Das Archiv der Ev. Kirchengemeinde Ottweiler: Eine Fundgrube für die Kirchen- und Sozialgeschichte des Saarraumes vor der Französischen Revolution

Das Evangelische Zentralarchiv Saar (EZAS) hat die Erschließung seines historisch bedeutendsten Bestandes abgeschlossen: Das Findbuch mit einem Umfang von 141 Seiten und 541 Verzeichnungseinheiten liegt online vor und präsentiert eine kleine lutherische Landeskirche des 17.-18. Jahrhunderts in all ihren Facetten.

In Ottweiler residierten von 1640 bis zu ihrem Aussterben 1728 die Grafen von Nassau-Ottweiler in ihrem im Dreißigjährigen Krieg schwer beschädigten Renaissanceschloss aus dem 16. Jahrhundert. Dem korrespondierte kirchlicherseits, dass Ottweiler Sitz einer lutherischen Inspektion war. Diese entspricht einem heutigen Kirchenkreis.

Einblicke in das alltägliche Gemeindeleben auf dem Sprengel der gesamten Grafschaft Ottweiler ermöglichen die Visitationsberichte mitsamt ihrer umfänglichen Begleitkorrespondenz. Bauskizzen nicht mehr existierender mittelalterlicher Ortskirchen sowie Aufschriften längst zerstörter Glocken werfen Schlaglichter zurück auf das Spätmittelalter.

Abschriften der Glockeninschrift. Aus Bestand: EZAS Best. 02,49 Ottweiler I Nr. 183

Die Stuhlordnung für die Stadtkirche Ottweiler illustriert eindrücklich die subtilen sozialen Unterschiede in der Gesellschaft des 18. Jahrhunderts. Alter und Familienstatus bilden die Hauptkriterien der Platzierung, freilich werden auch Honoratioren wie der gräfliche Oberjäger mit reservierten Stühlen bedacht.

Stuhlordnung der Stadtkirche Ottweiler. Aus Bestand: EZAS Best. 02,49 Ottweiler I Nr. 184
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26. Archivwissenschaftliches Kolloquium der Archivschule Marburg

Am 20. und 21. Juni 2022 veranstaltete die Archivschule Marburg das 26. Archivwissenschaftliche Kolloquium. Dieses fand als reine Online-Veranstaltung unter dem Motto „Alte und neue Kontexte der Erschließung“ statt.

Eine der zentralsten Aufgaben im Archiv ist die Erschließung. Auf Grund von Digitalisierung und dem sich stetigen gesellschaftlichen Wandel stehen Archive immer wieder neuen Nutzungsanforderungen gegenüber. Das Kolloquium beschäftigte sich daher mit den Fragen: Wie gehen wir damit um? Wird Erschließung im Sinne von Aktentiteln über Entstehungszwecke noch gebraucht und steht das Suchen nach Informationen noch im Zentrum unserer Angebote? Aber auch der Einfluss von NutzerInnen und der Zusammenhang mit der Erschließungsarbeit wurden genauer beleuchtet.

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Tagung der süddeutschen Kirchenarchive in Darmstadt

Am 4. und 5. Juni 2018 fand in Darmstadt die 27. Tagung der süddeutschen Kirchenarchive. Eingeladen hatte das Archiv der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, das ein interessantes, vielfältiges und manchmal auch kontroverses Programm zusammengestellt hatte.

In einem ersten Block ging es um aktuelle Themen aus der kirchenarchivischen Praxis. Zunächst gaben Siglind Ehinger (Stuttgart) und Holger Bogs (Darmstadt) einen Sachstandsbericht über ein Problemfeld, mit dem viele Kirchenarchive konfrontiert sind: Die Übernahme  unerschlossener und oft sehr umfangreicher Altregistraturen diakonischer Einrichtungen, deren archivische Bearbeitung im laufenden Dienstbetrieb nur sehr schwer zu bewältigen ist. Es folgte ein Überblicksreferat von Birgit Hoffmann (Wolfenbüttel) über den aktuellen Stand der Diskussion um das Strategiepapier der kirchlichen Archive und Bibliotheken. Im Anschluss daran führte Henning Pahl (Berlin) in die aktuelle rechtliche Situation nach Inkrafttreten des neuen EKD-Datenschutzgesetzes und der europäischen Datenschutz-Grundverordnung ein.

Der zweite inhaltliche Block war zwei Themen gewidmet, über die schon auf der letztjährigen Tagung in Speyer diskutiert und für die eine Vertiefung gewünscht worden war, nämlich Pfarrarchivpflege und Kooperation mit Ehrenamtlichen. Hannelore Schneider (Eisenach) sowie Udo Wennemuth und Johanna Wohlgemuth (beide Karlsruhe) gaben Praxisberichte über den Stand der Archivpflege in der mitteldeutschen und in der badischen Landeskirche. Insbesondere das badische Modell, bei dem mit von der Landeskirche finanzierten Projektstellen innerhalb von fünf Jahren sämtliche badischen Pfarrarchive erschlossen werden sollen, stieß auf großes Interesse, aber auch auf Skepsis hinsichtlich der Realisierbarkeit.

