaftlicher Not geprägt war. Er setzte sich nicht nur für die allgemeine Verbesserung der Lebensbedingungen ein, sondern legte einen besonderen Schwerpunkt auf das Schulwesen. Von ihm ist das Zitat überliefert: „Der beste Kampf gegen die Armut ist eine gute Schulbildung.“ Da viele Schulen in einem desolaten baulichen Zustand waren, veranlasste Raiffeisen an verschiedenen Orten den Bau neuer Schulgebäude. Sein Ziel war es, die Bildungssituation der ländlichen Bevölkerung zu verbessern, wo der Analphabetismus weit verbreitet war. Er beschränkte sich aber nicht nur auf den Bau von Schulen, sondern engagierte sich auch für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Dorfschullehrer, deren Ansehen und Einkommen oft dürftig war.

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Biografien „gefallener Mädchen“- weitere Quellen des Magdalenenstifts in Boppard online

Emilie Kaiser geboren in Elberfeld von Ernst Liborius Kaiser und Anna Marie Hagenhaus aus Münster in Westphalen. Die Mutter starb im Jahre 1844. Es sind noch 5 Geschwister vorhanden. (…) Diese Verwahrlosung der ganzen Familie rührt wohl hauptsächlich daher daß der Vater die Kinder selbst zum Diebstahl angehalten hat, und die Mutter den Vater wieder durch die Kinder bestehlen ließ. Emilie ist im Ganzen nur 3 Jahre in die Schule gegangen, (…). Seit dem 8ten Jahre musste sie in die Fabrik von H. in Barmen gehen. (…) Dort hörte und sah Emilie viel Böses. (…) kam dann als Magd in einen Dienst zu Abraham Werth auf den Hofkamp. (…) Sie hörte nichts als Fluchen, und fluchte wieder, überhaupt war die Behandlung roh. (…) Nun kam sie wieder nach Elberfeld, blieb zwei Monate im Hause des Vaters, und es fing das alte Lasterleben des Stehlens und Hurens von Neuem an. Weil sie aber den jüngsten Bruder immer schlug, so trieb sie der Vater mit Schlägen aus dem Hause, und so irrte sie 3 Tage und 3 Nächte unter Friren (sic) hin mal umher, oder lag in Scheunen der Bauern…“(Bl. 2-5).

Das Leben von Emilie Kaiser, zur Welt gekommen am 26. Oktober 1828, war kein leichtes. In Armut hineingeboren musste sie bereits als Kind mit anpacken. Harte Arbeit, (häusliche) Gewalt, Diebstahl, Zuchthaus, Prostitution, Obdachlosigkeit, Bettelei und Asylaufenthalte prägten ihr Dasein.

Notizbuch über die Heimbewohnerin des Magdalenenstifts Bethesda in Boppard. Eintrag zu Emilie Kaiser Bl. 2ff, AEKR 5WV 025B – Nr. 38.

1855 kam sie mit 27 Jahren als „gefallene Frau“ nach Boppard in das Magdalenenstift. Hier sollte sie mit Hilfe des christlichen Glaubens wieder auf den rechten Pfad zurück gebracht und hauswirtschaftlich ausgebildet werden. Schließlich sollte sie nach dem Aufenthalt einem „anständigen Berufe“ nachgehen und auf eigenen Beinen stehen können. Zu Emilie Kaiser wurde vermerkt:

Emilie zeigte sich im Verlauf des ersten halben Jahres herrschsüchtig und zanksüchtig gegen ihre Mitzöglinge, jähzornig und ungehobelt in Allem, was sie thut. Sie hieb sich eines Abends mit einem Beil in den Fuß, daß die große Zehe gespalten wurde. Mit der Zeit mußte sie das Zimmer hüten und betrug sich, wenn die Andren zur Arbeit in den Garten gingen, so verkehrt, raisonnirte laut, fluchte, sang wüste Lieder, als wäre der leibhaftige Satanas in sie gefahren….“ (Bl. 6).

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Bericht über die Evakuierung der Stadt Eschweiler und den Zustand der kirchlichen Gebäude beim Verlassen der Stadt

Kreip, Friedrich, Pfarrer (1901-1965);
ca. 1926. Signatur AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 012K_0179.

Anbei übersende ich den erbetenen Bericht über die Evakuierung der Stadt Eschweiler und für die Finanzabteilung eine Aufstellung über das Vermögen der Evangelischen Gemeinde Eschweiler, soweit mir Unterlagen dafür zur Verfügung standen“ (1OB 008 Ortsakten, Nr. 5940).

Als Pfarrer Friedrich Kreip (1901-1965) diese Zeilen am 5. Januar 1945 an das Konsistorium in Düsseldorf verfasste, hatte er Eschweiler bereits verlassen und befand sich in Holpe. Freiwillig ging Pfarrer Kreip indes nicht aus seiner Kirchengemeinde. Doch vorrückende feindliche Truppen und die Zunahme militärischer Kampfhandlungen machten den Verbleib der Zivilbevölkerung in Eschweiler im Herbst 1944 unmöglich. Die Bürger selber wurden angewiesen, bis Mitte September die Stadt zu verlassen. Die Evakuierungsmaßnahmen gestalteten sich jedoch schwierig: „Der Abtransport sollte vom Hauptbahnhof durch Züge erfolgen. Eine große Zahl von Einwohnern begab sich daufhin (sic) zum Bahnhof, um sich in Sicherheit zu bringen. Der erste Zug mit Evakuierten wurde indes von Tieffliegern beschossen und bombardiert, wodurch etwa 50 Todesopfer entstanden und eine größere Anzahl von Personen mehr oder weniger schwer verletzt wurde“ (s.u.).

