Düsseldorfer Kirchenaustritte im Kaiserreich

Das Recht auf Konfessionslosigkeit wurde in Preußen erst mit dem „Gesetz betreffend den Austritt aus der Kirche“ von 1873 gewährt. Eine Abschrift der Austrittserklärung beim Amtsgericht ging demnach an die Kirchengemeinde, um ihr die Möglichkeit zu einer letztmaligen Einflussnahme zu geben.

Die absoluten Austrittszahlen blieben im Kaiserreich noch extrem gering und trugen in Verbindung mit der allgemeinen demografischen Entwicklung zu den stark steigenden Mitgliederzahlen der Evangelischen Kirchengemeinde Düsseldorf bei: Im Jahr 1901 fanden beispielsweise 1.800 Taufen statt (bei 844 Beerdigungen). Gerade einmal zwölf (sic!) Kirchenaustritten standen 31 Ein- bzw. Übertritte gegenüber, davon 28 aus der katholischen Kirche.

In der Akte 4KG 005, Nr. 21 finden sich interessante Zeugnisse dieser frühen Kirchenaustritte. Zu dem Kirchenaustritt des Korbmachers Ernst Albert 1890 heißt es etwa:

 „Hochwürden mit dem ergebensten Bemerken zu remittieren, dass eine seelsorgerliche Besprechung mit dem Antragsteller, die gestern stattgefunden hat, ohne Erfolg geblieben ist. Albert erklärte, er sei Atheist und habe mit dem christlichen System vollständig gebrochen, da dasselbe mit der modernen Wissenschaft unvereinbar sei.“

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Kurioses aus Düsseldorf der 60er und 70er Jahre

Passend zu dem diesjährigen Motto des Tags der Archive „Fakten, Geschichten, Kurioses“ haben wir eine Slideshow aus Fotografien der 1960er und 1970er Jahre zusammengestellt, die allerlei Kurioses der beiden Jahrzehnte zeigt. Besonders prägnant für diese Zeit war vor allem die ausgefallene und verrückte Mode. Gerade in den Schaufenstern der Düsseldorfer Königsallee fand man diese zuhauf. Ebenso ist und war Düsseldorf bekannt für Kosmetik bzw. kosmetische Behandlungen. Diese findet man auch in einigen Bildstrecken wieder und fragt sich heute, ob und welchen Nutzen diese wohl gehabt haben. Aber auch technischer Fortschritt war ein nicht unbedeutendes Thema. So zeigten diverse Messen und Ausstellungen der 60er und 70er die neusten Erfindungen und Innovationen.

Die Bilder entstammen alle samt vom dem Fotografen Hans Lachmann. Dieser war von den frühen 50er Jahren bis in die frühen 90er Jahre der meist gebuchte Fotograf der evangelischen Kirche im Rheinland, sowie regionaler kirchlicher Gemeinden und Vereine. Seine bildliche Dokumentation zeigte nicht nur den Kirchenalltag, sondern auch vermehrt das Alltagsleben in verschiedenen Facetten.

  • Ein Model präsentiert auf einem Stuhl vor einem Geschäft sitzend die neue Herbstmode. Königstraße / Ecke zur Königsalle. Zu sehen ist das Geschäft W. Weitz Küchenkultur auf der Königsalle 34a Fotograf: Hans Lachmann Datum: Herbst 1962 Ort: Düsseldorf Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), BRD_1962_3526 Schachtel BRD 31 (14/4772)

Schadensersatz für zwei Pistolen

Die Grundsteinlegung ihrer neuen Kirche in der Bolkerstraße am 13. März 1683 erfüllte die bedrängte Reformierte Gemeinde in Düsseldorf mit neuer Hoffnung. Finanziert durch zahlreiche Spenden u. a. aus Genf, Danzig und den Niederlanden machte der Bau der Neanderkirche (so ihr Name seit 1917) rasch Fortschritte und bereits Ende 1684 fanden in ihr die ersten Gottesdienste statt.

Die Abbrucharbeiten am alten Predigerhaus führten aber zu einem Kollateralschaden, der die Gemeinde noch lange beschäftigen sollte. Johann Mostart, Reiter der herzoglichen Leibgarde, hatte nämlich „bei der Reformierten Kirchen sein Quartier“. Im angrenzenden Stall hatte er seine Ausstattung eingelagert, zu der auch zwei Pistolen zählten. Als diese nicht mehr auffindbar waren, verklagte er die Reformierte Gemeinde auf Schadensersatz. Wie immer bei Rechtssachen zieht sich die Angelegenheit hin und produziert viel Papier. Im Juli 1685 muss ihm die Gemeinde schließlich drei Reichstaler und fünf Schilling als Entschädigung zahlen. Ein Mehrfaches dieser Summe betrugen die weiteren Auslagen für Gerichts- und Schreiberkosten, die Mostart gleichfalls in Rechnung stellen durfte.

Radschlosspistole anno 1580.

Der vergleichsweise bescheidene Wertansatz für die Pistolen spricht dafür, dass es sich bei den Waffen wahrscheinlich noch um ältere Radschlosspistolen handelte, wie sie vor allem bei der Kavallerie bis ins späte 17. Jahrhundert beliebt waren. Verbreitet waren auch bereits die moderneren Steinschlosspistolen, bei denen eine Offiziersausführung aber um die 18 Reichstaler kostete.

