Das evangelisch-kirchliche Glockenamt der Rheinprovinz wurde im Jahre 1921 gegründet. Erster Vorsitzender Pfarrer Johannes Plath (1872-1944), Essen, konstatierte 1925 in der monatlichen Umschau „Das Evangelische Rheinland“, dass die Gründung des Rheinischen Glockenamtes ein „zeitgemäßer Gedanke“ war, weil es
„die Zeit [war], in der die Gemeinden wieder mit größerem Nachdruck daran denken konnten, ihre als Kriegsopfer abgegebenen Glocken wieder zu ersetzen“.
Das Ev. Rheinland, Essen, Januar 1925, S. 117
In den folgenden Jahren wird dem Glockenamt das Orgelamt angereiht. Die für die beiden Ämter erforderliche Tätigkeit wird von dem Vorsitzenden, Herrn Pfarrer Plath und zwei bzw. drei Kirchenmusikern ausgeübt. Auf der Provinzialsynode in Neuwied 1929 stellt ein Ausschuss in einem Gutachten fest, dass das Orgel- und Glockenamt den Beweis seiner Existenzberechtigung erbracht hat und weiter bestehen bleiben soll. Des Weiteren empfiehlt der Ausschuss zukünftig, Bronzeglocken anderen Glocken vorzuziehen und gibt zu bedenken:
„Es besteht allerdings demgegenüber die Auffassung, es könnte einmal den Gemeinden ebenso wieder ergehen wie im Weltkriege.“
Provinzialsynode Neuwied 1929, S. 293
Diese bittere Vorahnung wird im Zweiten Weltkrieg traurige Realität. Zur Durchführung des Vierjahresplanes wird im Reichsgesetzblatt die Anordnung über die Erfassung von Nichteisenmetallen vom 15.03.1940 veröffentlicht. Zur Sicherstellung der zur Kriegsführung erforderlichen Metallreserven wird das Evangelische Konsistorium im März 1940 aufgefordert, unverzüglich alle Glocken aus Bronze anzumelden und abzuliefern. Anhand von an die evangelischen Kirchengemeinden verschickten Fragebögen erfasst das Orgel- und Glockenamt alle Bronze- und Stahlglocken der Evangelischen Kirche der Rheinprovinz. Die Glocken-Bestandsaufnahme hält fest, wie viele Glocken vorhanden sind, aus welchem Material sie bestehen und welcher Gruppe (A-D) sie angehören.
Wie bereits in meinem Blogeintrag vom 14. Februar 2024 erwähnt, konnten die Kirchengemeinden auf einem Sonderbögen den besonderen Wert der Glocke erläutern, um eine Ausnahme von der Ablieferungspflicht zu erwirken, die jedoch nur in geringem Umfang zugelassen wurde. Dann gab es aber auch vereinzelt Pfarrer, die die Kirchenglocken als „Hitlerspende“ anboten. Der Duisburger Superintendent Friedrich Horn (1875-1957), der Begründer des sogenannten Ordnungsblocks im Jahr 1934, schreibt am 3. April 1940 an das Orgel- und Glockenamt:
Außer dem Geläut haben wir noch eine Bronze-Glocke, die künstlerischen Wert hat und in der Kirche aufgestellt ist. Sie ist im Jahre 1907 von der Firma Georg Pfeiffer in Kaiserslautern gegossen und wiegt 543 kg. Der Ton ist Gis. Sie war im Kriege abgeliefert und wurde nach dem Kriege zurückgegeben, da sie noch nicht zerschlagen war. Sie steht in einem Seitenraum der Kirche, dem Publikum zugänglich und wird als Andenken aufbewahrt. Ich nehme an, daß das Presbyterium gegen eine Ablieferung der Glocke zur Hitlerspende nichts einzuwenden hat.
AEKR 6HA078, Günter Eumann – Orgel- und Glockenamt, Nr. 19
Die Bronze-Glocke wurde vom Orgel- und Glockenamt in die Gruppe A eingeteilt, was sofortige Ablieferung und Verhüttung bedeutete. Das Geläut in der Evangelischen Kirche in Duisburg-Laar bestand aus Bochumer Stahl und war deshalb von der Ablieferungspflicht befreit.