Die kleine Stadt und 25 Dörfer: zur Mobilität von Pfarrern in den 1950er Jahren

In der Kirchenzeitung DER WEG (Nr. 11, 1950, S. 3) befindet sich ein Bericht über die Verhältnisse in der Betreuung evangelischer Flüchtlinge in der Diaspora einer weitgehend katholischen Region in der Eifel, die Kirchengemeinde bleibt ungenannt:

„Etwas mehr als 500 Seelen zählt sie in der kleinen Stadt, aber noch rund 25 Dörfer kommen dazu, in die in den Jahren nach dem Krieg evangelische Flüchtlinge verschlagen wurden, arme, abseitsliegende Dörfer im Gebirge […], im ganzen sind es rund 1200 Seelen. Eine schwere Aufgabe, die weiten Wege bergauf und bergab, wenn es stürmt oder regnet, wenn in den Bergen noch Schnee liegt und die Straßen vereist sind, während in der Ebene der Frühling längst seinen Einzug gehalten hat. Wenigstens ein Motorrad konnte mit der Unterstützung des Hilfswerks beschafft werden.“

Superintendent Hans Mehrhoff, Wuppertal-Barmen, auf seinem Lutz-Motorroller, 1953. Foto aus dem Besitz von Wolfgang Engels (vgl. A. u. W. Engels, Hans Mehrhoff, Düsseldorf 2002, S. 192)

Da mir kein Foto von einem Pfarrer mit einer Pfarrstelle auf dem Land vorliegt, soll hier stellvertretend dieses Foto von Pfarrer Hans Mehrhoff in Wuppertal-Barmen dienen. Hier gab es zwar öffentliche Verkehrsmittel, aber abseits davon waren die Strecken wegen der bergigen Struktur der Stadt beschwerlich.

Der in der Diaspora-Gemeinde Prüm in der Eifel amtierende Pfarrer Häusler wandte sich in einem Schreiben vom 11.11.1948 an die Kirchenleitung (Bestand 1OB 008 Prüm 5, Bd. 4):

Betr. Motorisierung des Pfarrers zu Prüm.
Für die Betreuung und Erhaltung der Ev. Kirchengemeinde PRÜM bitte ich die Leitung der Ev. Kirche der Rheinprvinz noch einmal um Gehör.
Ich bitte dringend.
Viele Male wurde auf den verkehrstechnischen Notstand des weiten Diasporagebietes in Wort, Schrift und Skizzen hingewiesen. Viele Appelle, viele Bemühungen aller beteiligten Kreise ohne Erfolg. Körper und Seele halten die Strapazen der Fahrradtouren nicht mehr durch. Inzwischen eingerichtete Omnibuslinien, die demnächst wieder erfolgende Aufnahme des Eisenbahnverkehrs für eine Strecke von 10 km auf unserem Betreuungsgebiet verzögern mehr die Erfüllung der Aufgaben, als daß sie sie fördern.
Es wurde auch schon oft erwähnt, warum ein Kleinwagen einem Motorrad vorzuziehen ist. Einsichtig ist das vielleicht nur für den, der nach zweijährigem Gebrauch eines Fahrrades in der Eifel auf vereisten und verschneiten Straßen mit oder ohne Gepäck, Spenden zur Verteilung, nicht weiter kam.“

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