„Verordnung die überhand nehmenden Schlägereien auf dem platten Lande betreffend“ – Staatliche Maßnahmen gegen Händel und Keilerei anno 1814

Vor knapp eineinhalb Wochen neigte sich die diesjährige Rheinkirmes in Düsseldorf zu Ende und das zur vollsten Zufriedenheit der Veranstalter und Besucher. Grund hierfür liege vor allem in dem friedlichen Verlauf der Veranstaltung. Dieses Jahr soll es sich mit ca. 3,59 Millionen Besuchern um die friedlichste Rheinkirmes überhaupt gehandelt haben – so ein Bericht der NRZ.

Von harmonischen und heimeligen Volksfesten konnte Johann August Sack, Leiter des 1814 eingerichteten und unter königlich-preußischer Herrschaft stehenden Generalgouvernements Nieder- und Mittelrhein, anscheinend nur träumen. Im „Journal Des Nieder und Mittel Rheins“ (Nr. 22) vom 1. August desselben Jahres klagt Sack über die zunehmende Gewalt auf dem Lande. Dem Generalgouverneur liege es fern, „dem guten Landbewohner seine Erholungen, Feste und Lustbarkeiten“ zu missgönnen. Auch wäre es nicht zu verantworten, wollte eine Regierung „willkürhriche (sic) oder unnütze Schranken setze(n)“. Doch seine „fast tägliche Erfahrung“ verweise unzweifelhaft auf unhaltbare Zustände. Er moniert, dass besonders „die festlichen Gelage und Zusammenkünfte auf dem platten Lande nur gar zu häufig lebensgefährliche Händel und Schlägereien herbeiführen“.

Dabei scheint er den Kern des Problems erkannt zu haben und konstatiert: „Die Schuld scheint nicht so wohl an den bestehenden Gesetzen zu liegen, welche wenigstens strenge genug sind; sondern vielmehr an der Unbekantschaft (sic) der Landbewohner mit diesen Gesetzen und an dem Mangel zweckmäßiger verhütungs-Maassregeln (sic) abseiten der Ortspolizei“.

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Weitere Protokolle des Moerser Lokalkonsistoriums sind online

Seit Dezember sind die ersten beiden Jahrgänge, 1803 bis 1804, des Moerser Lokalkonsistoriums bereits online einsehbar. Nun folgen die Jahrgänge bis 1812, sowohl als Quellentext, als auch als Transkription.

Während es in den ersten Jahren vor allem darum ging, sich in die neuen vom französischen Staat vorgegeben Strukturen einzufinden, setzte in den Jahren ab 1805 eine gewisse Routine ein. Es geht unter anderem um Visitationen, die Prüfung und Wahl neuer Prediger und die Ordnung innerhalb der Gemeinden. Die finanzielle Versorgung der Pfarrer war mittlerweile durch ein kaiserliches Dekret vom 31.8.1805 geregelt, das ihnen ein staatliches Gehalt garantierte.

Am 15. August, dem zum Feiertag erhobenen Geburtstag Napoleons I., hielt der Präsident des Lokalkonsistoriums Johann Heinrich Diergardt zur Eröffnung der jährlichen Sitzung im Jahr 1806 eine flammende Rede zu Ehren des französischen Kaisers:

Lobrede auf Napoleon Bonaparte, gehalten bei der Sitzung des Lokalkonsistoriums Moers am 15.8.1806, aus: Bestand 3MB 006, Nr.86, S.69

„Wir feiern heute den Namenstag unseres theuresten Landvaters. Wer unter Ihnen wünscht nicht mit mir aus voller Ueberzeugung seines Herzens: ‚Lange, lange erhalte uns der Gott, von dem wir alle abhaengen unsern großen Kaiser Napoleon Bonaparte. Nicht bloß Unterthanen Pflicht – nein, die edelste Empfindung im Menschen, ohne welche der Mensch aufhört Mensch zu seÿn und sich unter das Thier erniedriget, die Empfindung der Dankbarkeit, fordert uns dazu auf.[…]‘

Die neu hinzugefügten Jahrgänge der Protokolle zeigen das kirchliche Leben unter der französischen Herrschaft.

