Zeitschriftenpreise im Sommer 1923

Aufruf an die Leser des Düsseldorfer Sonntagsblatt zur freiwilligen Nachzahlung von 1000 Mark. Quelle: Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland, ZK 065, Düsseldorfer Sonntagsblatt. Kirchlicher Anzeiger der evangelischen Gemeinden zu Düsseldorf, Ausgabe 30/1923 vom 22. Juli, S. 1

Die Panik, die aus den Zeilen von Pfarrer Rudolf Harney spricht, war verständlich: Inmitten der Hyperinflation 1923 stand die Existenz des von ihm herausgegebenen Düsseldorfer Sonntagsblattes nicht zum ersten Mal auf der Kippe. Die erbetene Nachzahlung von 1.000 Reichsmark erwies sich nur als der vielzitierte Tropfen auf dem heißen Stein. In den folgenden Monaten erklommen die Bezugspreise astronomische Höhen: Gemäß Impressum kostete das Monatsabo (vier Ausgaben) am 4. November 1923 zwei Milliarden Reichsmark. um im Dezember, kurz vor der Währungsumstellung, auf 800 Milliarden zu springen.

Irgendwie hielten das Redaktionsteam um Harney und die Kirchengemeinde Düsseldorf aber durch. Das Sonntagsblatt erschien durchgehend weiter, bis es 1941 zusammen mit allen anderen kirchlichen Presseerzeugnissen wegen „Papiermangel“ eingestellt wurde.

„Sichere Kapitalanlage“ im Jahr 1923

Folgende Anzeige veröffentlichte die evangelische Kirchengemeinde Düsseldorf am 13. Mai 1923 in ihrem „Düsseldorfer Sonntagsblatt“:

Kapitalanleihe
Düsseldorfer Sonntagsblatt. Kirchlicher Anzeiger der evangelischen Gemeinden zu Düsseldorf, Ausgabe 20/1923 vom 13. Mai, S. 8

Da die Registratur der Kirchengemeinde 1943 bei Luftangriffen zerstört wurde, wissen wir nichts über die Resonanz auf diesen Aufruf. Gesetzt den Fall, dass sich einige treue Gemeindeglieder zur Zeichnung motivieren ließen: Wie erging es ihnen bzw. ihrem Kapitaleinsatz?

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Kalte Kirchen vor 100 Jahren

„Von Sonntag, den 4. Februar des Jahres ab werden die Kirchen nicht mehr geheizt. Die anhaltende Steigerung der Kokspreise und die fortschreitende Teuerung zwingen dazu. Die Gottesdienste sollen entsprechend gekürzt werden. Bei der ausnahmsweise milden Witterung und mit Rücksicht auf die Zeitlage werden die Gemeindeglieder diese Sparmaßnahme gewiss billigen.“

Nur an dem obsoleten Heizmittel merkt man, dass diese Ankündigung nicht aus der Gegenwart stammt. Sie ist vielmehr dem Düsseldorfer Sonntagsblatt Nr. 7/1923 entnommen, dem „Kirchlichen Anzeiger der evangelischen Gemeinden in Düsseldorf“..

Die Rheinische Provinzialsynode 1923

„Damit ist die dritte Lesung der K. O. (Kirchenordnung) beendigt. Der Präses stellt ohne Widerspruch fest, dass die K. O. in der nun beschlossenen Fassung genehmigt und damit die bedeutsame und langjährige Arbeit der Revision unserer K. O. zum Abschluss gekommen ist. Gott segne den Bau!“

Nein, es handelt sich hier nicht um einen Vorgriff auf den zu erwartenden Beschluss der 76. Rheinischen Landessynode, die am 15.1. -20.1. 2023 in Düsseldorf erstmals seit drei Jahren wieder live zusammentritt. Dabei soll sie u. a. die überarbeitete und kräftig verschlankte neue Kirchenordnung der EKiR verabschieden. Dieser Protokollauszug stammt vielmehr von der 37. Rheinischen Provinzialsynode, die sich Ende August 1923 in Barmen versammelt hatte. Was beschäftigte die 142 Synodalen (allesamt Männer) vor hundert Jahren sonst noch?

