In dieser Woche tagt die 77. Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland in Düsseldorf, dem Sitz der Kirchenleitung und des Landeskirchenamtes. Das klingt logisch, hierhin haben ja auch viele Synodale einen sehr kurzen Anfahrtsweg. Dafür ist es aus dem Saarland und dem Südrhein recht weit bis hier in den Norden der Landeskirche. Der eine oder die andere an der Kirche Interessierte wird sich an den langjährigen Tagungsort Bad Neuenahr erinnern, der tatsächlich fast genau in der Mitte liegt: 2:15 Stunden mit dem Auto von Emmerich, 2:25 Stunden von Saarbrücken. In der 75jährigen Geschichte der Landessynode der EKiR gab es bislang neun verschiedene Tagungsorte!
Erster Tagungsort nach dem Zweiten Weltkrieg war für die Provinzialsynoden 1946 und 1948 – diese konstituierte sich am 09.11.1948 als erste Landessynode – die Stadt Velbert im Städtedreieck Düsseldorf, Essen, Wuppertal. Velbert hatte nicht so umfangreiche Kriegsschäden und neben dem Bürgerhaus genügend kleinere Versammlungsräume. Hier versammelte sich auch die zweite ordentliche Landessynode 1950. Für die Beratung der neuen Kirchenordnung 1951 plante die Kirchenleitung zunächst eine Landessynodale Arbeitstagung in Rengsdorf im Westerwald. Man entschied sich aber für die Abhaltung einer außerordentlichen Landessynode in Rengsdorf in „vereinfachter Form“ und ohne „repräsentativen Charakter“ (28. Sitzung der Kirchenleitung, 20.07.1951, Punkt 8). Eine zweite Tagung dort im Gemeindehaus folgte 1952, ebenso die ordentlichen Landessynoden der Jahre 1953 bis 1958.
Für die achte Landessynode 1959 wurde der Ort gewechselt. Neben Rengsdorf schlug Präses Dr. Beckmann Bad Kreuznach vor. Der Luthersaal in der Diakonie [Diakonissenanstalt] sei günstiger als der Gemeindesaal in Rengsdorf, die Synodalen könnten in den Hotels und Pensionen der Stadt untergebracht werden. Eine Veranstaltung der Landessynode im oberrheinischen Raum bedeute eine Stärkung der dortigen Gemeinden und Kirchenkreise. Eine große Zahl von Pfarrern könne am Sonntag in den Gemeinden der Synoden Kreuznach, Sobernheim und Meisenheim predigen, abends die Synode eröffnet werden (Beschlüsse 22 der 22. Sitzung der Kirchenleitung, 11.12.1958, und 6, 23. Sitzung, 08.01.1959).
In Bad Kreuznach blieb es allerdings bei dieser einen Tagung. Nach der Prüfung der Bedingungen in Bad Godesberg entschied die Kirchenleitung, die Landessynode 1961 dort durchzuführen. Die Stadthalle sei ein ausreichender Tagungsraum, auch könne man die Mahlzeiten dort gemeinsam einnehmen, ein eigenes Café sei vorhanden, ebenso Unterkunftsmöglichkeiten in den Hotels (Punkt 15, 35. Sitzung der KL, 11.02.1960). Hier war die Landessynode für die 14 Synoden 1961 bis 1974 zu Gast.
Die Tagungen der Synode wurden durchaus kritisch gesehen. Die Größe von fast 300 Mitgliedern (2023: 224) führten zu einer „Schwerfälligkeit der Synode“, wie der Synodale Superintendent Dr. Karl-Adolf Bauer ausführte. Vorher sagte er:
„Wenn eine Synode so groß ist wie die unsere, dann fördert sie fast unvermeidlich die Neigung zu mißtrauischer Passivität, in der wir die Träger verantwortlicher Dienste unbewußt in mächtige Rollen drängen, dann aber umgekehrt unversehens von dem Verdacht befallen werden, zum Erfüllungsgehilfen vorgefaßter Programme degradiert zu werden. In einer so großen Synode hat es die Bereitschaft zum Gespräch, der Mut zur Konfrontation und zum Konflikt schwerer als in vergleichsweise kleineren Synoden. […] Voraussetzung sinnvoller Synodalarbeit ist auch ein Tagungsort, welcher der Leitung der Synode nicht auferlegt, schon zwei Jahre im vorhinein zu planen. Ein solcher Tagungsort fehlt uns noch immer.“
Karl-Adolf Bauer, Erwägungen zur Ordnung und gestaät der EKiR, in: verhandlungen der 22. außerordentlichen rheinischen landessynode 1974, S. 51
Hatte man einen solchen Tagungsort jetzt gefunden? Die Stadthalle Bad Godesberg war bereits für 1975 vorbestellt, jedoch kam es 1974 zu Verhandlungen mit dem Kurdirektor von Bad Neuenahr. Die in Aussicht gestellten Bedingungen für die Abhaltung der Synode dort waren wohl sehr gut, jedenfalls beschloss die KL für diesen Fall, die Tagung 1975 in Bad Neuenahr durchzuführen (Beschluss 36, 12. Sitzung der Kirchenleitung, 07.02.1974). So wurde Bad Neuenahr für die nächsten 46 Jahre zum Stammsitz der Landessynode, die zunächst im Kurhaus tagte, später ab 1997 im Dorint-Parkhotel. Die jährliche Tagung ist sogar im Wikipedia-Artikel über Bad Neuenahr-Ahrweiler vermerkt.
In diesen langen Zeitraum fallen allerdings einige – meist außerordentliche – Synoden mit anderen Tagungsorten:
Bad Honnef (Seminaris-Hotel), Juni 1994, 43. ao. Synode zur Haushaltssicherung
Duisburg (Salvatorkirche), September 2010, 61. ao. Synode „400 Jahre 1. reformierte Generalsynode 1610“
Hilden (Sporthalle/Arena Schulzentrum), November 2013, 65. ao. Synode, Finanzen
Bad Godesberg (Amos Comenius Gymnasium), September 2019, 72. ordentliche Synode mit dem Schwerpunkt Finanzen.
Gerade noch vor dem Beginn der Corona-Pandemie hatte die Landessynode im Januar 2020 in Bad Neuenahr getagt. 2021 und 2022 ließen die Bedingungen der Pandemie keine Versammlungen zu, so dass die Landeskirche – man hatte technisch gewaltig aufgerüstet – die Tagungen online durchführte. 2023 tagte die Synode dann erstmals in Düsseldorf, im Theodor Fliedner Gymnasium und in einem Hotel in der Nähe des Landeskirchenamtes. Hier ist auch die aktuelle Synode zu Gast. Doch der nächste Ortswechsel ist schon beschlossen: 2025 und 2026 wird die Landessynode in Bonn tagen!