10 Jahre Archivblog

Aus der Perspektive eines Archivs, das nunmehr seit 171 Jahren besteht, mögen zehn Jahre eher wenig anmuten. Mit Blick auf die Kurzlebigkeit vieler Webangebote ist man hingegen schon beinahe ein Langläufer. Am 28.11.2014 ging jedenfalls das Blog des Archivs der Evangelischen Kirche im Rheinland online. Seither sind hier 850 Artikel erschienen, die von 22 Autorinnen und Autoren stammen.

Die Bandbreite der Artikel reicht von Hinweisen auf aktuelle Fortbildungsveranstaltungen oder Publikationen hin zu längeren Miszellen über ausgewählte historische Themen. Praktikanten berichten über ihre Eindrücke und Erfahrungen im Archiv, die sie entweder in Düsseldorf oder in Boppard erlebt haben.

Regelmäßiges Feature sind auch die Informationen über „frische“ benutzungsrelevante Online-Findmittel sowie digitalisierte Quellenbestände. Letztere sind über unsere 2023 vollständig überarbeitete Homepage bequem abrufbar.

Auch weiterhin werden wir gemeinsam versuchen, für eine bunte Vielfalt an interessanten Archivthemen zu stehen.

Eine Quelle zur Kirchengeschichte der Rheinprovinz für die Zeit von 1816 bis 1860: die Amtsblätter der Königlichen Regierungen (Regierungsbezirke)

Für die ersten fast 50 Jahre der preußischen Verwaltung in der Rheinprovinz, also für die Zeit von 1816 bis 1860, ist die Quellenlage zur Kirchengeschichte in unserem Archiv sehr dünn. Die Sachakten des Konsistoriums in Koblenz und die Personalakten der Pfarrer aus dem 19. Jahrhundert wurden beim Bombenangriff 1944 auf Bonn im Gebäude des Provinzialkirchenarchivs zerstört. Die sog. Ortsakten mit den Vorgängen zu den Kirchengemeinden beginnen überwiegend erst nach 1850; älteste Serie sind in der Regel die Pfarrstellenakten, die bei den alten Gemeinden zwischen 1846 und 1854 einsetzen. Der Bestand „Provinzialkirchenarchiv“ (1OB 020) enthält für die Zeit nach 1815 nur wenige Archivalien. Einen guten Überblick zur Überlieferung auch anderer Archive bietet das Vorwort des Findbuchs zum Bestand 1OB 002 (Konsistorium), S. 6 ff.

Das „Kirchliche Amtsblatt des Königlichen Consistoriums der Rhein-Provinz“ wurde erst mit der Nr. 1 vom 1. Juli 1860 eingeführt. Aber es existiert für die Jahrzehnte davor eine Quelle, für die man beim ersten Blick keine Erkenntnisse zur Kirchengeschichte erwarten würde:

Amtsblatt der Regierung zu Düsseldorf. Ausgabe Nr. 31 von 1816(Titelblatt). AEKR, Archivbibliothek, Sig. ZA 3

das „Amts-Blatt der Königlichen Regierung“, das in jedem der später so genannten Regierungsbezirke Aachen, Düsseldorf, Koblenz, Köln, Trier und Kleve (bis 1821) erschienen ist. Diese Amtsblätter sind in unserer Archivbibliothek überliefert, im Katalog allerdings noch nicht abschließend erfasst. Auch digital sind die Amtsblätter inzwischen überwiegend frei zugänglich. Im Folgenden möchte ich eine Übersicht über die digital im Internet vorliegenden Bestände geben (Quelle: Zeitschriftendatenbank – ZDB, und Google):

Weiterlesen

Online-Bildarchiv ist nun fertig eingerichtet

Gut Ding will Weile haben“, hieß es mit Blick auf unser neues Online-Bildarchiv. Wir hatten ja bereits am 16. Oktober hier auf dem Blog über den Anbieterwechsel und den Transfer unserer Bilder in ein neues System informiert. Mittlerweile sind auch die letzten „Schönheitsfehler“ behoben und der Medienpool fertig eingerichtet.

Die Navigation im Medienpool ist relativ intuitiv, der Einstieg gestaltet sich einfach. Vieles wird treuen Usern bestimmt auch noch von der alten Web-Präsenz vertraut sein. Für neue und interessierte Besucher und Besucherinnen gibt es hiermit einen kleinen „Guide“ durch das Online-Bildarchiv des Archivs der EKiR.

