„Damit ist die dritte Lesung der K. O. (Kirchenordnung) beendigt. Der Präses stellt ohne Widerspruch fest, dass die K. O. in der nun beschlossenen Fassung genehmigt und damit die bedeutsame und langjährige Arbeit der Revision unserer K. O. zum Abschluss gekommen ist. Gott segne den Bau!“
Nein, es handelt sich hier nicht um einen Vorgriff auf den zu erwartenden Beschluss der 76. Rheinischen Landessynode, die am 15.1. -20.1. 2023 in Düsseldorf erstmals seit drei Jahren wieder live zusammentritt. Dabei soll sie u. a. die überarbeitete und kräftig verschlankte neue Kirchenordnung der EKiR verabschieden. Dieser Protokollauszug stammt vielmehr von der 37. Rheinischen Provinzialsynode, die sich Ende August 1923 in Barmen versammelt hatte. Was beschäftigte die 142 Synodalen (allesamt Männer) vor hundert Jahren sonst noch?
Heute vor fünfzig Jahren traf die rheinische Landessynode eine personelle Richtungsentscheidung: Nach den langen Jahren der Ära von Präses Joachim Beckmann stellten sich gleich mehrere profilierte Kandidaten zur Nachfolge bereit. Die Wahl stieß daher auch auf das Interesse überregionaler Medien. Fünf Wochen vor dem Termin stellte der SPIEGEL unter dem Titel „Hirte gesucht“ die Kandidaten vor.
Weltläufigster Kandidat war sicherlich Eberhard Bethge (1909-2000), der enge Freund und Biograf Dietrich Bonhoeffers. Nach einer Auslandsstation als Pfarrer in London amtierte er seit 1961 als Leiter des Rheinischen Pastoralkollegs in Rengsdorf. Die Theologieprofessoren Hans Walter Wolff (1911-1993) und Helmut Thielicke (1908-1986) hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Kandidatur bereits wieder zurückgezogen.
Zwei Kandidaten kamen eher aus dem internen Machtapparat der Kirche: Ernst Heinz Bachmann (1915-2001), Superintendent von Köln-Nord, dort lokal bestens vernetzt sowie Karl Immer (1916-1984), der Sohn des gleichnamigen BK-Vorkämpfers in der NS-Zeit. Der „rote Immer“ hatte vor allem in den 1950er Jahren die politischen Positionen der Kirchlichen Bruderschaft im Rheinland vertreten. Bereits seit 1958 Mitglied der Kirchenleitung, war er von der Landessynode 1968 zum Oberkirchenrat gewählt worden. Gegenkandidat war Bethge.
Präseswahl 1971 – Stimmenauszählung, aus: Der Weg, Evangelisches Sonntagsblatt für das Rheinland, Nr. 26, 27.06.1971, 26. Jg., Düsseldorf (zweiter von rechts Präses Beckmann)
Der in Wuppertal aufgewachsene Thielicke ließ sich dann noch kurzfristig während der laufenden Synode von der konservativen „Landessynodalen Arbeitsgemeinschaft“ zur Wiederaufnahme der Kandidatur bewegen. Ob dieser aber zum eher erdverbundenen Setting einer rheinischen Landessynode passte? Der Kirchenhistoriker Friedrich Wilhelm Graf hat gerade in einem aktuellen Beitrag Thielickes äußere Erscheinung so beschrieben:
„Der groß gewachsene, meist elegant gekleidete Mann mit blauen Augen, der sehr gern große Brillen trug, seine Krawatte oft mit einer Perle verzierte und auch mit einem protzig wirkenden Siegelring sich schmückte, blieb in den protestantischen Kirchenmilieus gerade wegen seiner außergewöhnlichen Erfolge in kirchendistanzierten bürgerlichen Öffentlichkeiten ein bunter, ebenso fasziniert wie argwöhnisch und auch neidvoll beobachteter Geistesvogel, dessen Eitelkeit – der Liebhaber guter Zigarren trat bei Empfängen und Partys in Hamburg oder auf Sylt oft im weißen Anzug auf und fuhr einen weißen Mercedes – bei Kirchenfunktionären mancherlei Spott provozierte“. (S. 111)
Die sonst eher zum Betulichen neigende Kirchenzeitung DER WEG publizierte am 27.6.1971 einen atmosphärisch dichten Wahlbericht:
Bis zum 11. Januar 2019 tagte in Bad Neuenahr die 71. ordentliche Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland. Die Plenarsitzungen fanden im Dorint Parkhotel statt, dort und in anderen Hotels waren die Mitglieder der Synode auch untergebracht. Die Anreise erfolgte im eigenen PKW oder mit dem im Takt verkehrenden Zug.
Unter ganz anderen Bedingungen kam die 2. ordentliche Tagung der Landessynode vom 12. bis 18. November 1950 in Velbert, südlich von Essen gelegen, zusammen. In dieser Stadt hatten auch die letzte Provinzialsynode 1946 und die erste Landessynde der EKiR 1948 stattgefunden. Tagungsort war – wie in den Vorjahren – der große Saal des Bürgerhauses. Dieses Gebäude aus dem Jahr 1910 hatte den Zweiten Weltkrieg ohne Schäden überstanden.
Quelle: Velbert Wiki (CC-BY), Das Bürgerhaus Velbert, früher auch „Bürger-Vereinshaus“ genannt, ist ein 1910 eröffnetes Gebäude in Velbert Mitte. Es steht unter Denkmalschutz.
Pfarrerin Henrike Tetz, Wahl zur neuen Leiterin der Abteilung 3 „Erziehung und Bildung“ im Düsseldorfer Landeskirchenamt, Landessynode 2018, Foto: EKiR/Hans-Jürgen Vollrath
Am Donnerstag, 11.01.2018, wählte die Landessynode der Ev. Kirche im Rheinland die Superintendentin des Kirchenkreises Düsseldorf, Pfarrerin Henrike Tetz, als hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung (KL) zur Nachfolge von Oberkirchenrat Klaus Eberl. Damit wurde erstmals eine Superintendentin hauptamtliches Mitglied der Kirchenleitung; die bisherigen Oberkirchenrätinnen, Gisela Vogel, Petra Bosse-Huber und Barbara Rudolph, hatten das Amt einer Superintendentin nicht bekleidet.
Harney, Rudolf, Pfarrer, Oberkirchenrat, Mitglied der 1. Kirchenleitung (KL), 1932, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 8SL 046 (Bildarchiv), 10_0110
Es stellte sich mir die Frage, ob denn in der Vergangenheit einer der Düsseldorfer Superintendenten zum Oberkirchenrat berufen worden ist? Immerhin ist Düsseldorf einer der großen Kirchenkreise der Landeskirche. Ich hatte einen Namen im Kopf, nämlich Superintendent Rudolf Harney (Nachlass im Bestand des Archivs), ganz am Anfang der Geschichte unserer Landeskirche nach 1945: Er wurde im Mai 1945 Mitglied der Vorläufigen Kirchenleitung als Repräsentant des Provinzialkirchenrates von 1932. Die Provinzialsynode 1946 bestätigte die Mitglieder der Vorläufigen KL, die „in Ausübung und für die Dauer des Amtes … die Amtsbezeichnung ‚Oberkirchenrat‘ “ führten. 1949 trat Harney bei den ersten Wahlen zur Kirchenleitung der neuen Landeskirche nicht mehr an, weil seine Pensionierung bevorstand. Harney ist also ein Sonderfall.
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