„Greift nun zu den Pokalen – lebt wohl, ihr Synodalen!“

Das lyrische Erbe der 27. Rheinischen Provinzialsynode

Die erste und die letzte Seite des humoristischen Mitgliederverzeichnisses der Rheinischen Synode von 1905 in Gedichtform aus der Feder von Pfarrer Friedrich Bingel (Weiler/Nahe); Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland;

Die erste und die letzte Seite des humoristischen Mitgliederverzeichnisses der Rheinischen Synode von 1905 in Gedichtform aus der Feder von Pfarrer Friedrich Bingel (Weiler/Nahe); Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland (Boppard);

Rheinische Synoden können bisweilen recht trockene Veranstaltungen sein. In der Zeit vor dem ersten Weltkrieg war man aber immerhin bemüht, wenigstens zum Schluss der damals in der Regel zwei bis drei Wochen dauernden Tagungen den Synodalen, die vom großen Arbeitspensum meist ziemlich erschöpft waren, ein wenig Geselligkeit zu bieten – in Gestalt eines feierlichen Abschiedsessens.

Am Ende der Rheinischen Provinzialsynode des Jahres 1905 gab es zu diesem festlichen Mahl noch ein ganz besonderes Dessert: einen Gedichtvortrag von Pfarrer Friedrich Bingel aus Weiler an der Nahe, der mit launigen Versen sämtlicher anwesender Synodaler gedachte und dabei zwischen den Zeilen auch auf manch menschliches- allzumenschliches aus dem Leben der rheinischen Kirche anspielte. Völlig uneigennützig hatte der dichtende Theologe seine lyrische Ader freilich nicht angezapft: Die Übersendung der Druckfassung seines Werks an die synodalen Amtsbrüder verband er mit der Bitte um eine Spende für den örtlichen Pfarrhausbau – ein frühes Beispiel für fantasievolles Fundraising.

Anleitung zur Herstellung einer Kirchenfahne

KirchenfahneWas man beim Ordnen, Verzeichnen und Katalogisieren so alles finden kann! In einem großen Stoß alter  Zeitungen fand ich nebenstehendes Blatt. Trotz intensiver Suche war es mir nicht möglich festzustellen, wieso dieses Blatt in den Stoß alter Zeitungen kam und aus welcher Quelle es stammt. Also begann ich mich zu informieren, was es mit unserer Kirchenfahne auf sich hat. Ich fand heraus, dass die Kirchfahne ihren Ursprung in der Novemberrevolution 1918 hatte, als das Wilhelminische Kaiserreich und die Landesherrlichen Kirchenregimente ihrem Ende entgegen gingen. Nach dem Ende der Monarchie und dem Ausrufen der Weimarer Republik, entwickelte die evangelische Kirche eine eigene Fahne, die an den Gotteshäusern der Gemeinde zu besonderen Gottesdiensten aufgehangen wurde. Vorher wurde die Kaiserfahne an den Kirchen aufgehangen. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde überwiegend nur die Nationalfahne (Hakenkreuzfahne) aufgehangen. Erst nach 1945 wurde dann die Fahne mit dem violetten Kreuz auf weißem Hintergrund als offizielle Fahne der Evangelischen Kirche an den Kirchen wieder aufgehangen.

Da auf dem Blatt keine Jahresangaben zu finden sind, es aber bekannt ist, dass die Sütterlinschrift in den 1920 Jahren begann die deutsche Kurrentschrift abzulösen und der Deutsche Evangelische Kirchenausschuss am 9. Dezember 1926 diese Fahne  zur Kirchenfahne des Deutschen Evangelischen Kirchenbunds erklärte, dürfte dieses Blatt Mitte der 1920er Jahre gedruckt worden sein. Dieses Blatt trägt den Titel „Anweisung für die Herstellung der Kirchenflagge“. Neben den Angaben zum Verhältnis des Kreuzes zu der gesamten Fläche der Fahne, findet sich auch der Hinweis, dass das violette Kreuz nicht aufzunähen, sondern aufzudrucken ist und welchem Farbton das Violett zu entsprechen hat.

Lutherarchiv in Eisleben eröffnet

Rechtzeitig vor dem Reformationsjubiläum wurde am 8. April 2016 ein Lutherarchiv in Eisleben eröffnet. Hier werden die reformationshistorischen Quellen aus der Turmbibliothek der St. Andreaskirche und die Sammlungsbestände der Stiftung Luthergedenkstätten an einem Ort vereint und der Lutherforschung zugänglich gemacht. Ferner werden im Archiv auch Räume für Bildungsangebote und Veranstaltungen hergerichtet.

