Ein Brief des Theologen Karl Barth vom 16. August 1945

Jahrestagung Wuppertal 1956 am Mikrofon Karl Barth (10.05.1886-10.12.1968) Professor für systematische Theologie, Theologische Fakultät der Universität Bonn (1930-1935), Universität Basel (1935-1962), Gesellschaft für Ev. Theologie , Foto: Hans Lachmann, Abgabe: Heinz Joachim Held 05/2006, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 8SL 046 (Bildarchiv), 80020_08

Jahrestagung Wuppertal 1956 am Mikrofon Karl Barth, Foto: Hans Lachmann, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 8SL 046 (Bildarchiv), 80020_08

Die berufliche Tätigkeit der tüchtigen Rendantin Katharina Seifert für die Rheinische Kirche ist kürzlich hier im Blog vorgestellt worden. Im August 1945 erhielt sie im kriegszerstörten Düsseldorf Post aus der Schweiz. Der berühmte Theologe Karl Barth (1886-1968), mit dem sie seit 1930 bekannt war, hatte ihr einen langen Brief geschrieben, in dem er auf die kirchenpolitische Situation im Rheinland und in Deutschland kurz nach Kriegsende eingeht. Der bislang unpublizierte Brief fand sich im Nachlass von Prof. Jürgen Fangmeier, einem Schüler Karl Barths und Mitarbeiter an der Barth-Gesamtausgabe.

In diesem Bestand sind auch weitere Originalkorrespondenzen Barths überliefert, von denen das Karl-Barth-Archiv in Zürich jeweils über den Durchschlag verfügt. Was schreibt nun Barth seiner langjährigen Kampfgefährtin der Bekennenden Kirche (Brief Karl Barth 1945)? Warmherzig gibt er zunächst seiner Freude Ausdruck, dass Käthe Seifert die Kriegszeit überstanden hat. An der Entwicklung in der Rheinischen Kirche seit Mai 1945 freue ihn freilich bei weitem nicht alles. Joachim Beckmann etwa neige in seinen Erlassen „zum alten dürren Kanzleistil“ und zu „beschlüssefassenden Centralbehörden“, während es doch gelte, von der gemeindlichen Basis aus ans Aufbauwerk zu gehen. Mit Blick auf die in zwölf Tagen anstehende „Kirchenführertagung“ in Treysa kann er sich nicht verkneifen zu kommentieren: „O weh, da führert es immer noch!“

Bekennende Kirche, Ausweis für Präsidialsekretärin Käthe Seifert 1934; aus Bestand AEKR Düsseldorf 8 SL 046 (Bildarchiv), 59_00091

Bekennende Kirche, Ausweis für Präsidialsekretärin Käthe Seifert 1934; aus Bestand AEKR Düsseldorf 8 SL 046 (Bildarchiv), 59_0009

Nach einem Exkurs über das eigene Erleben in der Schweiz, die sich nun von bewaffneter Neutralität wieder auf den Frieden einstellt, hält Barth kurz inne und schreibt unter dem Eindruck der Atombombenangriffe auf japanische Städte gerade eine Woche zuvor:

„Alles zu seiner Zeit, nicht wahr, und nun haben wir ja die Atombombe, mit deren Hilfe es von jetzt an endgültigen Frieden oder dann den Untergang dieses ganzen bösen, aber manchmal doch auch schönen Planeten geben wird. Liebe Fräulein Seifert, wie ist alles so merkwürdig und verborgen!“

Katharina Seiferts Freundschaft mit Karl Barth währte ein Leben lang. Noch am 13. April 1968, acht Monate vor Barths Tod, weilte sie zu einem Besuch bei ihm in Basel.

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