Den inhaltlichen Schlusspunkt der Tagung setzte Andreas Metzing (Boppard) mit einem Bericht über die Zusammenarbeit des Archivs der Evangelischen Kirche im Rheinland mit genealogischen Vereinen. Das Konzept des Archivs der EKiR, als Gesellschafter des Kirchenbuchportals ARCHION seine Gemeindekirchenbücher grundsätzlich in diese Bezahlplattform einzustellen, aber sich gleichzeitig die Freiheit vorzubehalten, im überschaubaren Segment der Militärkirchenbücher auch Erfahrungen mit Open-Access-Lösungen (Zusammenarbeit mit dem Verein für Computergenalogie und dem Portal Matricula) zu sammeln, wurde ausgesprochen kontrovers diskutiert. Gerade in diesem Punkt verspricht die nächstjährige Tagung, die Anfang Juni 2019 von der Archivstelle Boppard ausgerichtet werden wird, Anlass für weitere Debatten zu werden.

Szenetreff der DHd Jahrestagung in Köln 2018 – Tipps und Eindrücke:

obercooles Gadget: To Go Becher DHd 2018 Köln, der während und zwischen den Veranstaltungen mit diversen Getränken betankt werden konnte 🙂

Die diesjährige Jahresveranstaltung der Digital Humanities im deutsprachigen Raum fand an der Universität Köln statt. Es wurde ein tolles und umfangreiches Programm ( 5 Tage!) mit Workshops, Vorträgen und Panels zum Thema „Kritik der Digitalen Vernunft“ sowie Abendprogramm geboten.

Tipp: Die äußerst lesenswerten Konferenzabstracts finden sich online zum Nachlesen hier: Book of Abstracts (PDF – 24 MB Download)

Herausgepickt habe ich mir daraus folgende Workshops bzw. Vorträge:

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Tagungshinweis: Kritik der digitalen Vernunft

Schon einmal etwas von Modellathons und Poster Slams gehört oder geschweige denn teilgenommen? Der Verband DHd – „Digital Humanities im deutschsprachigen Raum“ veranstaltet vom 26. Februar bis zum 2. März 2018 seine fünfte Jahrestagung unter dem Titel „Kritik der digitalen Vernunft“. Tagungsort ist die Universität Köln, alle Informationen findet man hier.

Das ungemein facettenreiche Programm bietet Workshops und weitere innovative Tagungsformate zu allen Themengebieten der digitalen Geisteswissenschaften. Aus archivischer Sicht hervorzuheben sind die Veranstaltungen zur automatischen Texterkennung mit Transkribus, zu digitalen Editionen, zur Nutzung von Wikidata sowie zu kollaborativen Erschließungsprojekten.

Registratur von Präses Held (1948-1957) für Forschung neu erschlossen

© Markus Feger Düsseldorf / EKiR: Eröffnung des Wandportraits des ehemaligen Präeses Heinrich Held. Das Porträt von Held (1897 – 1957) vor dem Martin-Luther-Saal im Düsseldorfer Landeskirchenamt stammt von der Münchner Künstlerin Celina Szelejewska-Pigulla.

An seinem 120. Geburtstag wurde Heinrich Held, der erste Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, im Rahmen der Aktion „Kirchenköpfe“ mit einer künstlerisch ansprechenden Collage geehrt.

Pünktlich zum Jubiläum liegt nun auch das neue Findbuch zu den Handakten von Präses Held aus seiner Amtszeit vor. Der inhaltlich facettenreiche Bestand wurde bereits öfter für Themen der deutschen Nachkriegszeit herangezogen. Bislang lag nur eine knappe Erschließungsliste vor, was die Benutzung sehr erschwerte. Nunmehr können Themen wie die Saarabstimmung 1955, das Verhältnis der Kirche zu den politischen Parteien oder  die Kontroversen um die Wiederbewaffnung mit Hilfe detaillierter Enthältvermerke recherchiert werden.

Aus evangelischen Archiven 54 (2014) jetzt online

Der neue Jahresband der Zeitschrift des Verbandes kirchlicher Archive ist jetzt auch online im Volltext verfügbar. Er bietet einen aktuellen Überblick über Entwicklungen in den Archiven der Landeskirchen und Diakonie auf EKD-Ebene. Der „rheinische“ Beitrag beschäftigt sich mit den Chancen externer Erschließung in kirchlichen Archiven. Neben der Erschließung durch Ehrenamtliche und professionelle Dienstleister wird hierbei auch verstärkt das Crowdsourcing in den Blick genommen.