Doch diese ruhige Zeit währte nicht lange, das Ende der „Franzosenzeit“ am Rhein zeichnete sich schon bald ab.

65 Jahre Telefonseelsorge Düsseldorf: „Wer hört, hilft“

DER WEG, das evangelische Sonntagsblatt für das Rheinland, berichtete in seiner Ausgabe Nr. 3 vom 18. Januar 1959 (S. 2):

Telefonseelsorge in Düsseldorf. Unter der Nummer 5 15 15 sind bei Tag und Nacht Ratgeber zu erreichen
Ein telefonischer Seelsorgedienst wird vom 10. Januar an allen ratsuchenden Menschen in Düsseldorf zur Verfügung stehen. Unter der Telefonnummer können die Anrufer Tag und Nacht Aerzte, Juristen, Pfarrer und andere fachkundige Persönlichkeiten zur seelsorgerlichen Aussprache erreichen. Der zu diesem Zweck […] gebildete Arbeitskreis hat sich den Namen „Die dargebotene Hand“ gegeben. Er hat seinen Sitz im neuen Gebäude der Evangelischen Beratungsstelle für Erziehungs-, Ehe- und Lebensfragen in Düsseldorf-Oberkassel, Kaiser-Friedrich-Ring 27.

Man stütze sich auf das Vorbild und die Erfahrungen aus Berlin, Kassel und einigen europäischen Städten und gehe von der Erkenntnis aus, dass in Verzweiflung geratene Menschen mit ihren persönlichen Nöten sich scheuten, einen Arzt oder Pfarrer aufzusuchen. Das zunächst anonyme Telefonat biete hier eine Chance.

Dr. Christa Brandt, Leiterin der Telefonseelsorge Düsseldorf 1959-1980. Fotograf: Hans Lachmann, 1976. Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 016_0049, Schachtel: 1652 (16298)

Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) war im Herbst 1957 auf diese neue Form der Seelsorge aufmerksam geworden und hatte unter dem Betreff „Telefon-Pfarrämter“ bei den Landeskirchen nach bereits bestehenden Einrichtungen dieser Art gefragt (1OB 017 I Nr. 3694). Der oben im Zitat erwähnte Name „Die dargebotene Hand“ stammte aus der Schweiz. In einem Bericht vom 13.01.1958 an die EKD heißt es, es solle auch nicht der in Berlin gebräuchliche Begriff „Lebensmüdenbetreuung“ verwendet werden, da diese nach den Erfahrungen nur einen kleinen Teil der Anrufer ausmachten. Der Ausdruck „kirchlich“ oder „pfarramtlich“ solle tunlichst vermieden werden. „Telefonseelsorge“ wurde bereits mit dem Start zum Markennamen. Der Personalbedarf wurde auf 15 bis 20 Mitarbeiter für die Telefonbesetzung rund um die Uhr – heute sagt man 24/7 – geschätzt, dazu die Leitung der Einrichtung. Nachts könne eventuell der Anruf in die Wohnung des diensthabenden Seelsorgers weitergeleitet werden „(was postalisch eingerichtet werden kann)“. Bei der Personalgewinnung scheine es nach den bisherigen Erfahrungen leichter zu sein, Frauen zu gewinnen. Männer kämen eigentlich erst nach der Pensionierung in Frage. Ein wesentlicher Punkt sei die Schulung der Mitarbeiter.

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Ein Wort für den Urlaub

Der Sommer ist da und in allen drei Bundesländern der Evangelischen Kirche im Rheinland haben die Ferien begonnen. Für viele bedeutete das auch: Urlaub! Meer, Berge, aufregende Städte oder auch der heimische Balkon und das Freibad – Hauptsache einmal raus dem Alltag.

Die Goldenen Worte, von denen wir hier im Blog schon einige präsentiert haben, geben uns mit diesem Plakat aus dem Sommer 1994 diese schönen Segensworte mit auf den Weg.

