Handakten von Otto Wehr im Bestand Kirchenkreis Saarbrücken

Bericht über eine Kundgebung der Deutschen Christen am 31. Januar 1934 in Saarbrücken, aus Bestand: AEKR Boppard 3MB 017B (Saarbrücken I), Nr. 7

Otto Wehr, Pfarrer der Gemeinde Alt-Saarbrücken, zählt zu den Gründern der Bekennenden Kirche (BK) und war der entscheidende Akteur des Kirchenkampfes im Saargebiet. Er geriet früh in den Blick der Gestapo, weshalb seine Handakten zu den Angelegenheiten der BK aufgrund der Gefahr einer Beschlagnahme versteckt aufbewahrt werden mussten. Die äußerst bedeutsame und sehr persönliche Sammlung wurde seit den 1950er Jahren, ergänzt um die in Ausübung der verschiedenen kreis- und provinzialkirchlichen Ämter Otto Wehrs entstandenen Akten, als Nachtrag des Kirchenkreisbestandes Saarbrücken geführt, der ebenfalls wertvolle Unterlagen zum Kirchenkampf enthält.

Gleichermaßen bedeutsam für die Verhältnisse im Saarland und darüber hinaus in der unmittelbaren Nachkriegszeit bis Ende der 1950er Jahre sind die Handakten von Otto Wehr im Amt des Bevollmächtigten der Evangelischen Kirche im Rheinland für das Saarland, zu dem er Ende 1945 ernannt worden war. Der umfangreiche Bestand enthält zugleich auch den Schriftverkehr des Kirchenkreises Saarbrücken, dessen Superintendent Otto Wehr seit 1946 in Personalunion war.

Die Findbücher der inhaltlich engstens verzahnten Bestände wurden daher kürzlich als drei Teilbestände des Kirchenkreises Saarbrücken unter der gemeinsamen Signatur 3MB 017B zusammengefasst. Durch eine Neuaufnahme der Findbücher sind sie jetzt auch im Portal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ recherchierbar.

Abschluss der Kunstaktion „Rheinische Kirchenköpfe“

Mit dem Lieddichter Joachim Neander hatte 2015 alles begonnen. Nun, sieben Jahre später, ist die vom Archiv der EKiR begleitete Kunst- und Erinnerungsaktion „Rheinische Kirchenköpfe“ aus fünf Jahrhunderten zu ihrem Abschluss gelangt:

Heute wurde das Portrait des im KZ Buchenwald ermordeten Pfarrers Paul Schneider (1897-1939) der Öffentlichkeit vorgestellt. Realisiert hat das Werk die Kölner Streetart-Künstlerin Layla Xing.

Eine antisemitische Denunziation der Deutschen Christen (DC)

„Wie wir erfahren haben, wird bei dem dortigen Gemeindeamt ein Halbjude beschäftigt.“ Diese Denunziation traf am 23. August 1935 bei dem Gemeindeamt der evangelischen Kirchengemeinde Essen-Altstadt ein, adressiert an Pfarrer Karl Siebel als derzeitigem Vorsitzenden des Presbyteriums. Es folgen dann Zitate aus Luthers 1543 publiziertem Gewaltaufruf „Von den Juden und ihren Lügen“. Der Brief schließt mit der gehässigen Empfehlung, diese Schrift im nächsten Essener Pfarrkonvent zu verlesen.

Schreiben der „Deutschen Christen“ Gau Rheinland an den Vorsitzenden der Evangelischen Kirchengemeinde Essen-Altstadt Pfr. Karl Siebel bzgl. Beschäftigungsverhältnis von Heinz Karl Ladwig. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 4 KG 076 (Essen-Altstadt), Nr. 308

Bei dem Absender handelte es sich um den Verwaltungsangestellten Walter Hindrichs, der bis März 1935 in einem evangelischen Gemeindeamt in Wuppertal tätig gewesen war. Nachdem sich die Kirchengemeinde wegen seiner DC-Aktivitäten von ihm getrennt hatte, versah er in Oberhausen die Geschäftsstelle des Gau Rheinland der Deutschen Christen.

