„Fast alle sind sehr helle Köpfe“ – Der Büchereilehrgang für evangelische Arbeitersekretäre in Düsseldorf 1928

Die Schulung von Multiplikatoren in der ehrenamtlichen Büchereiarbeit hat in beiden Konfessionen ebenso wie in der Arbeiterbewegung lange Tradition. Im Jahr 1928 einigten sich der Gesamtverband der evangelischen Arbeitervereine e.V. und der Verein zur Verbreitung guter volkstümlicher Schriften e.V. auf die Durchführung einer gemeinsamen Fortbildungstagung. Beide Vereine waren in Berlin beheimatet, doch sollte (nicht zuletzt als politisches Statement) die Tagung im Rheinland stattfinden, das damals noch von den Alliierten besetzt war.

In der Voranfrage an den Düsseldorfer Bibliotheksdirektor Dr. Wilhelm Winker wurde die Zielsetzung des Lehrgangs so beschrieben:

„Die Kursusteilnehmer sind 25- bis 35-jährige Arbeitersekretäre, die fast ausnahmslos aus dem Handwerkerstand hervorgegangen sind. Sie haben also nur Volksschulbildung, sind dann aber weiter vorgebildet worden, natürlich mehr auf sozialem Gebiete. Fast alle sind sehr helle Köpfe. Die evangelischen Arbeitervereine haben in den letzten Jahren angefangen, für ihre Mitglieder besondere kleine Büchereien innerhalb der evangelischen Arbeitervereine einzurichten. Es handelt sich also vor allem darum, den Teilnehmern zu einem näheren Verhältnis zum Buch als solchem zu verhelfen und ihnen eine Einführung in die Aufgaben des Leiters einer kleinen Bücherei mit praktischen Anleitungen zu geben.“

Angemeldet hatten sich schließlich 32 Teilnehmer aus dem gesamten Reichsgebiet. Zu ihnen zählte der damals 26-jährige Arbeitersekretär Arnold Poepke in Kassel, später in der Bundesrepublik Geschäftsführer der Evangelischen Arbeiterbewegung. Das dicht gedrängte Programm für die drei Kurstage konnte sich sehen lassen.

Programm zum Büchereilehrgang für Arbeitersekretäre der evangelischen Arbeitervereine vom 12.04. – 15.04.1928 in Düsseldorf. Aus Bestand: AEKR 5WV 051(Bestand Otto Ohl), Nr. 1427, 4
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65 Jahre Telefonseelsorge Düsseldorf: „Wer hört, hilft“

DER WEG, das evangelische Sonntagsblatt für das Rheinland, berichtete in seiner Ausgabe Nr. 3 vom 18. Januar 1959 (S. 2):

Telefonseelsorge in Düsseldorf. Unter der Nummer 5 15 15 sind bei Tag und Nacht Ratgeber zu erreichen
Ein telefonischer Seelsorgedienst wird vom 10. Januar an allen ratsuchenden Menschen in Düsseldorf zur Verfügung stehen. Unter der Telefonnummer können die Anrufer Tag und Nacht Aerzte, Juristen, Pfarrer und andere fachkundige Persönlichkeiten zur seelsorgerlichen Aussprache erreichen. Der zu diesem Zweck […] gebildete Arbeitskreis hat sich den Namen „Die dargebotene Hand“ gegeben. Er hat seinen Sitz im neuen Gebäude der Evangelischen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensfragen in Düsseldorf-Oberkassel, Kaiser-Friedrich-Ring 27.

Man stütze sich auf das Vorbild und die Erfahrungen aus Berlin, Kassel und einigen europäischen Städten und gehe von der Erkenntnis aus, dass in Verzweiflung geratene Menschen mit ihren persönlichen Nöten sich scheuten, einen Arzt oder Pfarrer aufzusuchen. Das zunächst anonyme Telefonat biete hier eine Chance.

