Findbuch zum Nachlass von Ilse Härter online

Vor einigen Jahren erregte die Evangelisch-Lutherische Kirche Lettlands (ELKL) mit einer kontroversen Entscheidung international die Gemüter. Sie nahm 2016 als erste Kirche weltweit die erst 1975 eingeführte Frauenordination zurück, welche seit der Wahl von Erzbischof Janis Vanags 1993 ausgesetzt war.

Ilse Härter wäre empört gewesen, hatte sie sich doch unermüdlich für die Öffnung des Pfarramtes für Frauen eingesetzt. Als sie schließlich im Januar 1943 dann ordiniert wurde, zählte sie zu den ersten ordinierten Theologinnen Deutschlands. Dabei hatte sie sich nicht nur in einem von Männern dominierten Berufsfeld zu behaupten, sondern sah sich auch mit Repressalien des NS-Staates konfrontiert.

Am 12. Januar 1912 kam Ilse Härter in Asperden (heute zu Goch) zur Welt. Nach dem Abitur studierte sie Theologie in Göttingen, Tübingen, Königsberg, Bonn und an der Kirchlichen Hochschule Wuppertal, ohne zu diesem Zeitpunkt zu ahnen, dass das „Vikarinnengesetz“ ihr den Weg in das Pfarramt erschweren sollte. Nach der Machtergreifung der NSDAP wendete sie sich der Bekennenden Kirche zu, in welcher sie sich trotz „Himmlererlasses“ auch illegal engagierte. 1941 begab sich Härter einem Ruf folgend nach Berlin, v.a. auch weil Superintendent Albertz ihr eine Ordination in Aussicht stellte. Vorgehen der Nationalsozialisten gegen BK-Mitglieder verzögerten sämtliche Vorhaben. Erst im Januar 1943, an ihrem 31. Geburtstag, wurde Härter von Kurt Schäfer ordiniert.

Bestand 7NL 112

Nach Stationen in Berlin, Ebersbach/Fils (Württemberg), Meinsdorf (Brandenburg) und einer Auszeit in Niedersachsen kehrte Härter erst 1946 ins Rheinland zurück. Am Mädchengymnasium in Leverkusen übernahm sie die Schulpfarrstelle, wechselte 1952 dann an die Berufsschulpfarrstelle in Wuppertal-Elberfeld. 1972 trat Ilse Härter in den Ruhestand, in welchem sie über die Geschichte von Theologinnen im Kirchendienst forschte und publizierte. Für ihr wissenschaftliches wie gesellschaftliches Engagement für einen gleichberechtigten Zugang von Frauen ins Pfarramt wurde ihr 2006 von der Hochschule Wuppertal die Ehrendoktorwürde verliehen.

Der im Archiv der EKiR verwahrte Nachlass Härters enthält zahlreiche Ego-Dokumente, wie Zeugnisse, Tagebuchaufzeichnungen oder Lebensberichte, Fotografien, Korrespondenzen und Predigten. Im Bestand enthalten ist auch ihre umfangreiche Materialsammlung zur Theologinnenfrage, die, wenn man an Lettland denkt, an Aktualität nichts eingebüßt hat. Ferner sind etliche Dokumente enthalten, die ein Schlaglicht auf den Einsatz von Theologinnen werfen, sich ihren Weg ins Pfarramt trotz aller Widerstände zu erkämpfen.

Erfreulich ist daher der Umstand, dass dieser für die Forschung bedeutende Nachlass von Ilse Härter pünktlich zum (zugegeben nicht ganz runden) 112ten Geburtsjubiläum nun für die Benutzung geöffnet werden kann. Das Findbuch zum Bestand 7NL 112 findet sich auf auf unserer Homepage.

Bestand 7NL 112, Ilse Härter (1912-2012)

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