Spendenfärsen aus den USA: Aus der Arbeit des Evangelischen Hilfswerks

Können Sie spontan etwas mit dem Begriff Spendenfärsen anfangen? Eine Färse (englisch: Heifer) ist bekanntlich ein junges weibliches Rind, das noch nicht gekalbt hat. Weshalb sollte sich das Blog eines kirchlichen Archivs mit diesen Tieren beschäftigen?

Nicht weniger als fünf dicke Aktenhefter im Bestand 5WV 052 (Ev. Hilfswerk) führen den Aktentitel „Spendenfärsen“. Es gab also in den 1950er Jahren offensichtlich intensiven Schriftverkehr um diese gespendeten Kühe. Ausgangspunkt ist die 1944 gegründete und heute noch bestehende amerikanische Organisation Heifer International.

Informationsschreiben der Färsen Projekt Vereinigung(ca. 1955). Aus Bestand: AEKR 5WV 052 (Diakonisches Werk, Bestand Hilfswerk), Nr. 202

Gemäß deren Auflagen mussten die Empfänger bedürftige Flüchtlinge sein und nachweisen, dass sie bereits in ihrer früheren Heimat als Landwirt tätig gewesen waren. In Deutschland betraf dies in der Regel Vertriebenenfamilien aus den ehemaligen Ostgebieten. Sie verpflichteten sich, das erstgeborene weibliche Kalb einem anderen bedürftigen Flüchtlingsbauern abzugeben

Das Hilfswerk und auf katholischer Seite die Caritas sorgten im Zusammenspiel mit staatlichen Stellen für die Bearbeitung der zahlreichen Anträge, die oft zunächst von den Ortspfarrern gesammelt und weitergeleitet worden waren. Das Procedere bei einer Übergabe von Tieren in Düsseldorf 1957 veranschaulicht ein Informationsblatt des Hilfswerks:

Schreiben des Hilfswerks der Evangelischen Kirche im Rheinland über Spendenfärse vom 08.07.1957. Aus Bestand: AEKR 5WV 052 (Diakonisches Werk; Bestand Hilfswerk); Nr. 204
Schreiben des Hilfswerks der Evangelischen Kirche im Rheinland über Spendenfärse vom 08.07.1957. Aus Bestand: AEKR 5WV 052 (Diakonisches Werk; Bestand Hilfswerk); Nr. 204

Bis Ende 1955 wurden ca. 2.500 Kühe über Bremerhaven nach Deutschland eingeschifft. Davon kamen 268 an Bauern in Nordrhein-Westfalen. Weitere 600 Tiere waren für 1956 geplant. Von daher erscheint die Angabe auf der Webseite von Heifer International, bis 1957 seien 10.000 Rinder für Deutschland gespendet worden, reichlich aufgerundet. Nach dem bereits 1958 ein Dissens zwischen deutschen und amerikanischen Stellen über unterschiedliche Kriterien bei der Brucellose-Schutzimpfung den Transfer von Rindern aus den USA de facto blockiert hatte, stellte Heifer International das Spendenfärsen-Programm für Deutschland 1960 auch offiziell ein.

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