Das Wichtigste zuerst: zum Medienpool gelangt man direkt mit dem Link: archiv.mediencenter.ekir.de oder über die Rubrik Bildarchiv auf unserer Website. Auf der Startseite angekommen lassen sich alle relevanten Informationen mit einem Blick erfassen. Oben links finden sich grundlegende Angaben zu der Anzahl der im Archiv verwahrten Bilder, zu der Anzahl der online recherchierbaren Bilder oder zu den Nutzungsbedingungen. Leider war die Platzierung eines Hyperlinks nicht möglich, so dass der zitierte Link zur PDF über die Nutzung der Bilddatenbank und zu Download-Rechten am besten kopiert und in den Browser eingegeben wird. Wer sich ausführlicher zum Bildarchiv informieren möchte, schaut einfach auf unserer Homepage vorbei.

Weiterlesen

Erster Teil der Kirchenkampfakten von Joachim Beckmann online

Joachim Beckmann, AEKR 8SL046 (Bildarchiv)

Wilhelm Joachim Beckmann (1901–1987) war ein herausragender Wegbereiter und führender Vertreter der Bekennenden Kirche im Rheinland. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangte er als Hochschullehrer und Chronist des Kirchenkampfes, sowie ab 1958 als Präses der jungen rheinischen Landeskirche große Bekanntheit. Neben seiner Arbeit als Präses der rheinischen Landeskirche war Beckmann auch als Schriftsteller und Theologe aktiv. Seine Schriften und Reden trugen entscheidend dazu bei, das historische Erbe des Kirchenkampfes zu bewahren und das kirchliche Leben in der Nachkriegszeit zu gestalten.

Seine umfassenden Handakten zum Kirchenkampf (6HA004 Kirchenkampfakten Joachim Beckmann), die als bedeutende Quelle für die Zeitgeschichte gelten, gehören zu einem Archivbestand, der regelmäßig von Forschenden eingesehen wird. Aus diesem Grund haben wir in diesem Jahr begonnen, diese Akten schrittweise zu digitalisieren und sie als PDF-Dateien auf unserer Website einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wir freuen uns, dass nun der erste Teil A, „Schriftwechsel 1938–1945“, zum Download bereitsteht.
Die Digitalisierung der Kirchenkampfakten ist Teil eines größeren Projekts, das darauf abzielt, die Geschichte des Widerstandes in der Kirche zu bewahren und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. In den kommenden Monaten werden weitere Akten und Dokumente aus dem Archiv digitalisiert und online gestellt, um ein noch umfassenderes Bild des Kirchenkampfes zu vermitteln.

Transkription der Protokolle der Moerser Konsistorialkirche abgeschlossen

Die Protokolle des Moerser Konsistoriums sind nun in ihrem vollständigen Verlauf von 1803 bis 1817 digitalisiert und transkribiert und sind auf unserer Homepage abrufbar.

In den Protokollen des Moerser Konsistoriums aus den Jahren 1805 bis 1812, die im Juli online gestellt wurden, war eine zunehmende Routine in den neuen Verhältnissen unter der französischen Herrschaft spürbar.

Insgesamt aber „war die Zeit der Franzosenherrschaft zu kurz, als dass sich die inneren Verhältnisse der Kirchen hätten stabilisieren können“ (Hermann-Peter Eberlein, in: Evangelisch am Rhein, S.73). Das wird auch in den Moerser Protokollen in den Jahren ab 1813 deutlich, als sich der Sieg Preußens über Napoleon abzeichnete.

Protokolle des Konsistoriums Moers, Mitteilung über das Examen des Kandidaten Heinrich Esch, 23.6.1815, aus Bestand 3MB 006, Nr. 86

Weiterlesen

World Digital Preservation Day vom 7.11.2024

https://afz.lvr.de/de/presse/meldung/meldung_33664.html
(Stand 7.11.2024)

