Über Andrea Rönz

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„pauvre und ohnvermögent“: Die Lebensumstände der Fischbacher Schulmeister zu Beginn des 18. Jahrhunderts

In vergangenen Jahrhunderten fristete der Lehrer auf dem Land, das viel belächelte oder gar verspottete „arme Dorfschulmeisterlein“, häufig ein bemitleidenswertes Dasein. Selbst nur unzureichend ausgebildet, wurde er für einen Hungerlohn angestellt und musste meist neben dem Schul- auch den Küsterdienst versehen. So auch in Fischbach an der Nahe, wie eine Schulakte im Archiv der dortigen Evangelischen Gemeinde zeigt. Darin enthaltene Schriftstücke aus dem 18. Jahrhundert sind ein beredtes Beispiel für die prekären Lebensumstände einer schlecht angesehenen Lehrerschaft.

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 052B (Fischbach) Az. 34 (16.2.1718)

Im ältesten Dokument von Februar 1718 (siehe hier rechts) beschwert sich der „Bürgermeister zu Fischbach nahmens der dortigen Gemeinde“ beim Konsistorium, dass der Schulmeister als Küster „von jeder Hochzeit, Kindtauffe und Leiche 1 Maaß Wein und 1 Wecke, entweder in natura oder mit Gelde bezahlt, fordere, so Ihnen bei jetzigen theuren Wein zu schwer fallen wolle. Zweytens, daß ob ihm schon bei seinem Antritt nur 20 Simmer Korn aus der Gemeinde zu geben versprochen worden, er 3 Malter verlange, so ihm auch bis daher geliefert werden müssten. Drittens, daß sie ihre Kinder, wann sie schon in der Schule das nöthige gelernet und begriffen, doch bis sie zum Gebrauch des Hl. Abendmahls gelassen werden können, entweder zur Schule schicken, oder doch den Schullohn dafür zahlen müssten. Viertens, daß der Schulmeister den Klingelbeutel in der Kirche nicht, wie doch ander Orten gebräuchlich, tragen wollte, und sie deswegen einen anderen lohnen müssten.“

Das Konsistorium allerdings befand nach Vernehmung des Lehrers und Prüfung seines Vokationsbriefes, dass dessen Ansprüche gerechtfertigt seien und ihm sein ohnehin nur mageres Einkommen seitens der Gemeinde gewährt werden müsse. Lediglich die Schulkinder sollten, sobald sie genug gelernt hatten, nicht mehr allzu lange in die Schule „gezwungen werden, zumahlen, wenn die Eltern, wie auf dem Lande gemeiniglich geschiehet, die etwas erwachsenen Kinder zur Feldarbeit mit gebrauchen müssen.“

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„…davon seynd die acta meine Zeugen…“: Dokumente zum Baumholderer Kirchenbau

Den größten und wichtigsten zusammenhängenden Bestand des kürzlich neu verzeichneten Archivs der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder bilden die Akten zum Baumholderer Kirchenbau. Anhand von umfangreichen Konvoluten aus dem Zeitraum von 1666 bis 1782 mit Schriftverkehr u.a. zwischen der fürstlichen Regierung, dem Oberamt Lichtenberg, der Geistlichen Güterverwaltung, der Rentkammer, der Kirchengemeinde Baumholder, Zehnt- und Lehnsherren sowie dem Kirchenschaffner lassen sich Vorgeschichte, Rechtsgrundlagen, Finanzierung, Grundsteinlegung und Einweihung der Kirche minutiös nachverfolgen. Bittschriften, Stellungnahmen, Prüfungen oder Besichtigungsprotokolle zeigen, wie die Notwendigkeit einer großen Reparatur oder eines Neubaus über viele Jahre immer dringender wurde. Alle Entscheidungsprozesse vom Abriss der alten Kirche bis zur Fertigstellung des neuen Gotteshauses werden lückenlos dokumentiert, ebenso daraus resultierende Rechtsstreitigkeiten. Sahnehäubchen der Überlieferung ist ein separates Findbuch zu diesen Akten mit ausführlicher Einzelblattverzeichnung (s.u.).

Ebenfalls sehr gut – auch fotografisch – dokumentiert ist die mehrfache Umgestaltung des Innenraums der Kirche im vergangenen Jahrhundert. Die älteste Innenaufnahme zeigt die Kirche entsprechend dem Grundriss von 1748, noch ohne die spätere rundlaufende Empore und mit der 1879 eingebauten Stumm-Orgel im Originalzustand. Das Dach der Kirche war ursprünglich zum Getreidespeicher ausgebaut worden, dessen Last mächtige Säulen im Innenraum trugen. Bei der Einweihung der Kirche 1750 wurde denn auch bemängelt, „daß der Baumholderer Kirchbau mehr zu räumlichen Fruchtspeichern als zu einer Kirche eingerichtet worden, in dem nicht allein […] diese mit 10 hölzernen Pfosten, aller Gewohnheit und dem Endzweck der Kirche zuwider, versperrt und verstellt, sondern auch das Gespärre zu drei übereinander liegenden Speichern eingerichtet wurde, sodaß man von mehr als der Hälfte der Plätze aus den Pfarrer nur hören, aber nicht sehen kann.“

