Aus den Gästebüchern des Pastoralkollegs Rengsdorf II

Im Zuge der Bearbeitung des Bestandes der landeskirchlichen Einrichtung Pastoralkolleg Rengsdorf bin ich in den Gästebüchern auf den 181. Eintrag vom 8. Oktober 1933 gestoßen. Auf einer dreitägigen Veranstaltung tagte der „Vortragsausschuß der Glaubensbewegung Deutsche Christen und das Propaganda-Amt (Volksmissionarisches Amt) des Bistums Köln-Aachen“ unter der Leitung des Bischofs Dr. Heinrich Oberheid. Zu den Teilnehmern zählte auch das bekannte Brüderpaar Heinz und Karl Dungs.

Unterschriftenliste der Teilnehmer der Tagung des Vortragsausschußes der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ und das Propaganda-Amtes (Volksmissionarisches Amt) des Bistums Köln-Aachen, 08.-10.10.1933

Auf dieser Tagung formulierten die Deutschen Christen des Rheinlandes die sogenannten Rengsdorfer Thesen, denen Pfarrer Dr. Joachim Beckmann Ende 1933 widersprach und Gegenthesen aufstellte.
Im Weckruf, dem Sonntagsblatt der Glaubensbewegung der Deutschen Christen wird in der 42. Nummer des 1. Jahrgangs (1933) der Ortsgruppe Krefeld verkündet, dass „Kirchensenat und Landesbischof der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (…) am 5. Oktober Dr. Oberheid, (Pfarrer in Asbach (Westerwald) und kommissarischer Beauftragter beim Rheinischen) Konsistorium, zum Bischof von Köln-Aachen, zum ersten Bischof der neuen Evangelischen Kirche Rheinlands ernannt“ haben.

Quelle: Der Weckruf, Krefeld, Jg. 1933, Nr. 43

Auf der Titelseite der 43. Ausgabe des Weckrufs verbreitet Oberheid in dem Artikel „Den rheinischen Gemeinden zum Gruß!“ vom 10.10.1933 nationalsozialistische Propaganda. In der darauffolgenden Ausgabe des Weckrufs am 29.10.1933 wird die „Kirchliche Neueinteilung (des) Rheinlands“ verkündet und das neugeschaffene „Amt für Kirchliche Propaganda des rheinischen Bistums“ vorgestellt. Zum Leiter des Amtes wurde der Geschäftsführer der rheinischen Landesleitung der „Deutschen Christen“, Herr Heinz Lauterbach, Köln, berufen.

Zeichnung im 2. Gästebuch des Pastoralkollegs Rengsdorf Schulungskurs für Laien und Redner 16.-19.10.1933

Lauterbach leitete einen Schulungskurs für Laien und Redner vom 16. bis 19. Oktober 1933 im Haus Hermann von Wied. In dem Gästebucheintrag haben sich die Teilnehmer unter der Abbildung eines Kreuzes mit dem Hakenkreuz eingetragen. Der Rheinische Präses Friedrich Schäfer (1871-1953) nahm an dieser Veranstaltung teil.

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Nachtrag zum Nachlass des BK-Theologen Eberhard von Mering

Christa Lippold hat eine weitere Sammlung an Urkunden und Zeugnissen Ihres Vaters Pfarrer Eberhard von Mering dem Archiv zur Aufbewahrung überlassen, die zum Bestand 7NL 225 aufgenommen wurden. Ein wichtiges Teilsegment bilden dabei die Briefe Ihrer Eltern aus dem geschichtsträchtigen Jahr 1933. Es ist der Briefwechsel von den Studenten Ruth Liebert und Eberhard von Mering von Januar bis Oktober 1933. Neben Alltäglichem berichten die Liebenden rudimentär auch von der aktuellen politischen Lage.

Es handelt sich hier um ein Zeugnis des jungen B.K.-Theologen in Rodenkirchen und seiner zukünftigen Ehefrau aus Zeiten der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Von Mering äußert sich kritisch über die Massenhysterie, die nach Hitlers Regierungsübernahme am 30. Januar 1933 vorherrsche. Im Brief vom 20. Februar 1933 berichtet von Mering von einer Hitler-Rede, die aus den Messehallen übertragen wurde. Aus Sicht eines evangelischen Theologen ist ihm das „blindwütige Zujubeln und Massengeheul unsympathisch“. Von Mering hält die Rede Hitlers, „die von glühendstem Hass gegen seine Mitmenschen getragen ist“, für Gotteslästerung.

