Klein aber fein: Mini-Kirchenbuch im Bestand der Kirchengemeinde Kleve

Taufbuch der Ref. Kirchengemeinde Cleve 1811-1822. Aus Bestand 4KG 013 Kleve

Klein aber fein! Diese Beschreibung trifft wohl am ehesten auf das Taufbuch der Reformierten Gemeinde Kleve von 1811 zu. Gerade mal 16 Zentimeter in der Höhe und 10 Zentimeter in der Breite misst es und hat damit absoluten Seltenheitswert. Es ist auch im Bestand selbst die Ausnahme: die übrigen Amtsbücher aus Kleve haben, wie üblich, mindestens Folio-Format.

Taufbuch der Ref. Kirchengemeinde Cleve 1811-1822. Aus Bestand 4KG 013 Kleve

In sehr feiner Schrift hat Pfarrer Adolf von Essen auf 37 Seiten die von ihm Getauften aus seinen immerhin 11 Jahren in Kleve notiert, insgesamt 72 Personen. Die Einträge sind dabei keinesfalls besonders kurz gehalten. Sie enthalten alle relevanten Daten und sind alle durch Unterschrift bestätigt.

Adolf von Essen amtierte von 1811 bis 1822 in der zweiten reformierten Pfarrstelle in Kleve. Sein Taufbuch hat er offenbar parallel zu dem der restlichen Gemeinde geführt. Zumindest in Stichproben fanden sich die von ihm getauften Personen nicht im sich zeitlich überschneidenden Taufregister der Reformierten Gemeinde von 1778 bis 1829.

Taufbücher der Ref. Kirchengemeinde Cleve 1723-1777 u. 1811-1822. Aus Bestand 4KG 013 Kleve

Noch einmal: Julius Smend

Kürzlich stellte Stefan Flesch hier im Blog das Gemälde vor, das den Theologen Julius Smend im Porträt zeigt. Der Zufall will es, dass mir beim Katalogisieren der Zeitschrift „Der Rheinische Kirchenchor. Monatsschrift des Evgl. Kirchengesangvereins für Rheinland“ (Nummer 5, Mai 1927) ebenfalls ein Porträt von Julius Smend begegnet und zugleich eine Würdigung zu seinem 70. Geburtstag am 10. Mai 1927.

Der Rheinische Kirchenchor – Monatsschrift des Evanglischen Kirchengesangvereins für Rheinland; Mai 1927, 2. Jhrg., Nr. 5

Bei diesem Portrait handelt es sich um eine Fotografie, so dass man Vergleiche mit dem Gemälde anstellen kann, zumal die beiden Bilder aus demselben Zeitraum stammen. Ich finde, Smend ist auf dem Gemälde gut getroffen, er wirkt auf dem Foto vielleicht etwas schmaler.

Die Würdigung Smends auf der ersten Innenseite des Heftes stammt aus der Feder des Pfarrers Johannes Plath (Essen 1907-1944), der auch ausgebildeter Kirchenmusiker gewesen ist und sich intensiv mit Liturgik und Kirchenmusik beschäftigt hat.

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Handbuch der Pfarrerinnen und Pfarrer im Rheinland liegt vollständig vor

Kürzlich wurde mit der Vorlage des vierten Bandes (Buchstaben S – Z) das Projekt des Handbuchs „Die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im Rheinland von der Reformation bis zur Gegenwart“ abgeschlossen. Im Auftrag der Evangelischen Kirche im Rheinland und des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte hat Jochen Gruch die Daten von genau 14.978 Pfarrpersonen für das Gebiet unserer Landeskirche zusammengestellt und bearbeitet. Ulrich Dühr zeichnet für die Angaben der Literatur zu den Theologinnen und Theologen verantwortlich. Die mühevolle Arbeit der Satzerstellung und Korrektur leisteten Dr. Beate und Dr. Ferdinand Magen.