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Butter für den Kirchbau: Meddersheimer Turmsanierung in Zeiten der Hyperinflation

Preissteigerungen sind aktuell in aller Munde, allerdings kein Vergleich zu der durch die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs verursachten Hyperinflation des Jahres 1923. Ein beredtes Beispiel findet sich im kürzlich verzeichneten Archiv der Kirchengemeinde Meddersheim, die just in dieser Zeit dringend notwendige Reparaturen am Turm ihrer Kirche in Angriff nehmen musste.

aus Bestand: AEKR Boppard 4KG 131B (Meddersheim), Nr. 56

Der Kostenvoranschlag des damit beauftragten Bauunternehmers von Ende August 1923 belief sich zunächst auf 3.812.837.500 Mark bei einem Stundenlohn von 480.000 Mark, die Summe steigerte sich jedoch im Zuge der galoppierenden Geldentwertung innerhalb nur weniger Wochen auf insgesamt gut acht Billionen Mark. Der Wertverlust verlief so rasant, dass Zahlungen bald innerhalb eines Tages überwiesen werden mussten. Da die Kirchengemeinde mit der Aufbringung der Beträge nicht mehr nachkam, drohte die durch Zahlungsstockungen und ausbleibende Materiallieferungen ebenfalls am Rande des Ruins stehende Baufirma mit dem Abbruch der Arbeiten, sofern die Gemeinde nicht wenigstens 60 Sack Kalk für die notwendigsten Ausbesserungen beschaffen würde. Mitte November 1923 war die Entwertung schließlich soweit fortgeschritten, dass der Bauunternehmer Rechnungen für geleistete Arbeiten nicht mehr in Geld, sondern in Naturalien, genauer: in Butter und „Frucht“ (also Getreide) als Ersatzwährung ausstellte.

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Inflation 1923: Milliarden für die Besoldung der Pfarrer

Hier soll ein Schreiben des Pfarrers und Superintendenten Walter Wolff aus Aachen – in seiner Funktion als Präses der Rheinischen Provinzialsynode – vom 2. Oktober 1923 an Pfarrer Wilhelm Menn vorgestellt werden. Menn war Pfarrer der kleinen Kirchengemeinde Remlingrade bei Remscheid und seit 1922 im Nebenamt der erste Sozialpfarrer der rheinischen Kirchenprovinz. In dieser Funktion sollte er sozialethische Themen bearbeiten und die Kirche in den Gremien der Arbeitswelt vertreten.

Gehaltsinflation, Schreiben Präses Wolff an Pfarrer Wilhelm Gustav Menn, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 6HA 008 (Handakten Wilhelm Menn), Sig. 1;

Gehaltsinflation, Schreiben Präses Wolff an Pfarrer Wilhelm Gustav Menn, aus Bestand: AEKR Düsseldorf 6HA 008 (Handakten Wilhelm Menn), Sig. 1;

In dem Schreiben geht es um die Gehaltszahlung für die Pfarrer und die Spesen für Menn – unter den erschwerten Bedingungen der gewaltigen Inflation, die Deutschland erfasst hatte. Anschaulich macht die ungeheure Geldentwertung die Entwicklung des Briefportos 1923 (Quelle: Wikipedia): 31.01.: 50 Mark,
26.06.: 100 Mark,
08.08.: 1.000 Mark,
07.09.: 75.000 Mark,
03.10.: 2 Mio. Mark,
22.10.: 10 Mio. Mark,
03.11.: 100 Mio. Mark,
09.11.: 1 Mrd. Mark. Bei der Währungsreform am 15.11.1923 betrug das Porto 10 Mrd. Mark, die einem Reichspfennig entsprachen. Der Dollarkurs in Mark war 1923 von 49.000 bis auf 4,2 Billionen Mark gestiegen, die am 15.11. 4,20 Reichsmark entsprachen. Weiterlesen