Die Bolkerstraße um 1640: Ein Hausverkauf


Im Zuge unserer Blogreihe zum diesjährigen Tag der Archive, zeigen wir ihnen hier die ganze Woche Geschichten und Kurioses aus Düsseldorf. Da die meisten die berühmte Bolkerstraße in der Düsseldorfer Altstadt kennen, hier eine kleine Geschichte zu einem Hausverkauf im Jahre 1640, die zeigt dass das Wohnen in Düsseldorf schon zu dieser Zeit mit Kompromissen verbunden war.
Am 1.05.1640 verkaufte Frau Maria Keltterhausen, die Tochter der verstorbenen Eheleute Adolf Keltterhausen, Prokurator am fürstlichen Hofgericht und Adelheid von Brück, den ihr nach dem Tode ihrer Eltern angefallenen Anteil von Haus und Hof „uf der Bollickerstrasse“, angrenzend beiderseits an die Erben von Dr. Wilhelm Pabst und Joh. Knefelius, Pastor zu Elberfeld, bzw. an dessen Kinder von Anna Keltterhaus, vorn auf die Bolkerstrasse und hinten auf Erbe von Stoffel Reide anstoßend, ihrem Schwager bzw. ihrer Schwester Henrich
Lanzetz und Cathrine Keltterhaus, für 500 Düsseldorfer Taler zu je 52 Albus. Die Ankäufer übernahmen zudem auch eine Schuld von damals 100 Talern, die Maria ihrer Schwester Anna Knefelius bzw. deren Kindern schuldete. Als Verkäuferin behielt sie weiterhin das Wohn- und Unterhaltsrecht in ihrem Hause. Das kuriose an der Geschichte, so heißt es in den Schreiben weiter: Falls sie sich mit Schwager und Schwester nicht vertrage sollte, so solle ihr einfach die hinterste Kammer zu ebener Erde zugesprochen werden, in der sie dann eine Herdstätte, sowie einige kleine Ställchen einrichten könne.

Bestand AEKiR 4KG 005 Düsseldorf, 283
Bestand AEKiR 4KG 005 Düsseldorf, 283
Bolkerstraße in Düsseldorf um 1970 aus : AEKR 8SL046 (Bildarchiv), BRD_1970_2142

Düsseldorfer Tag der Archive 2022

Übermorgen ist es wieder so weit: Der bundesweite Tag der Archive 2022 startet unter dem großzügig gefassten Motto „Fakten, Geschichte, Kurioses“. Die Düsseldorfer Archive machen daraus traditionsgemäß eher eine Woche der Archive mit zahlreichen Programmpunkten vom 5.-11. März. Pandemiebedingt liegt der Schwerpunkt auf digitalen Angeboten, es finden aber auch wieder klassische Archivführungen statt. Das vollständige Programm für Düsseldorf finden Sie hier.

Im Archivblog werden wir ab kommenden Montag täglich etwas aus dem reichen Panoptikum des Archivs der Ev. Kirchengemeinde Düsseldorf vorstellen. Dieser Bestand mit zahlreichen Akten und Amtsbüchern des 17.-18. Jahrhunderts hat die Kriegszerstörungen 1943 weitgehend unbeschadet überstanden und bietet etwa mit seinen Häuserakten zu Grundstücken in der Altstadt eine wichtige lokalgeschichtliche Ergänzung zu den Beständen des Stadtarchivs.

Kirchenzeugnisse als Quellengattung

Die junge Mademoiselle, die 1792 vom südholländischen Leiden nach Düsseldorf zieht, bringt an den Rhein eine Art kirchliches Führungszeugnis mit: Darin bescheinigen ihr die Vorsteher der wallonischen Gemeinde zu Leiden, sie habe fleißig an den Gottesdiensten und am Abendmahl teilgenommen sowie ehrsam und ohne Anstoß zu erregen („sans scandale qui nous soit connu“) in der Gemeinde gelebt. Sie sei nun der Gnade Gottes und der Gemeinschaft ihrer neuen Glaubensgeschwister in der reformierten Kirchengemeinde Düsseldorf anempfohlen.

Bestätigung und Empfehlungsschreiben, Ausweisung der Kirchenzugehörigkeit aus Bestand: AEKR 4KG 005(Evangelische Kirchengemeinde Düsseldorf), 17

Solche Kirchenzeugnisse wurden seit dem späten 16. Jahrhundert ausgestellt. Ältestes Beispiel in unserem Archiv ist ein Zeugnis von 1583 aus dem limburgischen Sittard, das damals zum Herzogtum Jülich gehörte. Es wurde beim Umzug nach Aachen vorgezeigt und in der Registratur der Kirchengemeinde verwahrt. Diese bislang wenig untersuchte Quellengattung bietet eine Fülle an Auswertungsmöglichkeiten.

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Neues Findbuch zum Bestand der Landeskirchenmusikschule jetzt online!

Schüler der Landeskirchenmusikschule in Düsseldorf, Fotograf: Hans Lachmann, Bestand: AEKR, 2LR 007

Auf der Website des Archivs lässt sich fortan das Findbuch zum Bestand 2LR 007 Landeskirchenmusikschule online einsehen.

Die Landeskirchenmusikschule (LKMS) wurde 1949 ins Leben gerufen, um Kirchenmusiker professionell ausbilden zu können. Der Bedarf an qualifizierten Organisten, Chorleitern und Kantoren für den Dienst in evangelischen Gemeinden sollte auch langfristig und vor allem weitgehend selbst gestillt werden. Gab es innerhalb der Rheinischen Kirche vor dem Krieg ca. 25 hauptamtliche Stellen für Kirchenmusiker, so stieg die Anzahl der Stellen bis in die 1970er Jahre an die 300 an!

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