Goldene Worte, 3/1994, 1.7.1994, aus Bestand: AEKR, 8SL049, Nr. 1966

Ein stiller Held des Kirchenkampfes: Der Kraftfahrer Ernst Schrick

1953 erhielt Ernst Schrick, der Fahrer von Präses Heinrich Held, die Mercedes-Benz-Ehrennadel für 100.000 km, die er mit seinem Dienstwagen absolviert hatte. Das blieb die einzige „Auszeichnung“, die er zeitlebens erhalten hat. Dabei hätten sein Mut und sein Initiativgeist während der NS-Zeit noch ganz andere Ordensoptionen verdient gehabt.

Schreiben der Daimler-Benz Aktiengesellschaft, Niederlassung Düsseldorf zur Verleihung der Mercedes-Benz-Ehrennadel vom 25.02.1953. Aus Bestand: AEKR 1OB 022 (Personalakten Konsistorium / Landeskirchenamt), Nr. 326, 19

Die Bekennende Kirche im Rheinland stand seit 1934 vor der Herausforderung, ihre „Grünen Briefe“ sowie ihre sonstigen Mitteilungsblätter und Broschüren an die Gemeinden zu verteilen. Der zentrale Postversand von Essen (Dienstort von Heinrich Held) bzw. Mülheim/Ruhr (dem Standort der Druckerei) aus stand wegen eines entsprechenden Verbotes durch die Gestapo nicht zur Verfügung. In einer Würdigung des 1957 verstorbenen Präses Held berichtet die Kirchenzeitung WEG hierüber Folgendes:

„Ein weiterer Arbeitsraum, von dem nicht einmal der „Chef“ (Heinrich Held, S.F.) etwas wusste, befand sich in einem gemieteten Ladenlokal auf der Bahnhofstraße (in Essen, S.F.). In dichtem Verkehr hat hier Herr Schrick manches Paket mit Niemöller-Postkarten und Rundbriefen in seinen 8-Zylinder-Horch eingeladen, während die Gestapo vor irgendeiner von ihr vermuteten Versandstelle Posten gefasst hatte. Von Essen aus wurden dann Postämter im gesamten Industrierevier und oft weit darüber hinaus angefahren, um die Sendungen, die ins ganze Reichsgebiet gehen, gestreut aufzugeben und sie einem zentralen Zugriff zu entziehen. Bürokratische Bedenken, 45-Stunden-Woche und Kompetenzschwierigkeiten – das alles gab es damals nicht.“

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Aus dem Archivalltag: Benutzungsanfragen im AEKR

Landingpage AEKR beim ArchivportalNRW

Seit dem Relaunch des Archivportals NRW ist aufgefallen, dass Anfragen vermehrt über das Portal gestellt werden. Dies ist durchaus erfreulich, da wir regelmäßig neue Findbücher einpflegen und sich die Arbeit somit auszahlt. Was jedoch auffällt: Die Warenkorbfunktion wird in vielen Fällen missverstanden. Oft gehen die Nutzenden davon aus, man könne über dieses Tool Digitalisate zum Download bestellen und sind dann ganz enttäuscht darüber, dass Sie für eine Akteneinsicht ins Archiv kommen müssen.

Warenkorb Beispiel ArchivportalNRW


Nichts desto trotz bietet das Archivportal eine tolle Möglichkeit zur Recherche von Findmitteln und hilft dabei, die richtigen Ansprechstellen zu finden und somit auch schon konkret forschungsrelevante Archivalien bei den Archiven anzufordern. Daher hier meine Tipps zur Anfragestellung in unserem Archiv:

  • Forschungsthema/ Fragestellung klar definieren und Schlagworte generieren
  • Suchdurchlauf beim Archivportal stellen und sich relevante Bestandsnummern notieren
  • Alternativ: Website unseres Archivs anschauen (viele Findmittel auch dort bereits online)
  • Konkrete Anfrage per Email (archiv@ekir.de) stellen

Gerne vereinbaren wir dann einen Termin vor Ort zur Einsicht der Archivalien und geben gerne Tipps und Anregungen zu weiteren relevanten Unterlagen. Darüber hinaus sind wir gerne bereit, Digitalisate in geringem Umfang herzustellen oder Kopien anzufertigen, sollte ein Termin vor Ort nicht immer möglich sein. Eine Gebührentafel zu anfallenden Kosten finden sie auf unserer Homepage.