Es handelt sich um die Protokolle des Lokalkonsistoriums Moers. Diese Konsistorialkirche konstituierte sich im Jahr 1803. Schon seit 1798 wurden nach und nach die innerfranzösischen Verwaltungsstrukturen des revolutionären Frankreichs auf die besetzen Gebiete des linken Rheinufers übertragen.
Heute vor 100 Jahren sinniert Pfarrer Rudolf Harney (1880-1965) in der „Zeitschau“ des von ihm redigierten Düsseldorfer Sonntagsblattes über ganz profane Alltagserfahrungen nach. Er hat erlebt, wie nach dem harten Währungsschnitt vom 15. November 1923 wieder Lebensmittel und Waren in die Auslagen zurückkehren. Harney kann es nicht wissen, aber er wird in seinem Leben diese Erfahrung wiederholen: Ein Vierteljahrhundert später ist die deutsche Reichsmark wiederum wertlos geworden und mit der Währungsreform vom 20. Juni 1948 kehren quasi über Nacht lange nur im Schwarzhandel erhältliche Waren in die Geschäfte zurück.
Das ökonomische Verständnis gerade des von der Hyperinflation fast enteigneten deutschen Mittelstandes darf nicht überschätzt werden und Pfarrer Harney ist hier ein zeittypisches Beispiel. Dunkel raunt er von „spekulativen Börsenmanövern“, die die Reichsmark zusätzlich entwertet hätten. Die volkswirtschaftlichen Zusammenhänge, vorrangig die bis 1918 über Anleihen finanzierten immensen Kriegskosten sowie der letztlich über die Druckerpresse finanzierte sogenannte Ruhrkampf 1923, blendet Harney bewusst oder unbewusst aus:
Zeitschau.
Wir leben in der Zeit der Überraschungen. Vor wenigen Tagen, wenigen Wochen war in Düsseldorf kein Fetzchen Margarine zu fin- den. Stundenlang jagten die Hausfrauen umher, um schließlich ent- mutigt und dem Weinen nah, mit leeren Händen heimzukehren. In der Tasche hatten sie Papiergeld, das von Stunde zu Stunde an Wert verlor. Es war nicht zu ändern. Erwerbslose, aufgepeitscht von dunklen Ehrenmännern, rotteten sich zusammen, schlugen Fenster ein, raubten Lebensmittellager aus und trugen den Schrecken in die Bür- gerschaft. Da rief es von allen Seiten: Düsseldorf steht vor der Hungersnot. Und der Dollar kletterte immer höher, als wollte er den Mount Everest besteigen, und die Papiermark lag im Sterben. Da – plötzlich, ein Wunder geschah. Der Dollar, dieser kleine Schä- ker, machte plötzlich kehrt und ging zu Tal. Die Papiermark erholte sich, weil man ihr -es ist nicht zu fassen- in Berlin mit dem Stilllegen der Notenpresse den Lebensfaden abschnitt. Die Gehalts- zahlungen kamen ins Stocken, das Geld wurde rarer. Siehe, da sanken die Preise, und auf dem Markt und in den Geschäften häuften sich die Lebensmittel. Was habe ich heute für Berge von Butter, Speck, Fett und Schinken gesehen! Woher nun plötzlich dieser Reich- tum? Wie kommt es, dass auf dem Markt das längst verstummte süße Locken wieder ertönt: Ach, nehmen Sie doch diese Büchse Corned-Beef noch mit!? Wie kommt es, dass in Berlin ein Warenhaus 20 Prozent Rabatt gibt, wenn in Papiergeld gezahlt wird? Wo war denn alle die Ware, als wir vor Wochen Papiergeld genug in der Hand hatten, um kaufen zu können? Haben die Heinzelmännchen das alles in einer Nacht zu uns gebracht, um uns zu zeigen, wie schön es wäre, wenn wir noch das Geld des vorigen Monats in Händen hätten, denn dann könnten wir kaufen! Neulich konnten wir für 4 Billionen nicht bekommen, was jetzt für 2 und weniger im Überfluss vorhanden zu sein scheint. Wer erklärt uns dieses Naturwunder? Ich wäre für Aufklärung sehr dankbar; denn wir denken nicht gern etwas Böses von unseren lieben Nächsten. Gewiss haben die Heinzelmännchen oder der Nikolaus das geschafft.
