Mit dem Gedicht „Christnacht“ von Robert Eduard Prutz wünscht das Team des Archivblogs frohe Weihnachten!
Düsseldorfer Sonntagsblatt
Weihnachtsnummer. 23. Dezember 1923.
Nummer 52. – 4. Advent.
Christnacht.
Heilge Nacht, auf Engelschwingen
Nahst du leise dich der Welt,
Und die Glocken hör ich klingen,
Und die Fenster sind erhellt.
Selbst die Hütte trieft von Segen,
Und der der Kindlein froher Dank
Jauchzt dem Himmelskind entgegen,
Und ihr Stammeln wird Gesang.
Mit der Fülle süßer Lieder,
Mit dem Glanz um Tal und Höhn,
Heilge Nacht, so kehrst du wieder,
Wie die Welt dich einst gesehn?
Da die Palmen lauter rauschten,
Und versenkt in Dämmerung
Erd und Himmel Worte tauschten,
Worte der Verkündigung;
Da mit Purpur übergossen,
Aufgetan von Gottes Hand,
Alle Himmel sich erschlossen,
Glänzend über Meer und Land;
Da der Frieden zu verkünden
Sich der Engel niederschwang,
Auf den Höhen, in den Gründen
Die Verheißung wiederklang;
Da, der Jungfrau Sohn zu dienen
Fürsten aus dem Morgenland
In der Hirten Kreis erschienen,
Gold und Myrrhen in der Hand;
Da mit seligem Entzücken
Sich die Mutter niederbog,
Sinnend aus des Kindleins Blicken
Nie gefühlte Freude sog.
Heilge Nacht, mit tausend Kerzen
Steigst du feierlich herauf:
O so geh in unserm Herzen,
Stern des Lebens, geh uns auf!
Schau, im Himmel und auf Erden
Glänzt der Liebe Rosenschein:
Friede solls noch einmal werden
Und die Liebe König sein!
Robert Prutz