Medikamentenspenden für die DDR. Ein Beispiel für die Arbeit des Evangelischen Hilfswerks in der Nachkriegszeit

Der Bundesverband der pharmazeutischen Industrie e.V. in Frankfurt/Main zeigte sich definitely not amused: Am 27. August 1955 richtete dessen Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Laar ein galliges Schreiben an das Hauptbüro Rheinland des Hilfswerks der EKD. „Außerordentlich große Mengen“ gespendeter amerikanischer Medikamente seien über das Hilfswerk an Krankenhäuser in Norddeutschland weitergegeben worden. Abgesehen von geltend gemachten Sicherheitsbedenken werde somit „der amerikanischen Industrie die Möglichkeit gegeben, auf einfache Weise Propaganda für ihre Arzneimittel zu machen“. Das Hilfswerk solle doch vielmehr Interesse an einer leistungsstarken und spendenwilligen deutschen Pharmaindustrie haben und daher Sorge tragen, dass derartige Spendenaktionen nicht mehr durchgeführt würden.

Innerhalb des Hilfswerks (Zentralbüro Stuttgart, das kritisierte Hauptbüro Schleswig-Holstein in Rendsburg, das angeschriebene Hauptbüro Düsseldorf) liefen nun die Drähte heiß, wie man auf diese heikle Kritik reagieren solle. Anfang Oktober brachte ein Telefonat zwischen Dr. Laar und Ludwig Geißel vom Zentralbüro „ein mehr als befriedigendes Ergebnis“, über dessen Details in unseren Akten aber nichts zu finden ist.

Dieser Konflikt soll nicht ablenken von der wichtigen Arbeit der sogenannten Medikamentenhilfe. Vor allem die Lieferungen des gegen Tuberkulose wirksamen Streptomycins und weiterer Antibiotika linderten in der Mangelwirtschaft der DDR vielfältige existentielle Nöte. In unserem Bestand Hilfswerk finden sich zahlreiche Dankschreiben. Die zentrale Überlieferung zu diesem Arbeitsfeld wird im Archiv für Diakonie und Entwicklung in Berlin verwahrt.

Schreiben des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industie e.V. an das Hilfswerk der Evangelischen Kirche vom 27.08.1955 bezüglich Verwendung von Medikamentenspenden aus den USA. Aus Bestand: AEKR 5WV 052 (Diakonisches Werk, Bestand Hilfswerk), Nr. 163
Schreiben des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industie e.V. an das Hilfswerk der Evangelischen Kirche vom 27.08.1955 bezüglich Verwendung von Medikamentenspenden aus den USA. Aus Bestand: AEKR 5WV 052 (Diakonisches Werk, Bestand Hilfswerk), Nr. 163

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