Am 20. und 21. Juni 2022 veranstaltete die Archivschule Marburg das 26. Archivwissenschaftliche Kolloquium. Dieses fand als reine Online-Veranstaltung unter dem Motto „Alte und neue Kontexte der Erschließung“ statt.
Eine der zentralsten Aufgaben im Archiv ist die Erschließung. Auf Grund von Digitalisierung und dem sich stetigen gesellschaftlichen Wandel stehen Archive immer wieder neuen Nutzungsanforderungen gegenüber. Das Kolloquium beschäftigte sich daher mit den Fragen: Wie gehen wir damit um? Wird Erschließung im Sinne von Aktentiteln über Entstehungszwecke noch gebraucht und steht das Suchen nach Informationen noch im Zentrum unserer Angebote? Aber auch der Einfluss von NutzerInnen und der Zusammenhang mit der Erschließungsarbeit wurden genauer beleuchtet.
Nach der allgemeinen Begrüßung und den Auftaktworten des Oberbürgermeisters ging es direkt mit der ersten Sektion los. Diese Sektion fragte nach Feldern, in denen Erschließung in Archiven operiert. Dazu wurde zunächst ein Rückblick gegeben und die Entwicklung der Erschließungsarbeit der letzten Jahrzehnte skizziert. Dabei stellte sich eine zentrale Frage heraus: Sind wir eigentlich noch auf der Höhe der Zeit? Auf Grund dessen, dass die meisten Nutzer heutzutage vermehrt Archivalien über die gängigen Portale (bspw. Archivportal D; ArchiveNRW) bestellen und meist gar nicht die Tektoniken oder gar die Sprengel der jeweiligen Archive kennen, benötigen wir in der jetzigen Zeit vermehrt Normen und ein festgelegtes, einheitliches Vokabular, um die Suche zu vereinfachen. So können Nutzer über Schlagwortsuche schneller an die gewünschten Informationen kommen. Jedoch besteht noch verbesserungsbedarf auf technischer Ebene um auf einen ähnlichem Stand wie Suchmaschinen (bspw. Google) zu kommen. Darüber hinaus ist es zukunftsorientiert wichtig, IT-Dienstleister vermehrt zu akquirieren und mit diesen zusammen zu arbeiten, ebenso wie das Nutzen von künstlichen Intelligenzen, damit wir schon in naher Zukunft sagen können: Archive sind auf dem Stand der Zeit. Der restliche Teil der Sektion thematisierte dann die Orientierung an Verwaltungsfunktionen, aber auch juristische Aspekte der Erschließung. Positiv zu vermerken war, dass es für die meisten Themenbereiche einige Fallbeispiele gab und es somit dem Zuhörer verständlicher gemacht wurde.
Auch Sektion zwei und drei am zweiten Tag des Kolloquiums profitierten von anschaulichen Beispielen. So wurden Einblicke in ein wissenschaftlichen Großprojekt (Repertorium Germanicum), dem Mannheimer Marchivum, aber auch in Beispiele aus den Niederlanden gegeben. Die vierte Sektion befasste sich abschließend mit „digitalen Trends“ und Neuerungen wie automatisch funktionierende Verschlagwortung, künstliche Intelligenz und Metadaten. Somit wurde nochmal ein Bogen zu den voran gegangenen Vorträgen gespannt.
Zum Abschluss ging es dann noch in ein öffentliches Gespräch mit einem regen Meinungsaustausch.
Insgesamt waren es zwei sehr informative Tage, die aktuelle Entwicklungen und Trends, aber auch Problematiken in Archiven aufzeigten, die zum großen Teil allgemein gültig für die gesamte Archivlandschaft sind. Die einzelnen Vorträge und der Austausch der Teilnehmer regten zudem zum Nachdenken im Hinblick auf die Zukunft unserer Archive an und zeigten deutlich auf, dass es in einigen Bereichen der Archivarbeit Handlungsbedarf gibt.