Neue Originalquellen im Nachlass von Pfarrer Paul Schneider

Der Nachlass des Pfarrers Paul Schneider , dem „Prediger von Buchenwald“, gehört zu den gefragtesten Beständen unseres Archivs. Seit Juli 2022 ist er online recherchierbar. Ein großer Teil der Originalquellen steht der Forschung online zur Verfügung. Dieses Angebot werden wir demnächst noch einmal ausbauen können, denn im November vergangenen Jahres entschieden sich die Nachkommen Paul Schneiders dazu, weitere Unterlagen an das Landeskirchliche Archiv abzugeben, die bisher noch bei Sohn Karl Adolf Schneider gelagert waren. Die fünf Aktenordner enthielten überwiegend Korrespondenzen von Paul und Margarete Schneider.

Brief von Margarete Schneider an Paul Schneider im KZ Buchenwald vom 16.06.1938, mit Stempel der Postzensur, aus Bestand: AEKR 7NL081(Pfarrer Paul Schneider), Nr. 109, 1
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Pfarrer Johannes Rudolf aus Rosbach hatte vier Pfarrer als Schwiegersöhne

Es ist in der Geschichte des evangelischen Pfarrhauses bekannt, dass Pfarrerstöchter nicht selten Theologen geheiratet haben. Mir ist in der Pfarrerhistorie unserer Landeskirche nun eine etwas ungewöhnliche Konstellation aufgefallen, über die ich hier berichten möchte: Ein Pfarrer mit vier Schwiegersöhnen, die ebenfalls Pfarrer waren.

Johannes Rudolf, Pfarrer in Rosbach 1878-1913. Aufnahme aus „400 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Rosbach“

Pfarrer Johannes Rudolf wurde am 25.09.1844 in Wülfrath als Sohn eines Pfarrers geboren und starb am 05.11.1915 in Neuwied. Nach seinem Theologiestudium in Halle, Berlin und Bonn wurde er 1878 in die Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Rosbach an der Sieg gewählt. Politisch ist Rosbach heute Teil der Gemeinde Windeck im Rhein-Sieg-Kreis, die Kirchengemeinde gehört zum Kirchenkreis An der Agger.

Rudolf heiratete 1879 die aus Gevelsberg stammende Adelheid Bröking, die acht Jahre jünger war als er (geboren 11.02.1853). Das Paar bekam zwischen Dezember 1879 und August 1897 zehn Kinder, einen Sohn und neun Töchter! Der Sohn und Zwillinge starben im ersten Lebensjahr, eine weitere Tochter im siebenten Lebensjahr. Es verblieben also sechs Töchter, von denen vier die Ehe mit Pfarrern eingingen!

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Findbuch zum Nachlass von Ilse Härter online

Vor einigen Jahren erregte die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands (ELKL) mit einer kontroversen Entscheidung international die Gemüter. Sie nahm 2016 als erste Kirche weltweit die erst 1975 eingeführte Frauenordination zurück, welche seit der Wahl von Erzbischof Janis Vanags 1993 ausgesetzt war.

Ilse Härter wäre empört gewesen, hatte sie sich doch unermüdlich für die Öffnung des Pfarramtes für Frauen eingesetzt. Als sie schließlich im Januar 1943 dann ordiniert wurde, zählte sie zu den ersten ordinierten Theologinnen Deutschlands. Dabei hatte sie sich nicht nur in einem von Männern dominierten Berufsfeld zu behaupten, sondern sah sich auch mit Repressalien des NS-Staates konfrontiert.

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Weihnachten bei Familie Garschagen

In unserem Blog haben wir uns schon einmal mit einem Foto der Familie Garschagen befasst. Dieser weihnachtlichen Szenerie möchten wir uns noch einmal widmen, allerdings in etwas veränderter Form. Einige Fehler haben sich in das Bild eingeschlichen, können Sie alle finden?