Auch in diesem Jahr fand der „World Digital Preservation Day“, also der Welttag zur digitalen Erhaltung, statt. Dieser dient dazu, auf den digitalen Wandel und den Erhalt des kulturellen Erbes aufmerksam zu machen. Denn Digitalisierung und sich stetig wandelnde äußere Einflüsse bringen ständige Veränderungen mit sich, die sich auch auf die Aufgabenbereiche der Archivierung auswirken und Archive vor neue Herausforderungen stellen. Das LVR-AFZ beteiligt sich bereits seit vier Jahren mit einem Online-Vortrag anlässlich des World Digital Preservation Days. Das diesjährige Motto lautete „Preserving Our Digital Content: Celebrating Communities“ und gab Anlass, über nationale Grenzen hinaus auf europäische Ebene zu blicken. Aus diesem Grund referierte der Direktor des Historischen Archivs der Europäischen Union am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz, Dr. Dieter Schlenker, und gewährte den Teilnehmenden einen Einblick in das Archiv und die Arbeitsweisen.
Nach einem kurzen Abriss zum Begriff der Europäischen Einigung wurde die zentrale Rolle des HAEU vorgestellt. Es handelt sich um ein Spezialarchiv zur Geschichte der Europäischen Union und der Europäischen Einigung mit der Mission, Unterlagen zu den Archiven der EU-Behörden, zu privaten Nachlässen, sowie zu Archiven anderer öffentlicher und privater europäischer Organisationen, Vereine und Stiftungen zu sammeln, aufzubewahren und den Nutzenden zugänglich zu machen. Die Bestände des HAEU umfassen 8.500 laufende Meter Papierakten (1951–1993) und 1.500 laufende Meter (1890er bis heute) an Privatbeständen. Wie in den meisten Archiven ist auch beim HAEU Digitalisierung (On Demand und digitale Langzeitarchivierung) ein großes Thema. Seit 2015 betreibt das Archiv daher eine systematische Digitalisierung mit dem Ziel, einen exklusiven Online-Zugang zu gewähren und nur in Ausnahmefällen Zugang zum Original im Lesesaal zu ermöglichen. Dabei steht das Archiv natürlich auch zunehmend vor neuen Herausforderungen, wie etwa komplexeren Suchmethoden, der Masse an Informationen, Copyright-Fragen, interkulturellem Eigentum und neuen Aggregatoren wie zum Beispiel Archives Portal Europe.
Abschließend wurden die neuen Rollen für Archivare im HAEU aufgezeigt, die sich durch die Entwicklungen der letzten Jahre ergeben haben. Nutzende haben ihre Erwartungen erhöht, und somit muss der Archivar die Rolle von Sachverwalter und Bewahrer von Kulturgut bis hin zum Promoter, Förderer und Kurator übernehmen. Hinzu kommt, dass viele der Nutzenden keine archivische Erfahrung haben, weshalb der Archivar auch eine Art Bildungsauftrag übernimmt.
Am Ende des Vortrags wurde dann noch einmal die Gelegenheit gegeben, Fragen zu stellen und in einen Austausch einzutreten. Insgesamt bekam der Vortrag viel Zuspruch von allen Teilnehmenden.

Ein Pfarrer als Krimiautor stellt sich einen Archivar vor  

Zu den Sammelgebieten unserer Archivbibliothek gehören die Publikationen rheinischer Theologinnen und Theologen, durchaus jenseits von Homiletik oder Kirchengeschichte. So ist vereinzelt auch das Genre des Kriminalromans vertreten. Zu nennen sind hier der frühere Koblenzer Superintendent Hans Warnecke oder der Kirchberger Pfarrer Christian Hartung. Auch Dr. Rudolf Mohr (1933-2013), Pfarrer in Düsseldorf und langjähriger verdienstvoller Vorsitzender des Vereins für Rheinische Kirchengeschichte, steuerte zwei Beispiele bei. Im Jahr 2000 erschien „Dein getreues Opfer von heute“ mit dem Untertitel „Ein historischer Kriminalroman aus dem Jahr 1978“. Der Nachfolgeband „Zu spät“ mit gleichem Untertitel erschien 2003.

Kriminalromane von Rudolf Mohr

Im ersten Roman stößt der Düsseldorfer Hauptkommissar Oskar Fischer in seinem aktuellen Mordfall auf einen Zettel mit unerklärlichen Zitatfragmenten. In jener fernen Epoche vor Webrecherchen verabredet er sich folglich in einem Restaurant mit einem ihm bekannten Experten:

Mit einem im Beobachten und Wahrnehmen geschulten Blick hatte Fischer schnell den Mann entdeckt, den er suchte, mittelgroß, tadelloser dunkelgrauer Anzug mit gemusterter farbenfroher Krawatte, randloser Brille, gemessenen Bewegungen, distinguiert, gebildet; einer von der Sorte, bei denen man sich verpflichtet fühlt, sich aller Anstandsregeln, die man einmal in der Tanzstunde zu hören bekommen hat, schnellstens wieder zu entsinnen; und einer von jenen Leuten, die einem wegen ihres Wissens und ihrer geistigen Kapazität ein schlechtes Gewissen erzeugen für jede geschwänzte Schulstunde und überhaupt wegen allem, was man zu lernen versäumte.

Der Herr, der eine solche Wirkung auf Fischer auszuüben vermochte, dessen Schülertage lange zurücklagen und der ein Leben lang nicht mehr dazu gekommen war, geistige Interessen zu pflegen, wie er es eigentlich gern getan hätte, war wohlbestallter, sich seiner Würde bewusster Archivdirektor ­– Die kleine Elite der Archivare wird aus denen ausgewählt, die ihre Examina mit Eins gemacht haben, hatte er einmal beiläufig verlauten lassen – und zudem in der glücklichen Lage, für seinen Lebensunterhalt nicht auf sein Gehalt angewiesen zu sein. (S. 24f.)

Weiterlesen