In einem späteren Brief vom 11. April 1933 beklagt er die kritiklose Begeisterung für die neue Regierung, obwohl er auf einer Gausitzung über „soviel mittelalterlich Grausames gegenüber den Juden“ gehört hat. Und fügt noch hinzu:

„man muss entsetzt sein, dass so etwas in einem modernen Staate noch möglich ist. Alle Nächstenliebe ist in Fanatismus aufgegangen.“

AEKr, 7Nl 225, VZ 61, Brief 26
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„Thüringer DC-Clique“ agierte in Limbach

Die rassistische und antisemitische Kirchenbewegung Deutsche Christen (KDC), auch Thüringer DC genannt, suchte nach 1933 reichsweit an Einfluss zu gewinnen. Als führende Gestalt der KDC im Rheinland galt der Bad Kreuznacher Pfarrer Carl Wippermann, der ab 1934 als Leiter der Gaugemeinde Saar-Pfalz unermüdlich propagandistisch agierte und mitunter sogar in fremden Gemeinden ohne Wissen des dortigen Ortspfarrers auftrat. So auch in Limbach, Filiale der Evangelischen Kirchengemeinde Hundsbach, wo seine Agitation bei einigen Anhängern des Nationalsozialismus, darunter Mitglieder der SA, auf fruchtbaren Boden fiel.

Pfarrer Adolf Röhrig an seinem Schreibtisch in Hundsbach, 1928; aus Bestand: 7NL 008, Nr. 210. 6.55

Den Hundsbacher Pfarrer Adolf Röhrig erreichte am 9. November 1935 der Brief eines Limbacher Landwirts, der als „Leiter der Gemeinde Limbach der Kirchenbewegung ,Deutsche Christen‘ (nationalkirchliche Bewegung)“, die Erlaubnis verlangte, „in der hiesigen evangel. Kirche durch auswärtige Pfarrer der Landeskirche Minderheitsgottesdienste abzuhalten. […] Da alle Glieder unserer Gemeinde regelmäßig Kirchensteuer zahlen, bitten wir, von der Erhebung einer Gebühr für Reinigung, Heizung oder Beleuchtung der Kirche abzusehen.“ Pfarrer Röhrig, der zunächst noch mit der weniger radikalen Reichsbewegung Deutsche Christen sympathisiert, diese aber bereits Anfang 1934 aus Gewissengründen wieder verlassen hatte und 1936 der Bekennenden Kirche beitrat, entgegnete kühl, das ihm „von dem Bestehen einer ,Gemeinde‘ der KDC in Limbach mit einem ,Leiter‘ nicht bekannt ist. […] Sie wollen mir daher bitte mitteilen, wie groß denn ihre Gemeinde ist, deren Mitglieder ja nach wie vor Glieder unserer Kirchengemeinde sind.“

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Aus den Gästebüchern des Pastoralkollegs in Rengsdorf

1925 erwarb die Provinzialkirche das Haus Preyer im wiedischen Rengsdorf als Freizeit- und Tagungshaus. In Erinnerung an den ersten evangelischen Fürsten aus diesem Haus, den Kölner Erzbischof Hermann von Wied, erhielt es den Namen „Haus Hermann von Wied“. So lautet der erste Eintrag im Gästebuch des Hauses Hermann von Wied, mit dem der damalige Präses der Rheinischen Provinzialsynode, D. Walther Wolff, am 4. Oktober 1925 dieses Buch eröffnet hat. Im Zweiten Weltkrieg diente das Haus als Lazarett. Die Kursarbeit setzte wieder 1949 u. a. mit Pfarrerrüstzeiten ein.

Nach der Emeritierung des Rektors Wilhelm Kunze (1949-1961) übernahm Pfarrer Dr. Eberhard Bethge 1962 die Leitung des Pastoralkollegs in Rengsdorf. Auf einer Oxford-Reise des Pastoralkollegs entstanden unterhaltsame Zeichnungen, vermutlich von einem der Teilnehmer. Die folgende Zeichnung illustriert auf amüsante Weise Dr. Bethge als Gruppenleiter einer Pfarrer-„Kindergartengruppe“ auf Tagungsreise in England.

