Kirchenvisitationsprotokolle des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken

Kirchenvisitationsprotokolle des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken, Bd. 1, 1538-1555, Hg. Bernhard H. Bonkhoff, ISBN 978-3-930250-52-3

Der Titel klingt zunächst recht trocken, in den Berichten der strengen Visitatoren geht es aber um das pralle Leben in den Pfarreien der Oberämter des Herzogtums. Wie liefen dort Predigt, Untericht, Seelsorge und Sittenzucht vor knapp 500 Jahren ab? Vorigen Freitag ist hierzu auf der Burg Lichtenberg bei Kusel Band 39 der Schriftenreihe des Archivs der EKiR der Öffentlichkeit vorgestellt worden.

Der erste Band dieser auf drei Teile konzipierten Edition behandelt den Zeitraum 1538-1555. Als Herausgeber konnte mit Bernhard H. Bonkhoff einer der besten Kenner der pfälzischen Kirchengeschichte gewonnen werden. Mit der Publikation dieses Bandes ist es gelungen, nach über 25 Jahren ein Forschungsprojekt zum Abschluss zu bringen, an dem Vertreter der pfälzischen und rheinischen Landeskirchen beteiligt waren. Der Band ist zum Preis von 19,80 € im Buchhandel oder beim Archiv der EKiR erhältlich.

Heute vor 75 Jahren: Die Zerstörung des Provinzialkirchlichen Archivs in Bonn

Provinzialkirchenarchiv in Bonn, vorderer Archivraum, um 1935, Aufnahme: Kugler, AEKR 8SL046 (Bildarchiv), 28_00005

Der Dies ater in der mittlerweile 166-jährigen Geschichte unseres Archivs ist der 18. Oktober 1944: An jenem Tag verloren bei dem schweren Luftangriff auf Bonn mehr als 300 Menschen ihr Leben. Auch das Archivgebäude in der Hofgartenstraße 7 wurde völlig zerstört. Wie war das Archiv aber überhaupt nach Bonn gekommen? Welche Überlieferungsverluste sind eingetreten? Und vor allem: Hätte sich das Archiv nicht besser vorbereiten müssen?

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April Challenge #Archive30 – Tag 26: Object

Porzellantasse als Geschenk für Pfarrer Denhard

Geschenktasse der Gemeinde Stolberg für Pfarrer Denhard zum Dank für seinen Verbleib in der Gemeinde, 1791; aus Bestand: AEKR Düsseldorf, 8SL 063 (Sammlung Denhard), Nr. 14

Diese wunderschöne filigrane Porzellantasse erhielt Pfarrer Wilhelm Valentin Denhard von der Gemeinde Stolberg, nachdem er sich entschieden hatte, die Berufung an die Hochdeutsche Gemeinde in Amsterdam nicht anzunehmen und Stolberg treu zu bleiben. Eine Familienlegende besagt, sie sei außerdem mit Golddukaten gefüllt gewesen. Mehr zu diesem Fall von Pfarramts-Poker lesen Sie in diesem älteren Beitrag aus dem Jahr 2015.

Karl August Groos (1789-1861) – Ein Pfarrerleben in Zeiten des Umbruchs

Karl Groos als Konsistorialrat (Quelle: Jubilate! Denkschrift zur Jahrhundertfeier der evangelischen Gemeinde Coblenz, 1903, S. 93. Bei der Namensschreibung „Groß“ handelt es sich um einen Irrtum)

Zum 230. Mal jährt sich heute die Geburt eines Mannes, der als Pfarrer in der Geschichte der rheinischen Kirche weitestgehend vergessen ist und allenfalls noch als Vertoner des bekannten Gedichts von Max von Schenkendorf „Freiheit die ich meine“ gelegentlich Erwähnung findet: Karl August Groos. Die Biographie dieses Theologen, der als junger Mann in den Befreiungskriegen gegen Napoleon mitkämpfte und sein Leben schließlich als Konsistorialrat in der Kirchenverwaltung der Rheinprovinz beschloss, war in vielerlei Hinsicht typisch für die evangelischen Pfarrer seiner Generation. Es lohnt sich deshalb, seinen Werdegang, der über Jahrzehnte hinweg eng mit der Geschichte des rheinischen Protestantismus in den ersten zwei Dritteln des 19. Jahrhunderts verbunden war, in den wesentlichen Zügen nachzuzeichnen.

Wittgensteiner Wurzeln

Karl Groos war kein Rheinländer, sondern ein Sohn des Wittgensteiner Landes. Am 16. Februar 1789 in Saßmannshausen bei Laasphe geboren, entstammte er einer alteingesessenen und weitverzweigten Familie, die über Generationen hinweg viele Staatsbeamte, Ärzte und Theologen hervorgebracht hatte. Schon sein Urgroßvater und sein Großvater waren Pfarrer gewesen, ebenso ein Großonkel, zwei Onkel und ein Vetter. Andere Mitglieder der Familie Groos hatten der kleinen Grafschaft Wittgenstein und später dem preußischen Staat als Hüttenverwalter und höhere Verwaltungsbeamte gedient. Karls  jüngerer Vetter Wilhelm Groos brachte es zum Landrat des Kreises Wittgenstein; Wilhelms Brüder Emil und Eduard Groos wurden angesehene Mediziner mit dem Titel eines fürstlichen Hofrats und Ehrenbürger von Laasphe.

