Der Pfarrer mit Presbytern „per Du“ und Skatkumpel – ein Fall der Befangenheit?

Pfarrer Dr. Kurt Beck (1909-1986) war von 1947 bis 1955 Inhaber der dritten Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Oberhausen I. Bei seinen Personalakten (Bestand 1OB 009 B 293) befinden sich zwei Beiakten wegen der Zwistigkeiten zwischen ihm und Pfarrer Dr. Werner Goßlau (1910-1995). Goßlau war ein Oberhausener „Urgestein“, denn er amtierte beeindruckende 42 Jahre in der Kirchengemeinde Oberhausen I (zweite Pfarrstelle) bzw.nach deren Teilung 1963 bis 1980 in der ersten Pfarrstelle der Christuskirchengemeinde Oberhausen.

Schreiben von Pfarrer Beck an den Superintendenten des Kirchenkreises An der Ruhr vom 21.01.1950, aus Bestand: AEKR 1OB009(Personalakten der Pfarrer), B 293, PA Kurt Beck, Beiakte

Der schmale Band der einen Beiakte trägt den schlichten Titel „Beck gegen Goßlau“ und enthält nur wenige Schreiben aus Januar und Februar 1950. Die Betreffzeile des ersten Schreibens vom 21.01.1950 lässt aufhorchen: „Klarstellung betr. „Skatbruderschaft“ und „Du“-Verkehr mit Gemeindegliedern.“ Hier wendet sich Pfarrer Beck an den Superintendenten, Pfarrer Ernst Barnstein, des Kirchenkreises An der Ruhr, zu dem auch die Kirchengemeinden in Oberhausen zählten. Es geht darum, dass Pfarrer Goßlau nach den Presbyteriumssitzungen im Dezember 1949 und Januar 1950 Bemerkungen über ein „Du-Verhältnis“ von Pfarrer Beck mit drei Presbytern und eine „Skatbruderschaft“ derselben gemacht habe. Eine Rolle spielt das angespannte Verhältnis von Pfarrer Goßlau zum „Südchor“, in dem die angeblichen Skat- und Duz-Brüder von Pfarrer Beck Vorstandsmitglieder seien (so Goßlau im Schreiben vom 02.02.1950).

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Nachtrag zum Nachlass des BK-Theologen Eberhard von Mering

Christa Lippold hat eine weitere Sammlung an Urkunden und Zeugnissen Ihres Vaters Pfarrer Eberhard von Mering dem Archiv zur Aufbewahrung überlassen, die zum Bestand 7NL 225 aufgenommen wurden. Ein wichtiges Teilsegment bilden dabei die Briefe Ihrer Eltern aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1933. Es ist der Briefwechsel von den Studenten Ruth Liebert und Eberhard von Mering von Januar bis Oktober 1933. Neben Alltäglichem berichten die Liebenden rudimentär auch von der aktuellen politischen Lage.

Es handelt sich hier um ein Zeugnis des jungen B.K.-Theologen in Rodenkirchen und seiner zukünftigen Ehefrau aus Zeiten der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Von Mering äußert sich kritisch über die Massenhysterie, die nach Hitlers Regierungsübernahme am 30. Januar 1933 vorherrsche. Im Brief vom 20. Februar 1933 berichtet von Mering von einer Hitler-Rede, die aus den Messehallen übertragen wurde. Aus Sicht eines evangelischen Theologen ist ihm das „blindwütige Zujubeln und Massengeheul unsympathisch“. Von Mering hält die Rede Hitlers, „die von glühendstem Hass gegen seine Mitmenschen getragen ist“, für Gotteslästerung.

In einem späteren Brief vom 11. April 1933 beklagt er die kritiklose Begeisterung für die neue Regierung, obwohl er auf einer Gausitzung über „soviel mittelalterlich Grausames gegenüber den Juden“ gehört hat. Und fügt noch hinzu:

„man muss entsetzt sein, dass so etwas in einem modernen Staate noch möglich ist. Alle Nächstenliebe ist in Fanatismus aufgegangen.“

AEKr, 7Nl 225, VZ 61, Brief 26
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Die kleine Stadt und 25 Dörfer: zur Mobilität von Pfarrern in den 1950er Jahren

In der Kirchenzeitung DER WEG (Nr. 11, 1950, S. 3) befindet sich ein Bericht über die Verhältnisse in der Betreuung evangelischer Flüchtlinge in der Diaspora einer weitgehend katholischen Region in der Eifel, die Kirchengemeinde bleibt ungenannt:

„Etwas mehr als 500 Seelen zählt sie in der kleinen Stadt, aber noch rund 25 Dörfer kommen dazu, in die in den Jahren nach dem Krieg evangelische Flüchtlinge verschlagen wurden, arme, abseitsliegende Dörfer im Gebirge […], im ganzen sind es rund 1200 Seelen. Eine schwere Aufgabe, die weiten Wege bergauf und bergab, wenn es stürmt oder regnet, wenn in den Bergen noch Schnee liegt und die Straßen vereist sind, während in der Ebene der Frühling längst seinen Einzug gehalten hat. Wenigstens ein Motorrad konnte mit der Unterstützung des Hilfswerks beschafft werden.“

Superintendent Hans Mehrhoff, Wuppertal-Barmen, auf seinem Lutz-Motorroller, 1953. Foto aus dem Besitz von Wolfgang Engels (vgl. A. u. W. Engels, Hans Mehrhoff, Düsseldorf 2002, S. 192)

Da mir kein Foto von einem Pfarrer mit einer Pfarrstelle auf dem Land vorliegt, soll hier stellvertretend dieses Foto von Pfarrer Hans Mehrhoff in Wuppertal-Barmen dienen. Hier gab es zwar öffentliche Verkehrsmittel, aber abseits davon waren die Strecken wegen der bergigen Struktur der Stadt beschwerlich.