Familie Garschagen um Weihnachten 1852 v.l.n.r.: Friedrich Wilhelm, Christiane Wilhelmine, Peter Karl, Lebrecht, Julius, Wilhelmine, Peter Carl, Richard zwischen ihnen ein Tisch mit Geschenken und einem Weihnachtsbaum Bestand: 7NL 142, Nr. 49

Hier geht es zum „Original“

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Aus den Gästebüchern des Pastoralkollegs Rengsdorf II

Im Zuge der Bearbeitung des Bestandes der landeskirchlichen Einrichtung Pastoralkolleg Rengsdorf bin ich in den Gästebüchern auf den 181. Eintrag vom 8. Oktober 1933 gestoßen. Auf einer dreitägigen Veranstaltung tagte der „Vortragsausschuß der Glaubensbewegung Deutsche Christen und das Propaganda-Amt (Volksmissionarisches Amt) des Bistums Köln-Aachen“ unter der Leitung des Bischofs Dr. Heinrich Oberheid. Zu den Teilnehmern zählte auch das bekannte Brüderpaar Heinz und Karl Dungs.

Unterschriftenliste der Teilnehmer der Tagung des Vortragsausschußes der Glaubensbewegung „Deutsche Christen“ und das Propaganda-Amtes (Volksmissionarisches Amt) des Bistums Köln-Aachen, 08.-10.10.1933

Auf dieser Tagung formulierten die Deutschen Christen des Rheinlandes die sogenannten Rengsdorfer Thesen, denen Pfarrer Dr. Joachim Beckmann Ende 1933 widersprach und Gegenthesen aufstellte.
Im Weckruf, dem Sonntagsblatt der Glaubensbewegung der Deutschen Christen wird in der 42. Nummer des 1. Jahrgangs (1933) der Ortsgruppe Krefeld verkündet, dass „Kirchensenat und Landesbischof der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (…) am 5. Oktober Dr. Oberheid, (Pfarrer in Asbach (Westerwald) und kommissarischer Beauftragter beim Rheinischen) Konsistorium, zum Bischof von Köln-Aachen, zum ersten Bischof der neuen Evangelischen Kirche Rheinlands ernannt“ haben.

Quelle: Der Weckruf, Krefeld, Jg. 1933, Nr. 43

Auf der Titelseite der 43. Ausgabe des Weckrufs verbreitet Oberheid in dem Artikel „Den rheinischen Gemeinden zum Gruß!“ vom 10.10.1933 nationalsozialistische Propaganda. In der darauffolgenden Ausgabe des Weckrufs am 29.10.1933 wird die „Kirchliche Neueinteilung (des) Rheinlands“ verkündet und das neugeschaffene „Amt für Kirchliche Propaganda des rheinischen Bistums“ vorgestellt. Zum Leiter des Amtes wurde der Geschäftsführer der rheinischen Landesleitung der „Deutschen Christen“, Herr Heinz Lauterbach, Köln, berufen.

Zeichnung im 2. Gästebuch des Pastoralkollegs Rengsdorf Schulungskurs für Laien und Redner 16.-19.10.1933

Lauterbach leitete einen Schulungskurs für Laien und Redner vom 16. bis 19. Oktober 1933 im Haus Hermann von Wied. In dem Gästebucheintrag haben sich die Teilnehmer unter der Abbildung eines Kreuzes mit dem Hakenkreuz eingetragen. Der Rheinische Präses Friedrich Schäfer (1871-1953) nahm an dieser Veranstaltung teil.

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Reformierte Netzwerke im 16. Jahrhundert – Die Familie Calandrini aus Lucca

Quittung des Cesare Calandrini, Frankfurt 17. April 1590, aus Bestand: AEKR 4KG 004 (Aachen); Nr. 143

Bei diesem Schriftstück handelt es sich vom Genre her zunächst einmal um eine banale Quittung. Sie wurde 1590 in Frankfurt/Main in französischer Sprache ausgestellt und es geht um eine Kollekte aus Aachen („Aix“). Stutzig macht aber bereits der klangvolle italienische Name des Ausstellers und bei näherer Betrachtung erschließen sich europaweite Netzwerke der Kommunikation und finanziellen Unterstützung.