Aus dem Gästebuch (1951-1968) des Pastoralkollegs der EKiR.
Oxford-Reise des Pastoralkollegs 1.-17. Mai 1963
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Findbuch zur Kirchenkampfsammlung V online

Auf der Website des Archivs ist nun das Findbuch des Bestandes 8SL 033 Kirchenkampfsammlung V online.

Flyer zur DC-Versammlung am 16. Okt. 1934 Bestand: 8SL 033 Nr. 62

Nach den Beständen 6HA 004 (Kirchenkampfakten Beckmann), 8SL 005 (Kirchenkampfsammlung Müller), 8SL 030 (Kirchenkampfsammlung Walter Schmidt) und 8SL 031 (Kirchenkampf-Sondersammlung) ist diese Kirchenkampfsammlung die fünfte ihrer Art. Sie entstand, als im Vorfeld der zahlreichen Veranstaltung zum 50. Jahrestag der Bekenntnissynode von Barmen 1984 umfängliches Material zum sogenannten Kirchenkampf zusammengetragen wurde. Seither nahm ihr Volumen vor allem durch punktuelle Zugänge, meist privater Abgaben (zuletzt 2021) stetig zu. In diesen Fällen lässt sich daher die Provenienz teilweise nachweisen. Für das Gros der Unterlagen ist das leider nicht der Fall.

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Handakten von Otto Wehr im Bestand Kirchenkreis Saarbrücken

Bericht über eine Kundgebung der Deutschen Christen am 31. Januar 1934 in Saarbrücken, aus Bestand: AEKR Boppard 3MB 017B (Saarbrücken I), Nr. 7

Otto Wehr, Pfarrer der Gemeinde Alt-Saarbrücken, zählt zu den Gründern der Bekennenden Kirche (BK) und war der entscheidende Akteur des Kirchenkampfes im Saargebiet. Er geriet früh in den Blick der Gestapo, weshalb seine Handakten zu den Angelegenheiten der BK aufgrund der Gefahr einer Beschlagnahme versteckt aufbewahrt werden mussten. Die äußerst bedeutsame und sehr persönliche Sammlung wurde seit den 1950er Jahren, ergänzt um die in Ausübung der verschiedenen kreis- und provinzialkirchlichen Ämter Otto Wehrs entstandenen Akten, als Nachtrag des Kirchenkreisbestandes Saarbrücken geführt, der ebenfalls wertvolle Unterlagen zum Kirchenkampf enthält.

Gleichermaßen bedeutsam für die Verhältnisse im Saarland und darüber hinaus in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis Ende der 1950er Jahre sind die Handakten von Otto Wehr im Amt des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche im Rheinland für das Saarland, zu dem er Ende 1945 ernannt worden war. Der umfangreiche Bestand enthält zugleich auch den Schriftverkehr des Kirchenkreises Saarbrücken, dessen Superintendent Otto Wehr seit 1946 in Personalunion war.

Die Findbücher der inhaltlich engstens verzahnten Bestände wurden daher kürzlich als drei Teilbestände des Kirchenkreises Saarbrücken unter der gemeinsamen Signatur 3MB 017B zusammengefasst. Durch eine Neuaufnahme der Findbücher sind sie jetzt auch im Portal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ recherchierbar.

Nachlass des BK-Theologen Fritz Stasch neu erschlossen

Friedrich Wilhelm (Fritz) Stasch wurde am 4. Januar 1909 in Essen geboren. Nach dem Studium der Evangelischen Theologie in Bonn, Tübingen und Marburg leistete er 1933-34 zunächst das Vikariat in der Kirchengemeinde Königswinter ab.  Früh engagierte er sich bei der Bruderschaft der Hilfsprediger und Vikare innerhalb der Rheinischen Pfarrbruderschaft. Bei einem Jugendarbeiter-Schulungskurs für Lehrvikare in Hainstein/Eisenach im September 1934 eskalierte der Konflikt vieler Vikare mit der offiziellen Reichskirche. Auch Stasch wurde daraufhin als Disziplinarmaßnahme vom Rheinischen Konsistorium entlassen und unterstellte sich fortan der Bekennenden Kirche.

Pfarrer Friedrich Wilhelm Stasch, aus Bestand: AEKR 7NL226(Pfarrer Friedrich Wilhelm Stasch), Nr. 46
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