Die evangelischen Pfarrerinnen und Pfarrer im Rheinland von der Reformation bis zur Gegenwart; Verlag Dr. Rudolf Habelt GmbH, Bonn, 2020, ISBN: 978-3-7749-4021-5

Mit diesem Handbuch steht nun auch für die rheinische Kirchen- und Sozialgeschichte und die genealogische Forschung ein modernes Arbeitsmittel zur Verfügung, wie es z. B. für die Kirchenprovinz Sachsen, Thüringen und Schlesien der Fall ist. Für einige Landeskirchen liegen nur z. T. Jahrzehnte alte Pfarrerbücher vor, für manche gar keine.

Das Pfarrerbuch basiert auf der Pfarrerkartei des Landeskirchlichen Archivs, dessen Leitung zu Beginn der 2000er Jahre beschloss, diese Daten in einer Datenbank zu erfassen. Erst in zweiter Linie kam die Möglichkeit in den Blick, diese für die Publikation eines neuen „Pfarrerbuches“ zu nutzen, um den „Rosenkranz“ aus dem Jahr 1958 zu ersetzen. So kam es zur Kooperation mit dem Verein für Rheinische Kirchengeschichte, der die Veröffentlichung in seiner Schriftenreihe vornahm.

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Publikationsinteressen rheinischer Theologen

Wat Korona mit uns macht – Betrachtungen auf Ruhrdeutsch; Autor: Walther Henßen, Zeichnungen u. Gestaltung: Rainer Holweger; Herausgeber: Altstadt-Buchhandlung, Essen, 2020

„Wat Korona mit uns macht.“ Die humorvolle und tröstliche Neuerscheinung des ehemaligen Essener Pfarrers Walther Henßen in (moderatem) Ruhrdeutsch veranschaulicht die überraschende Bandbreite der Publikationen rheinischer Theologen quer durch die Jahrhunderte. Dieses Sammelgebiet wird seit jeher in unserer Archivbibliothek nach Kräften gepflegt, ohne dass hier freilich Vollständigkeit zu erzielen ist. Viele Titel sind der Grauen Literatur zuzuordnen und gelangen oft nur über Nachlässe zu uns. Dominierten in der frühen Neuzeit naturgemäß die Theologie mit exegetischen Werken sowie Predigtsammlungen, so weitete sich das Interessenspektrum der schreibenden Pfarrer seit dem Rationalismus des 18. Jahrhunderts erheblich aus.

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Nachrufe auf Rheinische Pfarrer im „Neuen Nekrolog der Deutschen“ (1823-1852)

Der Neue Nekrolog der Deutschen ist ein biographisches Nachschlagewerk, das in 30 Bänden und 3 Registerbänden erschien. Neben tausenden kurzen Sterbenotizen enthalten die Bände auch zahlreiche mehrseitige Nachrufe. Aus diesem Fundus haben wir die im Rheinland tätigen evangelischen Geistlichen herausgefiltert und in unserer Rubrik „Quellentexte zur Rheinischen Kirchengeschichte“ zusammengestellt.

Im Einzelnen sind es:

Christian Gottlieb Bruch (1772-1836); Johann Matthias Daniel Ludwig Deegen (1773-1831); Karl August Döring (1783-1844); Peter Heinrich Grünewald (1758-1835); Gottfried Daniel Krummacher (1774-1835); Johann Abraham Küpper (1779-1850); Johannes Löh (1752-1841); Carl Ludwig Pithan (1765-1832); Johann Heinrich Richter (1800-1847); Maximilian Friedrich Scheibler (1759-1840); Karl Christian Schreiner (1771-1837); Johann Friedrich Wilhelm Spener (1766-1832)

Die komplette Serie des Neuen Nekrologs liegt auch digitalisiert im Netz vor. Der Mehrwert dieser Transkriptionen liegt jetzt zum einen in der leichteren Lesbarkeit gegenüber den Fraktur-JPGs, vor allem aber auch in der regionalen Fokussierung auf die dort enthaltenen rheinischen Theologen. Einige von ihnen entstammen bekannten Pfarrerdynastien (Krummacher, Scheibler oder Spener).