Pfarrer Kreip harrte mit seiner Frau nach Möglichkeit in Eschweiler aus. Dies bescheinigte zumindest das Presbyterium der Ev. Gemeinde Eschweiler: „Er hat während der Beschiessung (sic) Eschweilers bei seiner Gemeinde ausgehalten, bis die Gemeinde restlos evakuiert war und er selbst durch die Massnahmen (sic) der Partei gegen seinen Willen gezwungen wurde, seinen Pfarrsitz zu verlassen“ (1OB 005 Spruchkammerverfahren und Entnazifizierung, Nr.38, Bl. 94).

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Frohe Weihnachten

Mit einem Foto aus unserem Bildarchiv 8SL046 und Vers 46 aus Kapitel 12 des Johannes Evangeliums wünscht das Archivteam der Evangelischen Kirche im Rheinland allen ein frohes Weihnachtsfest.

Diakonisse mit einem Kind auf dem Arm bewundern einen an der Decke angebrachten Weihnachtsstern. Aus Bestand: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 7_000412

Digitalisate der Kirchengemeinden Kleve, Krefeld und Moers online

Im Rahmen eines Digitalisierungsprojekts hat das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland wichtige Quellen aus den Beständen der rheinischen Kirchengemeinden Kleve (4KG013), Moers (4KG007) und Krefeld (4KG008) einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Das Projekt, welches in Zusammenarbeit mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) realisiert wurde, hatte das Ziel, historische Dokumente aus der Frühneuzeit zu bewahren und für die Forschung, sowie für interessierte Bürger*innen online verfügbar zu machen.

Die Quellen aus den rheinischen Kirchengemeinden sind von historischer Bedeutung, da sie wichtige Zeugnisse des religiösen und gesellschaftlichen Lebens der Region über mehrere Jahrhunderte hinweg enthalten. Insbesondere die Quellen aus dem 16. bis 18. Jahrhundert bieten wertvolle Einblicke in die Geschichte der Gemeinden und das Leben der Menschen in dieser Epoche. Insgesamt wurden rund 30 Archivkartons mit einer Vielzahl von historischen Quellen ausgewählt, die für die Digitalisierung vorbereitet wurden. Diese bestanden sowohl aus gebundenen Akten als auch aus losen Blättern, was den Aufwand und die Komplexität der Digitalisierung erheblich steigerte. Insgesamt wurden mehr als 30.000 Seiten gescannt und aufbereitet. Die Durchführung des Projekts war dank der finanziellen Förderung des Landschaftsverbandes Rheinland möglich. Der LVR unterstützt innovative Projekte im Bereich der Kultur- und Geschichtspflege und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur digitalen Erschließung von Quellen, die für die wissenschaftliche und kulturelle Auseinandersetzung von Bedeutung sind. Durch die Förderung konnte die Digitalisierung der rund 30.000 Seiten nicht nur technisch durchgeführt werden, sondern auch die Aufbereitung und Bereitstellung der Daten in benutzerfreundlicher Form, sodass sie online leicht zugänglich sind.
Wir freuen uns, diese historischen Zeugnisse nun online zur Verfügung stellen zu können und laden alle Interessierten ein, die Quellen zu entdecken. Die digitalisierten Quellen aus den rheinischen Kirchengemeinden Kleve, Moers und Krefeld sind ab sofort als PDF-Dokumente auf der Website des Archivs der EKiR verfügbar.

Arischer Nachweis

Die Sammlung 8SL 055B Sammlung – Anordnungen – Rundschreiben – Merkblätter ist vorläufig abgeschlossen.
Auszüge aus dem Vorwort:
Die nach dem Registraturplan für Kirchengemeinden von 1991 geordnete Sammlung enthält Anordnungen, Rundschreiben und Merkblätter aus allen Bereichen des kirchlichen Lebens. Mit dem Aufbau der Sammlung wurde 2003 begonnen, und sie wird seitdem laufend ergänzt.
Da an diesem Bestand seit 2003 unterschiedliche Mitarbeiter gearbeitet haben und Unterlagen z. T. im Nachhinein hinzugefügt wurden, ist bei der Benutzung folgendes zu beachten:
Die Erschließungstiefe des Bestandes ist sehr unterschiedlich. Teilweise sind die Schriftstücke innerhalb einer Aktenplangruppe einzeln verzeichnet, teilweise liegt nur eine allgemeine Beschreibung der Inhalte der jeweiligen Aktenplangruppe ohne Einzelblattverzeichnung vor.
Zum Teil sind die Anordnungen, Rundschreiben und Merkblättern mit Kopien aus anderen Veröffentlichungen ergänzt wurden.
In dieser Sammlung findet sich auch ein Schreiben aus der Aktengruppe 04-5 Schriftliche Auskünfte aus Kirchenbüchern und Archivalien. Dieses Schreiben von 1938 zeigt, dass man sich über die Ariernachweise zu Recht „lustig“ machen kann, aber auch, wie die Behörden in Deutschland in dieser Zeit damit umgingen.

Schreiben des Evangelischen Konsistoriums der Rheinprovinz an das Kirchliche Aussenamt der Deutschen Evangelischen Kirche vom 12. Dezember 1938 mit Anweisungen bzgl. Dr. Jacobus Wiedemann, Stadtpfarrer in St. Gallen. Aus Bestand: AEKR 8SL 055B (Sammlung Anordnungen – Rundschreiben – Merkblätter)