Präses Immer 1973 vor der Landessynode über den Vietnam-Krieg: „Schmutzigster aller Kriege“

Im Herbst 2022 war jemand aus meiner Familie zum Urlaub in Vietnam. Das Land ist heute schon mehr als ein Geheimtipp für Touristen. Für mich, der ich die Endphase des Vietnam-Krieges als Heranwachsender in den Medien mitbekommen habe, ist das immer noch ein besonderer Gedanke.

Zeitungsausschnitt NRZ, vom 9. Januar 1973.

In meiner Tageszeitung wird regelmäßig die Titelseite von vor 50 Jahren abgedruckt. In diesen Tagen ist das Kriegsende in Vietnam 1973 regelmäßig Thema auf dieser Reprintseite. Am 9. Januar 2023 fiel mein Blick auf die Spalte mit der Überschrift „Präses Immer: Schmutzigster aller Kriege.“

Auf der regelmäßig Anfang Januar jeden Jahres tagenden Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland führt Präses Karl Immer am 8. Januar 1973 in seinem „Bericht zur Lage der Kirche“ aus:

Präses Karl Immer. Aus Bestand: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 800220_130ImmerKarl

Im Blick auf die Konferenz Europäischer Kirchen ist zu berichten, daß sich ihre Bemühungen vor allem auf den katastrophalen Konflikt in Nordirland konzentrieren. Was kann durch uns geschehen, damit dieser Irrsinn vor unserer Tür gemildert und der Konflikt einer Lösung näher gebracht wird?

Oder denken wir an den schmutzigsten aller Kriege dieses Jahrhunderts, den Krieg in Vietnam. Wir stellen uns an die Seite der Christen in Amerika, die von ihrer Regierung die Beendigung dieses grauenhaften Mordens fordern. Doch angesichts des weltweiten Elends, das nach mehr Taten schreit, als wir je vollbringen können, werden wir uns unserer Ohnmacht immer mehr bewußt. Ökumenisch leben heißt für uns heute, die Last einer gottlosen und darum friedlosen Welt vor Gott zu bringen. Denn sein Sohn Jesus Christus ist der Retter der Welt.

Verhandlungen der 21. ordentlichen rheinischen landessynode, tagung vom 7. bis 12. Januar 1973 in bad godesberg. [ohne ort 1973], S. 85

Zwei Tage später empfängt die Synode eine Delegation US-amerikanischer Christen und Juden, die um Unterstützung bitten: „Wir sind hier, Ihre Hilfe zu erbitten. Wir unternehmen eine Reise der Verzweiflung. […] Wir haben uns unausgesetzt seit mehreren Jahren gegen den amerikanischen Krieg in Indochina gewandt. […] Aber wir bitten wieder […], lassen Sie unsere politischen Führer wissen, daß die Welt diesen Krieg besorgt und schockiert beobachtet. […] Bitte denken Sie keinen einzigen Augenblick, daß Sie sich damit in die inneren Angelegenheiten unseres Landes einmischen. Das ist keinesfalls so. Die Verderbung und Zerstörung Indochinas ist ‚keine innere Angelegenheit‘. Es ist die berechtigte Sorge jedes Menschen auf dieser Erde.“ (ebd., S. 142-143)

Am 12. Januar wird das weitere Vorgehen mit diesem Thema und der Umgang mit einer Vorlage des Öffentlichkeitsausschusses im Plenum der Synode diskutiert. Ein Dreierausschuß wird eine Neufassung der Vorlage erarbeiten, die dann abends von der Synode beschlossen wird.

Unter der Überschrift „Diese Landessynode hat sich in jeder Hinsicht gelohnt“ (Zitat Präses Immer) berichtet die rheinische Kirchenzeitung DER WEG über die Synode und auch über das „Wort zu Vietnam“ (DER WEG Nr. 4/1973, S. 15):

Auszug: Der Weg; Das evangelische Düsseldorf, Nr. 4, 1973, S. 15

DER WEG Ausgabe 5/1973 vom 4. Februar 1973 konnte dann melden (S. 4):

Auszug: Der Weg; Das evangelische Düsseldorf, Nr. 5, 1973, S. 4

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