Gotteshaus für kleines Geld: Die Schinkelsche Normalkirche in Grumbach

In der kleinen Gemeinde Grumbach, im Nordpfälzer Bergland in einem Seitental des Glans gelegen, wuchsen im frühen 19. Jahrhundert Bestrebungen zum Bau einer eigenen Kirche. Von den 660 Seelen der evangelischen Pfarrgemeinde konnte der bisherige Betsaal lediglich ein Sechstel fassen, überdies war die Hitze darin im Sommer mitunter so groß, dass den Gottesdienstbesuchern gesundheitliche Schäden drohten. Da die kommunalen Kassen klamm waren, rief Bürgermeister Glaser 1831 die Einwohner zur finanziellen Beteiligung auf und es wurden Spenden in Grumbach und Merzweiler gesammelt. Endgültig Fahrt nahm die Initiative jedoch erst mit dem Übergang an Preußen 1834 auf – nicht zuletzt durch die Unterstützung der Wild- und Rheingräfin Luise Charlotte, die den preußischen König Friedrich Wilhelm III. auf das Anliegen der evangelischen Gemeinde aufmerksam machte.

Die Evangelische Kirche auf dem Schlossberg in Grumbach, 2020; Foto: Peter62x – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org (Ausschnitt).

Die preußische Regierung forderte eine detaillierte Kostenkalkulation, die 1835 vom beauftragten „Bauconducteur“ Leonhard aus Saarbrücken erstellt wurde. Die Baukosten wurden zunächst mit 6693 Talern veranschlagt. Aufgrund der angespannten finanziellen Lage der Gemeinde setzte die Regierung jedoch eine Obergrenze von 5000 Talern fest. Zur Finanzierung wurde neben einer Kollekte auch ein sogenanntes Gnadengeschenk des Königs in Höhe von 3000 Talern bewilligt.

Baumeister Leonhard entwarf die Grumbacher Kirche nach den Vorgaben der sogenannten „Schinkelschen Normalkirche“, einem Kirchenbautyp, den der preußische Architekt Karl Friedrich Schinkel kurz zuvor entwickelt und König Friedrich Wilhelm III. 1827 mit einem „Normalkirchenerlass“ verfügt hatte. Nach den Napoleonischen Kriegen bestand in Preußen ein hoher Bedarf an neuen Kirchen, während gleichzeitig die finanziellen Mittel vieler Gemeinden begrenzt waren. Schinkel entwickelte daher standardisierte Kirchenmodelle, die kostengünstig, funktional und dennoch ästhetisch ansprechend waren. Diese Bauten wurden insbesondere in ländlichen Regionen und kleineren Städten errichtet.

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„…davon seynd die acta meine Zeugen…“: Dokumente zum Baumholderer Kirchenbau

Den größten und wichtigsten zusammenhängenden Bestand des kürzlich neu verzeichneten Archivs der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder bilden die Akten zum Baumholderer Kirchenbau. Anhand von umfangreichen Konvoluten aus dem Zeitraum von 1666 bis 1782 mit Schriftverkehr u.a. zwischen der fürstlichen Regierung, dem Oberamt Lichtenberg, der Geistlichen Güterverwaltung, der Rentkammer, der Kirchengemeinde Baumholder, Zehnt- und Lehnsherren sowie dem Kirchenschaffner lassen sich Vorgeschichte, Rechtsgrundlagen, Finanzierung, Grundsteinlegung und Einweihung der Kirche minutiös nachverfolgen. Bittschriften, Stellungnahmen, Prüfungen oder Besichtigungsprotokolle zeigen, wie die Notwendigkeit einer großen Reparatur oder eines Neubaus über viele Jahre immer dringender wurde. Alle Entscheidungsprozesse vom Abriss der alten Kirche bis zur Fertigstellung des neuen Gotteshauses werden lückenlos dokumentiert, ebenso daraus resultierende Rechtsstreitigkeiten. Sahnehäubchen der Überlieferung ist ein separates Findbuch zu diesen Akten mit ausführlicher Einzelblattverzeichnung (s.u.).

Ebenfalls sehr gut – auch fotografisch – dokumentiert ist die mehrfache Umgestaltung des Innenraums der Kirche im vergangenen Jahrhundert. Die älteste Innenaufnahme zeigt die Kirche entsprechend dem Grundriss von 1748, noch ohne die spätere rundlaufende Empore und mit der 1879 eingebauten Stumm-Orgel im Originalzustand. Das Dach der Kirche war ursprünglich zum Getreidespeicher ausgebaut worden, dessen Last mächtige Säulen im Innenraum trugen. Bei der Einweihung der Kirche 1750 wurde denn auch bemängelt, „daß der Baumholderer Kirchbau mehr zu räumlichen Fruchtspeichern als zu einer Kirche eingerichtet worden, in dem nicht allein […] diese mit 10 hölzernen Pfosten, aller Gewohnheit und dem Endzweck der Kirche zuwider, versperrt und verstellt, sondern auch das Gespärre zu drei übereinander liegenden Speichern eingerichtet wurde, sodaß man von mehr als der Hälfte der Plätze aus den Pfarrer nur hören, aber nicht sehen kann.“

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Grundsteinlegung in Baumholder, 1748

Abschrift der Inschriftentafel, mit der die Zeitkapsel des Grundsteins verschlossen wurde; aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 139B (Baumholder), Schriftverkehr der Inspektoren des Oberamts Lichtenberg 1714-1761, fol. 168a

Großes Spektakel am 14. Mai 1748 in Baumholder: Man schritt zur Grundsteinlegung der neuen Kirche. Der Neubau des Kirchenschiffs war unvermeidlich geworden, da das Gebäude trotz umfangreicher Reparaturen in den Jahrzehnten zuvor „außer dem Chor ganz baufällig“ und „das gehöltz am Dachwerck und gebälk […] theils gänzlich faul [ist], da hero mann in der furcht stehen muß, daß solche durch starcke windt, welche ohne dem daselbsten heftig wehen, endlich gar zusammen gerißen werden dörfte“, wie 1740 der Kirchenschaffner berichtete. Auch wurde die Zahl der Gottesdienstbesucher immer geringer, da man in dem alten, ruinösen Bau „sein Leben wagen und befürchten muss“. Dennoch dauerte es bis zum Baubeginn noch acht Jahre. Einer der Hauptgründe dafür waren Interessenkonflikte betreffend das Simultaneum, denn die Baumholderer Kirche nutzten mit Reformierten, Lutheranern und Katholiken gleich drei Konfessionen. Wie schwierig deren Nebeneinander trotz streng reglementierter Gottesdienststunden war, zeigt eine geplante Scheidemauer im Neubau der Kirche, die den protestantischen vom katholischen Bereich trennen sollte. Die Reformierten sprachen sich vehement gegen diese Baumaßnahme aus, da sie befürchteten, andernfalls ihren Anspruch auf die gesamte Kirche zu verlieren. Doch nun also endlich die Grundsteinlegung! Im Archiv der Kirchengemeinde ist dazu ein ausführlicher Bericht überliefert:

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