Ob dieser Zustand anhalten wird? Ich fürchte nein; denn in un- serer Lage hat sich nichts geändert. Wenn nur der Dollar nicht wieder das Klettern anfängt und alle Lebensmittel als Proviant auf die Hochgebirgstour mitnimmt. Ich traue dem Racker solche kleine Bos- heiten zu. Das Unternehmen, die Mark zu festigen, hat einen hero- ischen Zug, aber kann es gelingen? Wir haben noch keine internationale Anleihe, und auch sonst ist der auf uns lastende Druck nicht vermindert, aber freilich, eines entzieht sich unserer Kenntnis, das ist die Be- urteilung, wie weit die Mark tatsächlich innerlich entwertet ist und wie weit sie nur durch spekulative Börsenmanöver gedrückt worden ist. Dass letzteres auch mitspielt, unterliegt keinem Zweifel.
Am 7. Dezember des Jahres 1952 begann in der jungen Bundesrepublik die Woche der sozialen Besinnung. Das war eine gemeinsame Aktion der freien Wohlfahrtspflegeverbände, allen voran des Evangelischen Hilfswerks. Ein Baustein der Hilfsaktion war die Übersendung von Liebesgaben zu Weihnachten an die Bewohner der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone.
Neu auf der Website des Archivs und im Portal „Archive in Nordrhein-Westfalen“ sind fünf Online-Findbücher von Beständen der Evangelischen Archivstelle Boppard. Es handelt sich um Archive von Evangelischen Kirchengemeinden im Saarland, auf dem Hunsrück und im Nordpfälzer Bergland, deren Findbücher zum Teil retrokonvertiert, zum Teil neu erstellt wurden:
Das Archiv der saarländischen Kirchengemeinde Niederlinxweiler enthält fast ausschließlich Akten des 19. und vor allem des 20. Jahrhunderts; ins 18. Jahrhundert zurück reichen lediglich einige wenige Vermögensunterlagen.
Das Archiv der ebenfalls im Saarland liegenden Kirchengemeinde Wolfersweiler, hingegen reicht bis 1600 zurück, ein Dokument stammt sogar aus dem Jahr 1586, allerdings in einer Abschrift von 1778. In dem sehr tief erschlossenen Bestand ist vor allem auf die ausgesprochen dichte Überlieferung zu Schulen, Kirche und Pfarrhaus zu verweisen.
Ebenfalls im frühen 17. Jahrhundert setzt die schriftliche Überlieferung der auf dem Hunsrück angesiedelten Kirchengemeinde Ellern-Mörschbach ein. Das Gemeindearchiv ist allerdings in Teilen lückenhaft. So war es beispielsweise nicht möglich, Personalakten der Pfarrer zu bilden, da die Unterlagen zu dürftig bzw. überhaupt nicht vorhanden waren. Auch das Rechnungswesen weist einige Fehlstellen auf. 2021 wurde der bis 1968 laufende Bestand um die Abkündigungsbücher der Jahre 1979-2014 ergänzt.
In einem Artikel für das ‚Ev. Gemeindeblatt für Württemberg‘ (aufgegriffen von der ev. Zeitung ‚Der Weg‘ vom 19. Okt. 1952) klagt der Theologe Dr. Kurt Hutten (1901-1979) in seinem Beitrag „Der Hunger nach dem Wunder“ über katholische Marienerscheinungen und „treiberische(n) Evangelisationsversammlungen, in welche die Gläubigen in Verzückungen geraten und in Zungen reden und Heilung erleben“ (S. 1). Der Wunsch der Menschen nach einer übernatürlichen Erscheinung oder Erfahrung gehöre für ihn zu den Symptomen einer Zeit, die geprägt ist durch das Atomzeitalter, Weltanschauungskämpfe, Diktaturen, eine immer schneller fortschreitende Technik, Rationalisierung und Bürokratisierung. Vor der kalten Realität sucht man Zuflucht im Übernatürlichen. Das Individuum „lechzt nach dem hinreißenden Erlebnis und der frommen Ekstase“ (ebd.).
Die Zeichen resp. „Symptome der Zeit“ hat wohl auch der amerikanische Baptistenprediger Billy Graham richtig erkannt, der mit seinen Evangelisationsevents tausende Besucher anzog. William Franklin „Billy“ Graham (1918-2018), der bei einer Verkündigungsveranstaltung 1934 selber ein Erweckungserlebnis hatte und sich daraufhin dem Studium der Theologie zuwandte, avancierte zu einem der einflussreichsten christlichen Prediger des letzten Jahrhunderts in den USA. Mit wachsender Popularität baute er ein regelrechtes „Unternehmen“ um seine Person, mit eigenem Missionswerk (die Billy Graham Evangelistic Association – BGEA), Radiosendungen, Buchveröffentlichungen, Schulungen, Fernsehen und Massenveranstaltung, letztere auch als „crusades“ (Kreuzzüge) bezeichnet.