Hintergrund ist die am 22. Juli 1935 erfolgte Anstellung des Studenten Heinz Karl Ladwig als Aushilfsstenotypist im Gemeindeamt Essen-Altstadt. Er wurde 1912 geboren als Sohn des evangelischen Kohlensyndikatsbeamten Robert Ladwig und seiner jüdischen Ehefrau Bertha/Betty geb. Ruhr. Nach dem frühen Tod des Vaters 1932 und einer eigenen Erkrankung konnte er sein Bergbaustudium an der TH Aachen seit dem Frühjahr 1935 nicht mehr fortsetzen.

Die Denunziation löste in Essen-Altstadt hektische Aktivitäten aus. Noch am Eingangstag wurde Ladwig dazu genötigt, um seine Entlassung zum 31.8.1935 zu bitten. Dies ermöglichte es der Gemeinde, das DC-Schreiben ohne Gesichtsverlust als „überholt“ abzuheften. Dort haben wir es bei der Bestandsordnung unter dem unauffälligen Aktentitel „Diverse Aushilfskräfte“ entdeckt. Heinz Karl Ladwig erhielt formal korrekt ein Arbeitszeugnis, das ihm „vollste Zufriedenheit“ seines Arbeitsgebers und „tadellose Führung“ bescheinigte.

Wie verlief nun das weitere Schicksal der Familie Ladwig?

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Der rheinische Pfarrer Peter Thielen auf einem Reliefbild der Siegessäule in Berlin

„Wer in Berlin die Siegessäule auf dem Königsplatze betrachtet, der wird auf einem der bronzenen Reliefbilder auch die Gestalt eines evangelischen Geistlichen wahrnehmen, der hervorragend teilgenommen hat an dem Aufbruch des Volks in Waffen. Es ist der nun von Gott heimgerufene Feldpropst Dr. Thielen, welcher dort in Erz und Marmelstein inmitten der gewaltigen Männer einer geharnischten Zeit ein bleibendes Denkmal erhalten hat.“

Zufällig hatte ich diese Seite (11) der „Monatsschrift für christliche Volksbildung“, 5. Jg. 1888, aufgeblättert. Einige Zeilen tiefer in diesem Beitrag fielen mir die Orte Mülheim an der Ruhr und Duisburg ins Auge, so dass ich neugierig wurde. Bereits im dritten Absatz war klar, dass es sich um einen rheinischen Pfarrer handelte. Ein rheinischer Pfarrer ist auf der Siegessäule in Berlin abgebildet? Das fand ich sensationell!

Bronzerelief der Siegessäule in Berlin, „Einzug des siegreichen Heeres“. Der Geistliche in der Mitte ist gut in seinem weiten Talar zu erkennen. Quelle: commons.wikimedia

Peter Thielen wird am 24.10.1806 in Mülheim an der Ruhr als Sohn des Schiffsbaumeisters Hermann Thielen und der Katharine geb. Hülsmann geboren. Nach dem Besuch der Gymnasien in Detmold und Duisburg studiert er in Bonn und Berlin evangelische Theologie. Nach den theologischen Examina 1828 und 1829 wird er 1831 zum Garnisonpfarrer in Wesel berufen. Er wird bereits ein Jahr später als Divisionsprediger bei der 14. Division nach Düsseldorf versetzt.

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Essener Pfarrerrunde anno 1913

Essener-Pfarrerrunde, 1913
Aus Bestand: 4KG 076(Essen-Altstadt)

Eine bei Erschließungsarbeiten zum Bestand der Kirchengemeinde Essen-Altstadt verzeichnete Fotografie verdient eine genauere Betrachtung. Es handelt sich um eine Aufnahme, welche zum Abschied des Superintendenten Karl Viktor Klingemann 1913 erstellt wurde. Karl Klingemann war der erste Superintendent des Kirchenkreises Essen, welcher sich aus der Ruhrsynode am 1.10.1900 abzweigte. Folgend war Klingemann bis 1928 rheinischer Generalsuperintendent.