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„In Absicht deren Furchtbringung“: Ein lutherischer Inspektor kämpft 1780 gegen die Abendmahlsverächter

Ähnlich wie auf dem Kupferstich lauschte 1780 zu Volberg die lutherische Generalsynode von Jülich-Berg ihrem Inspektor, dem Radevormwalder Pfarrer Johann Theodor Westhoff (1724-1797). Zunächst wohl eher im entspannten kirchlichen Gremienmodus, kam unter TOP 4 Erregung auf. Im Protokoll heißt es noch recht knapp und verklausuliert:

Kupferstich: Synodentagung in der Nieuwe Kerk in Amsterdam 1730

„Da Seiner Churfürstlichen Durchlaucht auf die unterthänigste Vorstellung wegen der Kirchen und Abendmahls Verächter, dass in Absicht deren Furchtbringung denen Beamten mögte befohlen werden, denen Predigern nach dem Weselschen Recess das brachium seculare zu leisten, ein gnädiges Circulare an sämtliche Beamten in Jülich und Berg, dieses zu rescribieren, davon den nötigen Gebrauch in den Gemeinen zu machen, so ist ein öffentliches proclama angefertiget, und den Herren Assessores der Classen mitgetheilet, selbiges an die Herren Pastores ihrer Classe zu besorgen, mit dem Befehl, dass sie solches Dominica 12. post Trinitatem von ihren Kanzeln verkündigen sollen.“

Die fragliche Proklamation hatte Westhoff noch auf der Synode verfasst und gab sie den Amtsbrüdern zur Abkündigung mit nach Hause. Mitten im Siècle des Lumières bemühte also ein lutherischer Geistlicher die katholische Obrigkeit von Jülich-Berg um harte Sanktionen gegen saumselige Kirchgänger, die bis zu Leibstrafen und Landesverweisung reichen konnten.

Riesbecks Biograf Johann Pezzl (1756–1823), Schattenriss.

Hatte dies schon aufgeklärte Theologen wie Johannes Löh befremdet, so nahm sich die zeitgenössische literarische Kritik des Themas geradezu mit Inbrunst an. 1783 widmete der junge österreichische Autor Johann Pezzl (1756-1823) Inspektor Westhoff ein ganzes Kapitel in seinem Roman „Faustin oder das philosophische Jahrhundert:

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„Ein Schelm, der melancholisch wird.“ Der Aufklärungstheologe Johannes Löh

Dieses Briefzitat aus dem Jahr 1779 veranschaulicht recht prägnant den rheinischen Lebensoptimismus des jungen Pfarrers Johannes Löh (1752-1841). Geistesgeschichtlich zählt er zu den Theologen, die sich den Idealen der Aufklärung und der Rationalität verpflichtet fühlten , eine Spezies, die im Rheinland eher selten vertreten und dafür von konfessionalistischer Seite umso häufiger angefeindet wurde.

In der Tat ist er heute statt exegetischer Traktate eher bekannt durch seine zahlreichen Untersuchungen und Messreihen auf den Gebieten der Botanik, Astronomie und Meteorologie. Er richtete Lesegesellschaften ein, bemühte sich tatkräftig um die Förderung des Elementarschulwesens und entwickelte last but not least eine wirksame Augensalbe gegen Bindehautentzündungen.

Es war eine schöne Geste der rheinischen Landeskirche, dass sie 2014 ihre Gesamtschule in Burscheid, der alten Wirkungsstätte Löhs, nach dem Pfarrer benannte. Dort steht auch die Büste Löhs, die der lokale Bildhauer Ernst Kunst (1896-1959) geschaffen hat.

Bronzestatue Johannes Löh, Quelle: wikipedia, Fotograf: Fahrenberg 1369
Bronzestatue Johannes Löh, Quelle: wikipedia, Fotograf: Fahrenberg 1369

Wer war aber nun dieser Mann, dessen „ganzes Wesen, Reden und Benehmen den Charakter des Profanen an sich trägt“, wie 1834 ein missgünstiger Visitator über den damals schon 82-jährigen Burscheider Pastor urteilte?

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