Weitere Informationen :

Ausstellung zum Evangelischen Kirchentag 1965

Einband des Ausstellungskataloges

Einband des Ausstellungskataloges

153Aber warum gab es diese Ausstellung?

Die Lösung findet sich in den Texten des Begleitkataloges. Dort ist zu lesen, dass der Kirchentag in einem Gebiet stattfindet, das weder zur Diaspora noch zu einem Gebiet gehört, dem das gemeinsame Wirken der Konfessionen fremd ist. Die Ausstellung wünscht die Verbreitung und Wirkung reformatorischer Gedanken und Taten im Gebiet der früheren Rheinprovinz, also der heutigen Landeskirche. Die Ausstellung soll die 400jährige Geschichte dokumentieren. Die Vorbereitungen haben gezeigt, wie gering historische und künstlerische Dokumente oftmals gerade in evangelischen Kreisen in der Vergangenheit gewertet worden sind. Es soll mit dieser Ausstellung auch erreicht werden, das es ein breiteres Interesse an der Kirche, ihren Akten und kirchlichen Geräten gibt.

Der Ausstellungskatalog hat  214 Textseiten, die alle Ausstellungstücke erläutern und wird ergänzt durch 62 Bildseiten in schwarz/weiß, die verschiedene ausgewählte Exponate zeigen. Im Arbeitsausschuss hat Synodalassesor Pfarrer Friedrich Gerhard Vanderbosch mitgewirkt. Der Katalog enthält auch eine Literaturauswahl zur rheinischen Kirchengeschichte, ebenso ein Personen- und Ortsregister.

 

Können Sie Steno? Aus der Arbeitspraxis eines Archivars

Stenografierte Notizen von Pfarrer Hans Josten, ca. 1959 (6HA 029)

Stenografierte Notizen von Pfarrer Hans Josten, ca. 1959 (6HA 029)

Unleserliche Handschriften stellen Archivare im Arbeitsalltag häufig vor Probleme.

Worum geht es in dem Schriftstück? Das ist eine wichtige Frage, wenn es um die richtige archivische Einordnung geht. Selbst wenn man ältere Schriften wie die deutsche Kurrentschrift und Sütterlin relativ gut beherrscht, kann man manchmal nur einzelne Wörter entziffern. Am schwierigsten ist es bei Konzepten und Briefentwürfen. Noch schlimmer ist es bei Eigennamen und Unterschriften.  Aber immerhin geben einzelne Wörter eine Orientierung, mit der man sich den Inhalt nach und nach erschließen kann.

„Oh Mann, was für eine Klaue. Ich kann kein einziges Wort entziffern!“ war auch meine erste Reaktion, als mir das abgebildete Schriftstück aus den Handakten des Pfarrers Hans Josten, von 1935 bis 1954 Leiter des Rheinischen Pfarrfrauendienstes, beim Verzeichnen in die Hände fiel. Weiterlesen

Quecksilber in der Suppe: Ein Ehedrama im Jahr 1601

Crustarius, Johannes (1552-1617) Pfarrer Kgm. Bacharach, Inspektor ( Superintendent ); AEKR 8SL 046 (Bildarchiv) 80034_2

Crustarius, Johannes (1552-1617) Pfarrer Kgm. Bacharach,
Inspektor ( Superintendent ); AEKR 8SL 046 (Bildarchiv) 80034_2

Bei dem grimmig blickenden Herrn auf dem Kupferstich handelt es sich um Johannes Crustarius, von 1587 bis 1617 als reformierter Inspektor oberster Geistlicher im kurpfälzischen Oberamt Bacharach am Mittelrhein.

Er stand dem reformierten Klassikalkonvent vor, der über die Kirchenzucht zu wachen hatte. Klagen über mangelnden Kirchenbesuch und Entheiligung des Sonntags standen dort ebenso auf der Tagesordnung wie Tanzvergnügungen und abergläubische Rückfälle in die katholische Vergangenheit. Im Frühjahr 1601 hatte sich der Konvent mit einem weitaus ernsteren Vergehen zu beschäftigen: Der erst 19-jährige Johannes Rödgen aus Nauheim bei Steeg hatte einen Giftanschlag auf seine Ehefrau verübt. Weiterlesen