Die politische Sozialisation des jungen Karl Groos stand ganz im Zeichen des gesellschaftlichen Umbruchs, den die Französische Revolution, die in seinem Geburtsjahr 1789 ausgebrochen war, in ganz Europa ausgelöst hatte. Als der 17jährige Groos im Jahr 1806 das Theologiestudium in Marburg aufnahm, hatte seine Wittgensteiner Heimat soeben aufgrund der Rheinbundakte vom 12. Juli ihre Reichsunmittelbarkeit verloren. Wenige Wochen später hörte das Heilige Römische Reich Deutscher Nation auf zu existieren, und im Oktober desselben Jahres wurde die preußische Armee bei Jena und Auerstedt von den Truppen Napoleons vernichtend geschlagen. All diese Ereignisse – das Ende der deutschen Kleinstaaterei, die Auflösung des Alten Reichs und die von vielen Zeitgenossen als nationale Schmach empfundene Niederlage gegen die Franzosen – dürfte den jungen Karl Groos zutiefst geprägt haben. Auch seine studentische Tätigkeit als Erzieher in der Familie des 17 Jahre älteren Reichsgrafen Christian Detlev Karl zu Rantzau, eines aufgeklärten Geistes, der 1793 in der Deutschen Monatsschrift den Essay „Über die Nationalgleichgültigkeit der Deutschen gegen öffentliche Denkmäler“ publiziert hatte, brachte ihn in Kontakt mit der frühen Nationalbewegung. Die Söhne Heinrich und Ernst zu Rantzau begleitete er nach Genf und Berlin und trat 1813 mit dem damals 17jährigen Heinrich als Freiwilliger ins preußische Garde-Jäger-Bataillon ein, das eine wichtige Rolle in den Befreiungskriegen 1813/14 spielte.

Freiheit die ich meine

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Fröhliche Weihnachten wie in 1852

Wir wünschen allen fröhliche Weihnachten und verabschieden uns bis zum 04.01.2019 in die Weihnachtspause

Pfarrerfamilie Garschagen 1852

Familie Garschagen vor dem Weihnachtsbaum und einem Tisch mit Geschenken, um Weihnachten 1852, v.l.n.r.: Friedrich Wilhelm, Christiane Wilhelmine, Peter Karl, Lebrecht (Pfarrer), Julius (Pfarrer), Wilhelmine, Peter Carl, Richard; Bestand: AEKR 7NL 142 (Pfarrerfamilie Garschagen), Nr. 49

Sicherlich war auch das Weihnachtsfest der Pfarrerfamilie Garschagen fröhlicher und ausgelassener, als das Foto aus dem Jahr 1852 vermuten lässt. Man muss ihr wohl zu Gute halten, dass Fotografie damals eine seltene und ernste Angelegeheit war. Immerhin standen sich die Familienmitglieder recht nah. Die Brüder und späteren Pfarrer Leberecht und Julius, links und rechts neben dem Weihnachtsbaum, studierten sogar zeitweise gemeinsam. Umfangreiche Familienkorrespondenz und weitere Fotografien finden sich im Familiennachlass bei uns im Archiv.

In diesem Sinne: Feiern Sie ausgelassen und genießen Sie die Feiertage mit ihren Lieben!

Erfolgreiches Fundraising im 17. Jahrhundert

Pfarrer Johannes Eraßmus Blum, †8. März 1683, Erbauer der Vogelsangkirche Stolberg und Ronde Lutherse Kerk, AEKR Archivbibliothek Sign. OS 21 006 S. 19

Körpersprache-Gurus hätten gewiss ihre Freude an der Interpretation dieses Kupferstichs. Bei diesem selbstbewussten eleganten Herrn handelt es sich um den lutherischen Pfarrer Johannes Erasmus Blum (1624-1683). 1647 hatte er die Stelle in der kleinen Gemeinde Stolberg bei Aachen angetreten. Um deren Kirchenbau zu finanzieren, begab sich der junge Geistliche auf mehrjährige Kollektenreisen durch ganz Deutschland. Ihre Stationen und Ergebnisse sind in den beiden erhaltenen Kollektenbüchern im Archiv der EKiR genau dokumentiert.

Nunmehr profiliert und bekannt geworden, wurde Blum 1655 zum Prediger der lutherischen Gemeinde zu Amsterdam berufen. Dort entstand auch 1674 sein Portrait. In Amsterdam veröffentlichte er noch mehrere Bücher, hatte aber auch manche Kontroversen zu bestehen. Für den Bau der Ronde Kerk am Amsterdamer Singel unternahm er wiederum Kollektenreisen nach Hamburg, Lübeck und Lüneburg. Weiterlesen

La Rochelle, belle et rebelle: Reformierte Netzwerke zwischen Aachen und La Rochelle im 17. Jahrhundert

Siège de la Rochelle, aus Bestand: AEKR 7NL015 (Nachlass J. F. Goeters), Nr. 863

Das Archiv der EKiR verwahrt eine Sammlung von sechs Briefen, die zwischen Dezember 1657 und Oktober 1658 in der französischen Hafenstadt La Rochelle geschrieben wurden. Ihr Verfasser war der aus einer wohlhabenden reformierten Aachener Familie stammende Daniel Römer (1629-1686). Wie schon sein Vater reüssierte er im Bankgeschäft. Adressat war sein Schwager Dr. Georg Ulrich Wenning (1615-1696), reformierter Pfarrer in Aachen und Vaals.

Wenning verfügte über ausgezeichnete Beziehungen in die Niederlande und hatte 1648 bei den Friedensverhandlungen in Münster und Osnabrück als diplomatischer Emissär Aachens gewirkt. 1652 hatte er Römers Schwester Katharina geheiratet. Weiterlesen