Dr. Christa Brandt, Leiterin der Telefonseelsorge Düsseldorf 1959-1980. Fotograf: Hans Lachmann, 1976. Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 016_0049, Schachtel: 1652 (16298)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) war im Herbst 1957 auf diese neue Form der Seelsorge aufmerksam geworden und hatte unter dem Betreff „Telefon-Pfarrämter“ bei den Landeskirchen nach bereits bestehenden Einrichtungen dieser Art gefragt (1OB 017 I Nr. 3694). Der oben im Zitat erwähnte Name „Die dargebotene Hand“ stammte aus der Schweiz. In einem Bericht vom 13.01.1958 an die EKD heißt es, es solle auch nicht der in Berlin gebräuchliche Begriff „Lebensmüdenbetreuung“ verwendet werden, da diese nach den Erfahrungen nur einen kleinen Teil der Anrufer ausmachten. Der Ausdruck „kirchlich“ oder „pfarramtlich“ solle tunlichst vermieden werden. „Telefonseelsorge“ wurde bereits mit dem Start zum Markennamen. Der Personalbedarf wurde auf 15 bis 20 Mitarbeiter für die Telefonbesetzung rund um die Uhr – heute sagt man 24/7 – geschätzt, dazu die Leitung der Einrichtung. Nachts könne eventuell der Anruf in die Wohnung des diensthabenden Seelsorgers weitergeleitet werden „(was postalisch eingerichtet werden kann)“. Bei der Personalgewinnung scheine es nach den bisherigen Erfahrungen leichter zu sein, Frauen zu gewinnen. Männer kämen eigentlich erst nach der Pensionierung in Frage. Ein wesentlicher Punkt sei die Schulung der Mitarbeiter.

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Fotorückblick: Wiederaufbau der bombenzerstörten Johanneskirche Düsseldorf

Zerstörte Häuser und Straßen in Düsseldorf Stadtmitte, Johanneskirche, Fotograf: Hans Lachmann, 1950, Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), BRD_1950_2144
Johanneskirche Düsseldorf, um 1953, Fotograf: Hans Lachmann
Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 200_190

Die am 6. Dezember 1881 eingeweihte Johanneskirche wurde bei dem sog. Pfingstangriff in der Nacht vom 11. auf den 12.06.1943 durch Fliegerbomben stark beschädigt. Zunächst gab es Überlegungen, aus städtebaulichen Gründen die Kirche an anderer Stelle neu zu errichten, da aber große Teile der Kirche erhalten blieben, konnte am 10. Juni 1951 der Wiederaufbau der sog. Stadtkirche feierlich begonnen werden.

Heute vor 73 Jahren fand die Grundsteinlegung der größten evangelischen Kirche in Düsseldorf statt. Der Pressefotograf Hans Lachmann dokumentierte dieses Ereignis. Auf den Fotos hält ehemaliger Düsseldorfer Superintendent und Oberkirchenrat Rudolf Harney, der sich für den Wiederaufbau auf dem Martin-Luther-Platz eingesetzt hatte, eine feierliche Rede. Auf einem weiteren Foto präsentieren zwei Mädchen stolz die Urkunde, die den Beschluss des Wiederaufbaus der Johanneskirche enthält.

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Nachlese zum Tag der Archive 2024

Gestern trafen sich die Archivarinnen und Archivare der Düsseldorfer Archive im Stadtarchiv, um die Woche der Archive noch einmal Revue passieren zu lassen. Insgesamt ergab sich ein durchaus positives Bild, was den Erfolg und die Besucherzahlen der einzelnen Veranstaltungen anging. Trotz Bahnstreik fanden zahlreiche interessierte Besucher den Weg in die Archive. Damit war dann auch für alle Beteiligten klar: Es wird 2026 wieder einen Tag der Archive geben! In welcher Form dieser stattfinden wird, ist zum heutigen Zeitpunkt noch unklar. Einig waren sich doch alle, dass es beim nächsten Mal mehr Kooperationen der einzelnen Archive untereinander geben soll. Auf Grund der geografischen Lage und der einzelnen Archivsparten bietet es sich an, sich untereinander noch mehr zu vernetzen und gemeinsam etwas auf die Beine zu stellen, was dann auch hoffentlich noch einmal ein breiteres Publikum anziehen wird. Wenn sie auf dem Laufenden bleiben wollen, dann schauen sie gern regelmäßig auf dem Blog Archive in Düsseldorf- Tag der Archive und mehr vorbei.