In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erleiden die an der Lehre Calvins orientierten Reformierten in Westeuropa vielfach das Schicksal der Vertreibung. Massiver religiöser Verfolgungsdruck herrscht im England der katholischen Königin Mary Tudor (reg. 1553-1558) ebenso wie unter der Statthalterschaft des Herzogs von Alba in den Niederlanden 1567-1573. Weitere Flüchtlinge aus Frankreich, der Wallonie und aus Antwerpen prägen die reformierten Gemeinden am Niederrhein, in Aachen und Köln.

Ein Beispiel ist die „Lucca-Connection“ der Familie Calandrini: Sie mussten 1567 auf Druck der Inquisition das toskanische Lucca verlassen und siedelten sich in Paris an. Dort überlebten sie 1572 knapp die Massaker der Bartholomäusnacht und flohen nach Sedan. Von dort zogen einige Mitglieder der Familie nach Antwerpen, dann 1585 vor den einmarschierenden Spaniern nach Frankfurt am Main. Der junge Textilkaufmann Cesare Calandrini (1550-1611) hatte sich bereits seit Mitte der 1570er Jahre in Nürnberg als einer der angesehensten Tuchhändler der Stadt etabliert. Sein Bruder Giovanni war erfolgreicher Bankier in Amsterdam, ebenso wie sein Schwiegersohn Philipp Burlamachi in London.

Fluchtroute der Familie Calandrini im 16. Jahrhundert. Aus: „Damit Extrema verhütet werden…“ – Die 1. Reformierte Generalsynode in Duisburg 1610 zwischen Machtpolitik und Nächstenliebe
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Der Pfarrer mit Presbytern „per Du“ und Skatkumpel – ein Fall der Befangenheit?

Pfarrer Dr. Kurt Beck (1909-1986) war von 1947 bis 1955 Inhaber der dritten Pfarrstelle der Evangelischen Kirchengemeinde Oberhausen I. Bei seinen Personalakten (Bestand 1OB 009 B 293) befinden sich zwei Beiakten wegen der Zwistigkeiten zwischen ihm und Pfarrer Dr. Werner Goßlau (1910-1995). Goßlau war ein Oberhausener „Urgestein“, denn er amtierte beeindruckende 42 Jahre in der Kirchengemeinde Oberhausen I (zweite Pfarrstelle) bzw.nach deren Teilung 1963 bis 1980 in der ersten Pfarrstelle der Christuskirchengemeinde Oberhausen.

Schreiben von Pfarrer Beck an den Superintendenten des Kirchenkreises An der Ruhr vom 21.01.1950, aus Bestand: AEKR 1OB009(Personalakten der Pfarrer), B 293, PA Kurt Beck, Beiakte

Der schmale Band der einen Beiakte trägt den schlichten Titel „Beck gegen Goßlau“ und enthält nur wenige Schreiben aus Januar und Februar 1950. Die Betreffzeile des ersten Schreibens vom 21.01.1950 lässt aufhorchen: „Klarstellung betr. „Skatbruderschaft“ und „Du“-Verkehr mit Gemeindegliedern.“ Hier wendet sich Pfarrer Beck an den Superintendenten, Pfarrer Ernst Barnstein, des Kirchenkreises An der Ruhr, zu dem auch die Kirchengemeinden in Oberhausen zählten. Es geht darum, dass Pfarrer Goßlau nach den Presbyteriumssitzungen im Dezember 1949 und Januar 1950 Bemerkungen über ein „Du-Verhältnis“ von Pfarrer Beck mit drei Presbytern und eine „Skatbruderschaft“ derselben gemacht habe. Eine Rolle spielt das angespannte Verhältnis von Pfarrer Goßlau zum „Südchor“, in dem die angeblichen Skat- und Duz-Brüder von Pfarrer Beck Vorstandsmitglieder seien (so Goßlau im Schreiben vom 02.02.1950).

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