Bereits mit Datum vom 29. April 1768 hatte Carl, Fürst zu Nassau, Graf zu Saarbrücken und Saarwerden, Herr zu Lahr, Wißbaden und Idstein etc. verordnet, in welchem beschränkten Rahmen seine Untertanen Hochzeiten, Kindstaufen und Begräbnisse begehen dürfen:
Zur Hochzeit, bei der „durchaus Zucht und Ehrbarkeit beobachtet“ werden solle, dürften „nicht mehr als „höchstens 12 Gäste, ausschließlich der im Hochzeit-Hauß befindlichen Familie“ geladen werden. „Kein Ueberfluß in Essen und Trincken“; „es mag Music und ehrbarer Tanz […] Abends um Zehen Uhr völlig aufgehoben und geendet werden“; „Auch soll von den Gästen […] kein Geschenk […] angenommen werden. Bei Taufen seien weder ein Frühstück vor dem Kirchgang noch eine Mahlzeit in dem „Kindbetter-Haus“ nach der Taufe erlaubt. Leichen dürften nicht in kostbarer Einkleidung, sondern nur im Totenhemd begraben werden, Särge nur aus Tannenholz hergestellt, ohne kostbare Beschläge. „Alle Trost-Weine und Leichen-Schmäuße sind hiermit, bey Zehen Gulden Strafe verbotten.“ Auch das Trauern wurde geregelt, genau genommen geht es um die Frage, wie lange und welche Trauerkleidung getragen werden dürfe.
Neun Jahre später, mit Verordnung vom 9. November 1777, konnte Ludwig, Fürst zu Nassau etc., die Ausschweifungen seiner Untertanen bei Trunk, Karten- und Würfelspielen und Tanz nicht länger billigen; dabei sei doch alles „vorhin schon“ geregelt worden:
„Von Gottes Gnaden Wir, Ludwig, Fürst zu Nassau […] Fügen hiermit zu wissen: Daß ob zwar , um allen Lastern, Ausschweifungen und Unordnungen, besonders aber jenen der Trunkenheit, des Karten oder Würfelspielens, und des Tanzens, zu steuren, hingegen Zucht, Ehrbarkeit und Ordnung, zu befördern, vorhin schon, mehrere Verordnungen und Verfügungen, nach und nach in Unsere Fürstliche Lande ergangen sind, dieser christlöbliche Endzweck bisher gleichwohl, leider! gänzlich nicht hat erreichet werden können.“
„So viel zuvorderst das Laster der Trunckenheit betrift:“ Übermäßiges Trinken sei bei Strafe verboten, ebenso das Verleiten zum Zechen, den Wirten der Ausschank von Alkohol nach zehn Uhr, sowie an bereits Betrunkene jederzeit. „Berüchtigte Trunckenbolde, [die] nicht nur das Ihrige, durch die Gurgel jagen, sondern auch Schulden machen, und noch darzu, ihrer Weiber und Kinder Vermögen angreifen, und ebenfalls durchbringen,“ könnten nach den im Text vorher genannten (Geld-)Strafen nun zusätzlich mit Einzug des Vermögen, Vormund, Gefängnis oder Landesverweisung bestraft werden.
Das Karten- und Würfel-Spielen sei ja „schon mehrmalen […] ernstlich gnädigst untersaget worden.“ Es entstünden dabei aber „nicht selten, allerley Excesse.“ Daher dürfe kein Wirt diese Spiele in seinem Wirtshause gestatten, „um oder ohne Geld.“ Spieler, Zäncker und Schimpfer müsse er abmahnen, andernfalls die Wache rufen. Sonst drohten auch dem Wirt mindestens fünf Gulden Strafe.
Zur Einschränkung des „Music-Haltens und Tanzens [habe es] vorhin schon, mehrere gute Verordnungen und Verfügungen“ gegeben, die aber „zeither, gebührend nicht, durchgehends nachgelebet worden.“ Es wird geregelt, dass Tanz und Musik an Sonntagen, kirchlichen Fest- und Fastenzeiten nicht erlaubt, an „Kirchweyh-Festen und Hochzeiten, die gantze Nacht hindurch [!], an Marckt-Tägen, und bey anderen Gelegenheiten hingegen, bey Vermeydung fünf Gulden Strafe, nur bis um Mitternacht, getantzet werden mögen.“
Allein schon durch die altertümliche Sprache ist man leicht geneigt, diese Vorschriften zu belächeln. Aber auch inhaltlich klingt für uns heute manche Regelung übertrieben. Jedoch lässt sich der ernste Hintergrund nicht bestreiten: Gerade Trunksucht und Glücksspiel haben zu allen Zeiten Menschen um Gesundheit gebracht und ganze Familien in die Armut gestürzt. Allerdings, oben im Zitat der Einleitung der Verordnung vom 09.11.1777, ist von einem „christlöblichen Endzweck“ der Verordnungen die Rede. Also haben die Einschränkungen einen höheren, religiösen Sinn?