Wege und Irrwege einer evangelischen Bibliothek

„Inter arma silent musae,“ im Kriege schweigen die Künste. Diese Sentenz trifft leider allzu oft zu. Umso mutiger war 1643, mitten im Dreißigjährigen Krieg, der Beschluss der Bergischen Provinzialsynode, eine eigene Bibliothek in Düsseldorf einzurichten. Ihr Bestand rekrutierte sich aus Schenkungen der Prediger, wohlhabender Bürger sowie ausscheidender Mitglieder des Presbyteriums. Im Archiv erhalten ist das kleine Quartbändchen des Zugangsregisters. So wohlausgestattet wie die hier abgebildete Universitätsbibliothek von Leiden um das Jahr 1600 dürfen wir uns das Düsseldorfer Bücherdepot nicht vorstellen. Die auf dem Kupferstich dokumentierte Ankettung der Bücher war damals üblich und der menschlichen Natur geschuldet.

Kupferstich aus: „Alma et Illustries Academia Leidensis“, aus Bestand: Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland, Archivbiliothek, Sig. Goe 945

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet die Düsseldorfer Bibliothek gänzlich in Vergessenheit und wurde erst 1849 auf dem Speicher des Küsterhauses zufällig wiederentdeckt. Bis 1890 erfolgten weitere Buchspenden und Ankäufe. 1933 wurde der Bestand an die damalige Landes- und Stadtbibliothek Düsseldorf übergeben. In der heutigen ULB werden die ca. 2.600 Bände als eigener historischer Bestand „Bibliothek der Evangelischen Gemeinde zu Düsseldorf“ mit der Signatur EVG verwahrt. Immerhin 156 z. T. mehrbändige Titel stammen dabei aus dem 16. Jahrhundert, 250 Titel aus dem 17. Jahrhundert. Betrachten wir einige Titel der Sammlung genauer.

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Weihnachten 1923: erste Aufführung eines Krippenspiels in der Johanneskirche in Düsseldorf

Düsseldorfer Sonntagsblatt, Nr. 52, 23.12.1923, S. [4-5]; AEKR, Archivbibliothek, Sign. ZK 65

„Zum ersten Mal wird in diesem Jahr, sowohl in der Kindergottesdienstfeier am 4. Advent, nachmittags 5 Uhr, wie in der Christmette um 1/2 7 Uhr, eine Krippenfeier, wie sie in vielen Gemeinden Deutschlands zur Darstellung gelangte, vom Kirchenchor und Mitgliedern des Lydiavereins geboten werden.“

Der oben zitierte erste Absatz des Beitrags endet mit der Zeile: „Zur Einführung der Besucher sei das Nachfolgende gesagt.“ Es folgt eine inhaltliche Beschreibung des Ablaufs der Feier, dazu ein Verhaltenshinweis, wie er auch heute in den Familiengottesdienstes zu Heiligabend gegeben wird: „Unter den Worten des Liedes schreitet ein langer Zug von Jungfrauen durch den Mittelgang der Kirche, der auf jeden Fall frei bleiben muß.“

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Superintendent Dieter Linz marschierte für den Frieden

Demonstrationsschild; aus Bestand: AEKR 7NL160 (Superintendent Dieter Linz), Nr. 55

Unter dem Hashtag #nichtnurpapier haben wir auf unseren Social Media-Kanälen bereits das ein oder andere Fundstück aus unserem Archiv vorgestellt, mit dem man nicht unbedingt rechnen würde. Zu dieser Kategorie gehört auch dieses Demonstrationsschild.

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