Der in der Diaspora-Gemeinde Prüm in der Eifel amtierende Pfarrer Häusler wandte sich in einem Schreiben vom 11.11.1948 an die Kirchenleitung (Bestand 1OB 008 Prüm 5, Bd. 4):

Betr. Motorisierung des Pfarrers zu Prüm.
Für die Betreuung und Erhaltung der Ev. Kirchengemeinde PRÜM bitte ich die Leitung der Ev. Kirche der Rheinprvinz noch einmal um Gehör.
Ich bitte dringend.
Viele Male wurde auf den verkehrstechnischen Notstand des weiten Diasporagebietes in Wort, Schrift und Skizzen hingewiesen. Viele Appelle, viele Bemühungen aller beteiligten Kreise ohne Erfolg. Körper und Seele halten die Strapazen der Fahrradtouren nicht mehr durch. Inzwischen eingerichtete Omnibuslinien, die demnächst wieder erfolgende Aufnahme des Eisenbahnverkehrs für eine Strecke von 10 km auf unserem Betreuungsgebiet verzögern mehr die Erfüllung der Aufgaben, als daß sie sie fördern.
Es wurde auch schon oft erwähnt, warum ein Kleinwagen einem Motorrad vorzuziehen ist. Einsichtig ist das vielleicht nur für den, der nach zweijährigem Gebrauch eines Fahrrades in der Eifel auf vereisten und verschneiten Straßen mit oder ohne Gepäck, Spenden zur Verteilung, nicht weiter kam.“

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Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 3)

Im dritten Teil des Blogbeitrags zur Pfarrerfamilie Graeber sollen einzelne Aspekte näher beschrieben werden, z. B. geographische Verbreitung, besondere Ämter oder auch weitere Verwandtschaften zu anderen Pfarrerfamilien.

Der Vater von Johann Wilhelm (1) war Lehrer am Niederrhein in Dinslaken. Der Niederrhein mit Haffen-Mehr, Wertherbruch, Baerl, Kalkar, Issum und Bönninghardt als Pfarrorten ist bei vier Pfarrern der ersten vier Generationen vertreten, außerdem Grefrath-Oedt in der sechsten. Bereits bei Franz Friedrich (11) kommt das Bergische Land hinzu mit Barmen-Gemarke, das erst in der fünften Generation mit Velbert (11412) und Wupperfeld (11421) und in der sechsten mit Elberfeld und Hückeswagen (114211) wieder belegt wird. Nur ein bis zwei Jahre wirkte (114) in seiner ersten Pfarrstelle am Gefängnis in Elberfeld.

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Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 2)

Im ersten Teil des Beitrags wurden die Generationen eins bis drei und die Nachkommen von Pfarrer Hermann Johann Graeber (112) vorgestellt. Heute folgen die Nachkommen seines Bruders Wilhelm Heinrich (114), in der Nachkommentafel in gelb eingefärbt:

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Das Pfarrergeschlecht Graeber: sechs Generationen, 18 Pfarrer (Teil 1)

In der Geschichte unserer Landeskirche sind Pfarrergeschlechter, also die Tatsache, dass zwei oder mehr Generationen einer Familie mindestens einen Pfarrer oder – heute auch – eine Pfarrerin aufweisen, nicht selten. Etliche dieser Familien sind mir in meiner Arbeit begegnet. Mit den Pfarrern mit Namen „Graeber“ soll hier das wohl umfangreichste Pfarrergeschlecht vorgestellt werden: sechs Generationen, 18 Pfarrer; über genau 220 Jahre – 1769 bis 1989 – haben diese ihre Pfarrämter versehen!

Für die Pfarrer namens Graeber hat sich bereits 1930 der rheinische Pfarrer und Kirchenhistoriker Wilhelm Rotscheidt interessiert und „unter gütiger Mitwirkung von Herrn Pfarrer lic. M. W. Graeber in Barmen-Wupperfeld“ einen Beitrag in „Monatshefte für Rheinische Kirchengeschichte“, Jg. 24/1930, veröffentlicht. Hier sind bereits 15 Pfarrer aufgeführt, es fehlen nur die drei Pfarrer der sechsten Generation. Detailliert sind die Angaben zu Veröffentlichungen von und über die Pfarrer, so auch bei Gruch (Die ev. Pfarrerinnen und Pfarrer, Bd. 2, E-J, Bonn 2013).

Graeber, Helmut, Pfarrer ca. 1949 (siehe unten 112111)

Im ersten Teil werden hier die drei ersten Generationen und die Nachkommen von (112) Hermann Johann Graeber vorgestellt (in der Nachkommentafel oben in rot eingefärbt):

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Superintendent Dieter Linz marschierte für den Frieden

Demonstrationsschild; aus Bestand: AEKR 7NL160 (Superintendent Dieter Linz), Nr. 55

Unter dem Hashtag #nichtnurpapier haben wir auf unseren Social Media-Kanälen bereits das ein oder andere Fundstück aus unserem Archiv vorgestellt, mit dem man nicht unbedingt rechnen würde. Zu dieser Kategorie gehört auch dieses Demonstrationsschild.

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