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Neue Online-Findbücher: Kirchengemeinden Bärweiler-Lauschied, Burgsponheim, Ebersgöns und Emmelshausen-Pfalzfeld

Ebersgönser Kirchenbaurechnung von 1706; aus Bestand: 4KG 034B (Ebersgöns) Nr. 38

Vier weitere Findbücher von Beständen der Evangelischen Archivstelle Boppard wurden retrokonvertiert und sind auf der Website des Archivs und im Portal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ verfügbar:

Das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Bärweiler-Lauschied umfasst den Zeitraum von 1628-1958. Da das Pfarrhaus jedoch 1686 durch einen Brand zerstört wurde, enthält der Bestand nur noch ein Schriftstück des 17. Jahrhunderts (Brief-Fragment von 1628) und nur wenige des 18. Jahrhunderts, ausschließlich das Rechnungswesen betreffend. Die Dokumente sind zum Teil durch Wasserschaden beeinträchtigt.

Das Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Burgsponheim stammt abgesehen von einigen wenigen Blättern, die bis 1725 zurückgehen, aus der Zeit der rheinischen Provinzialkirche. Das neuere Schriftgut reicht bis 1960. Nachlässige Aktenführung und längere Vakanzen haben zu empfindlichen Verlusten des ohnehin nicht besonders umfangreichen Archivs geführt.

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Soldatenporträts des Ersten Weltkriegs im Archiv der Kirchengemeinde Baumholder

Listen mit Namen von gefallenen Weltkriegssoldaten sind trauriger Bestandteil vieler Gemeindearchive. Auch im Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder finden sich mehrere Tafeln mit den Namen von 117 Gefallenen des Ersten Weltkriegs, deren Todesdatum, -ort und -ursache sowie des Datums der jeweiligen Gedächtnisfeier. Ungewöhnlich hingegen ist ein großformatiges, aufwändig mit geprägtem Ledereinband, verzierter Schließe und Goldschnitt gestaltetes Fotoalbum mit den Porträts von 63 Soldaten der Jahre 1914-1918 aus Baumholder und den Dörfern der Umgebung, das den Kriegsteilnehmern ein Gesicht gibt.

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 139B (Baumholder)

Die fast ausschließlich in Ateliers entstandenen Porträts folgen dem traditionellen Schema der Soldatenfotografie: Die Männer unterschiedlichen Alters, zum Teil fast noch jungenhaft, in Uniform werden überwiegend in Dreiviertelfigur dargestellt, sie stehen stramm aufrecht, die rechte Hand ist meist auf ein Tischchen oder einen Stuhl gelegt. Abhängig von Rang und Status trägt der Soldat in der anderen Hand Handschuhe oder hat einen Offizierssäbel umgeschnallt. Das Gewehr, sofern vorhanden, wird senkrecht an der rechten Körperseite gehalten. Ganz individuell hingegen sind die Gesichtsausdrücke der Männer: Einige geben sich selbstbewusst und entschlossen, die meisten aber wirken ernst, einige können ihren Unwillen kaum verbergen und manchen steht sogar die Angst vor dem Bevorstehenden unübersehbar ins Gesicht geschrieben.

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Grundsteinlegung in Baumholder, 1748

Abschrift der Inschriftentafel, mit der die Zeitkapsel des Grundsteins verschlossen wurde; aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 139B (Baumholder), Schriftverkehr der Inspektoren des Oberamts Lichtenberg 1714-1761, fol. 168a

Großes Spektakel am 14. Mai 1748 in Baumholder: Man schritt zur Grundsteinlegung der neuen Kirche. Der Neubau des Kirchenschiffs war unvermeidlich geworden, da das Gebäude trotz umfangreicher Reparaturen in den Jahrzehnten zuvor „außer dem Chor ganz baufällig“ und „das gehöltz am Dachwerck und gebälk […] theils gänzlich faul [ist], da hero mann in der furcht stehen muß, daß solche durch starcke windt, welche ohne dem daselbsten heftig wehen, endlich gar zusammen gerißen werden dörfte“, wie 1740 der Kirchenschaffner berichtete. Auch wurde die Zahl der Gottesdienstbesucher immer geringer, da man in dem alten, ruinösen Bau „sein Leben wagen und befürchten muss“. Dennoch dauerte es bis zum Baubeginn noch acht Jahre. Einer der Hauptgründe dafür waren Interessenkonflikte betreffend das Simultaneum, denn die Baumholderer Kirche nutzten mit Reformierten, Lutheranern und Katholiken gleich drei Konfessionen. Wie schwierig deren Nebeneinander trotz streng reglementierter Gottesdienststunden war, zeigt eine geplante Scheidemauer im Neubau der Kirche, die den protestantischen vom katholischen Bereich trennen sollte. Die Reformierten sprachen sich vehement gegen diese Baumaßnahme aus, da sie befürchteten, andernfalls ihren Anspruch auf die gesamte Kirche zu verlieren. Doch nun also endlich die Grundsteinlegung! Im Archiv der Kirchengemeinde ist dazu ein ausführlicher Bericht überliefert:

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Neue Online-Findbücher: Kirchengemeinden Niederlinxweiler, Wolfersweiler, Ellern-Mörschbach, Jeckenbach und Löllbach

Neu auf der Website des Archivs und im Portal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ sind fünf Online-Findbücher von Beständen der Evangelischen Archivstelle Boppard. Es handelt sich um Archive von Evangelischen Kirchengemeinden im Saarland, auf dem Hunsrück und im Nordpfälzer Bergland, deren Findbücher zum Teil retrokonvertiert, zum Teil neu erstellt wurden:

Erste Sammlung der „Wolffersweiler Kirchen-Acten“, 1601-1731; aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 044B (Wolfersweiler) Nr. 1

Das Archiv der saarländischen Kirchengemeinde Niederlinxweiler enthält fast ausschließlich Akten des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts; ins 18. Jahrhundert zurück reichen lediglich einige wenige Vermögensunterlagen.

Das Archiv der ebenfalls im Saarland liegenden Kirchengemeinde Wolfersweiler, hingegen reicht bis 1600 zurück, ein Dokument stammt sogar aus dem Jahr 1586, allerdings in einer Abschrift von 1778. In dem sehr tief erschlossenen Bestand ist vor allem auf die ausgesprochen dichte Überlieferung zu Schulen, Kirche und Pfarrhaus zu verweisen.

Ebenfalls im frühen 17. Jahrhundert setzt die schriftliche Überlieferung der auf dem Hunsrück angesiedelten Kirchengemeinde Ellern-Mörschbach ein. Das Gemeindearchiv ist allerdings in Teilen lückenhaft. So war es beispielsweise nicht möglich, Personalakten der Pfarrer zu bilden, da die Unterlagen zu dürftig bzw. überhaupt nicht vorhanden waren. Auch das Rechnungswesen weist einige Fehlstellen auf. 2021 wurde der bis 1968 laufende Bestand um die Abkündigungsbücher der Jahre 1979-2014 ergänzt.

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Der frühe Tod des Hundsbacher Pfarrers Johann Adam Lucae 1626

Das Leben eines Landpfarrers war bekanntlich noch bis in die jüngere Zeit oft hart und entbehrungsreich. Für Gottesdienste und Amtshandlungen in abgelegenen Orten mit weit verstreuten Gehöften waren stundenlange Fußmärsche über schlechte Wege an der Tagesordnung und so mancher Geistliche hat sich damit seine Gesundheit ruiniert. Der junge Hundsbacher Pfarrer Johann Adam Lucae bezahlte seinen Dienst im rauhen Pfälzer Bergland an der Grenze zum Hunsrück 1626 sogar mit dem Leben. Aus einem noch nach dem julianischen Kalender auf den 18. Februar des Jahres datierten Bericht der Amtsleute von Meisenheim an Pfalzgraf Johann II. erfahren wir die genauen Todesumstände: Am 16. Februar (julianisch) 1626 war Lucae, Anfang 30 und erst seit zwei Jahren Pfarrer in Hundsbach, „von einem seiner Pfarrkinder, Simon Ginzweillern, zu Jeckenbach […] erfordert worden, ein Kindt zu tauffen.“ Der Pfarrer machte sich also über tief verschneite Wege in den gut fünf Kilometer entfernten Nachbarort auf und verrichtete sein Amt. Nach der Taufe blieb man im Haus der Familie mit den Nachbarn noch zusammen, da der Vater des Kindes „ein Drunck zum besten“ gab. Kredenzt wurde Birnenwein der letztjährigen Ernte und auch „feiner Wein“, jedoch „mehr nit als ein einzig Maß“, wie der Hausherr bei der Untersuchung des Unglücksfalls später betonte. Bei seinem Aufbruch „ein Stundt vor der Nacht“ wäre der Pfarrer jedenfalls „bei ziemblichen guten Verstandt gewesen“. Das bestätigte auch ein Hirte, mit dem der junge Geistliche unterwegs noch sprach. Lucae hatte es jedoch eilig, denn er war besorgt, „es möchte ihm etwas durch das Kriegsvolck“ – es ist die Zeit des 30-jährigen Krieges – , „so den selbigen Tags uffbrechen sollen, in seiner Haushaltung Schaden zugefugt werden.“

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 134B, Nr. 61
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