Die beschriftete Rückseite der Fotografie, als auch im Bestand vorhandene Portraitaufnahmen, erlaubten eine vollständige namentliche Erschließung des Bilddokuments. Allesamt Pfarrer des Kirchenkreises Essen.

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Findbuch zum neuverzeichneten Nachlass von Paul Schneider ist jetzt online

Schneider. Paul, Pfarrer. Foto aus dem Besitz von: Evamarie Vorster

Am 29. August jährt sich der Geburtstag von Pfarrer Paul Schneider zu 125. Mal. Dieses Jubiläum haben wir uns zum Anlass genommen, um seinen Nachlass, der bisher nur sehr flach verzeichnet war, noch einmal gründlich zu überarbeiten. Entstanden ist dabei ein 88 Nummern umfassendes Findbuch, das erstmals auch das umfangreiche Material zur Wirkungsgeschichte Paul Schneiders beinhaltet.

Er gilt als der erste Märtyrer der Bekennenden Kirche im Konflikt mit dem NS-Staat und nahm dadurch schon früh eine identitätsstiftende Stellung in der Evangelischen Kirche im Rheinland ein. Dementsprechend wertvoll ist sein Nachlass.

Der Bestand ist kein Nachlass im klassischen Sinne. So enthält er, abgesehen von den Korrespondenzserien, nur wenige persönliche Unterlagen. Dafür sind die besagten Korrespondenzserien aber umso wertvoller und aussagekräftiger! Sie sind eine absolut zentrale Quelle der Paul Schneider-Forschung. Viele wissenschaftliche Arbeiten, die den Versuch unternehmen, sich der Lebens- und Glaubenswelt Paul Schneiders anzunähern, haben den Zugang über ebenjene Texte gesucht.

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Prinzessin Anne besucht 1970 die Diakonie in Kaiserswerth

Das englische Königshaus ist in Deutschland sehr beliebt. Millionen Menschen sitzen bei den großen Feierlichkeiten vor dem Fernsehen. Der Besuch der englischen Königin Elisabeth II. 1965 in Deutschland war ein solches Ereignis, auch vor kurzem das 70-jährige Thronjubiläum. Großes Aufsehen in Düsseldorf und besonders in Kaiserswerth erregte der Besuch der englischen Prinzessin Anne vor fast genau 52 Jahren, am 26. Juni 1970. Anne war eingeladen worden, um die Grundsteinlegung und die Namensgebung des „Diakoniekrankenhaus Kaiserswerth Florence Nightingale“ zu vollziehen.

Wie es zu diesem Kontakt kam, wissen wir nicht. Aber wir verfügen über die Bilder des Fotografen Hans Lachmann und einen Bericht in dem Heft „Kaiserswerther Mitteilungen„, Nr. 3, August 1970, das das Diakoniewerk herausgegeben hat.

Prinzessin Anne aus England beim Verlassen des Kinderkrankenhauses in Düsseldorf, 26.06.1970, Fotograf: Hans Lachmann Schachtel: 388 Signatur: AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 7_004405

Prinzessin Anne war um 11.35 Uhr auf dem Düsseldorfer Flughafen gelandet und hatte sich zunächst im Rathaus in das Goldene Buch der Stadt eingetragen. Bei der Begrüßung hatte sie von zwei Schwesternschülerinnen einen bunten Wickenstrauß erhalten, den sie oben auf der Abbildung in der Hand hält. Rechts neben Anne ist der theologische Vorstand des Diakoniewerks, Pfarrer Dr. Ferdinand Schlingensiepen abgebildet. Dieser hatte keine Probleme bei der Konversation mit Anne, da er in Edinburgh studiert und promoviert hatte und von 1955-1959 Pfarrer der deutschen evangelischen Gemeinde in Bradford gewesen ist.

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