Im Zuge der Bearbeitung des Bestandes der landeskirchlichen Einrichtung Pastoralkolleg Rengsdorf bin ich in den Gästebüchern auf den 181. Eintrag vom 8. Oktober 1933 gestoßen. Auf einer dreitägigen Veranstaltung tagte der „Vortragsausschuß der Glaubensbewegung Deutsche Christen und das Propaganda-Amt (Volksmissionarisches Amt) des Bistums Köln-Aachen“ unter der Leitung des Bischofs Dr. Heinrich Oberheid. Zu den Teilnehmern zählte auch das bekannte Brüderpaar Heinz und Karl Dungs.
Auf dieser Tagung formulierten die Deutschen Christen des Rheinlandes die sogenannten Rengsdorfer Thesen, denen Pfarrer Dr. Joachim Beckmann Ende 1933 widersprach und Gegenthesen aufstellte. Im Weckruf, dem Sonntagsblatt der Glaubensbewegung der Deutschen Christen wird in der 42. Nummer des 1. Jahrgangs (1933) der Ortsgruppe Krefeld verkündet, dass „Kirchensenat und Landesbischof der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union (…) am 5. Oktober Dr. Oberheid, (Pfarrer in Asbach (Westerwald) und kommissarischer Beauftragter beim Rheinischen) Konsistorium, zum Bischof von Köln-Aachen, zum ersten Bischof der neuen Evangelischen Kirche Rheinlands ernannt“ haben.
Auf der Titelseite der 43. Ausgabe des Weckrufs verbreitet Oberheid in dem Artikel „Den rheinischen Gemeinden zum Gruß!“ vom 10.10.1933 nationalsozialistische Propaganda. In der darauffolgenden Ausgabe des Weckrufs am 29.10.1933 wird die „Kirchliche Neueinteilung (des) Rheinlands“ verkündet und das neugeschaffene „Amt für Kirchliche Propaganda des rheinischen Bistums“ vorgestellt. Zum Leiter des Amtes wurde der Geschäftsführer der rheinischen Landesleitung der „Deutschen Christen“, Herr Heinz Lauterbach, Köln, berufen.
Lauterbach leitete einen Schulungskurs für Laien und Redner vom 16. bis 19. Oktober 1933 im Haus Hermann von Wied. In dem Gästebucheintrag haben sich die Teilnehmer unter der Abbildung eines Kreuzes mit dem Hakenkreuz eingetragen. Der Rheinische Präses Friedrich Schäfer (1871-1953) nahm an dieser Veranstaltung teil.
Bei diesem Schriftstück handelt es sich vom Genre her zunächst einmal um eine banale Quittung. Sie wurde 1590 in Frankfurt/Main in französischer Sprache ausgestellt und es geht um eine Kollekte aus Aachen („Aix“). Stutzig macht aber bereits der klangvolle italienische Name des Ausstellers und bei näherer Betrachtung erschließen sich europaweite Netzwerke der Kommunikation und finanziellen Unterstützung.
In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erleiden die an der Lehre Calvins orientierten Reformierten in Westeuropa vielfach das Schicksal der Vertreibung. Massiver religiöser Verfolgungsdruck herrscht im England der katholischen Königin Mary Tudor (reg. 1553-1558) ebenso wie unter der Statthalterschaft des Herzogs von Alba in den Niederlanden 1567-1573. Weitere Flüchtlinge aus Frankreich, der Wallonie und aus Antwerpen prägen die reformierten Gemeinden am Niederrhein, in Aachen und Köln.
Ein Beispiel ist die „Lucca-Connection“ der Familie Calandrini: Sie mussten 1567 auf Druck der Inquisition das toskanische Lucca verlassen und siedelten sich in Paris an. Dort überlebten sie 1572 knapp die Massaker der Bartholomäusnacht und flohen nach Sedan. Von dort zogen einige Mitglieder der Familie nach Antwerpen, dann 1585 vor den einmarschierenden Spaniern nach Frankfurt am Main. Der junge Textilkaufmann Cesare Calandrini (1550-1611) hatte sich bereits seit Mitte der 1570er Jahre in Nürnberg als einer der angesehensten Tuchhändler der Stadt etabliert. Sein Bruder Giovanni war erfolgreicher Bankier in Amsterdam, ebenso wie sein Schwiegersohn Philipp Burlamachi in London.
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