Oft fälschlich mit der Sütterlinschrift gleichgesetzt (diese bereits vereinfachte Schulschrift wurde erst 1915 eingeführt), wurde die Kurrentschrift 1941 durch einen Erlass Martin Bormanns als Schreibschrift abgeschafft. Ein nützliches Buch zum Einstieg in das Lesen ist „Die deutsche Schrift“ von Fritz Verdenhalven. Er geht aus von den einzelnen Buchstaben über einzelne Wörter zu leichten Texten bis hin zu schwierigeren Beispielen. Es ist ebenso noch im Handel erhältlich wie die anspruchsvolleren Schriftbeispiele, während die „Deutsche Schriftfibel“ von Kurt Gladt und die Sammlung „Thun kund und zu wissen jedermänniglich“ leider vergriffen sind.
Eine Transformation dieser Übungsbeispiele ins Web bietet die „Digitale Schriftkunde“, ein Angebot der staatlichen Archive Bayerns. Hier sind z. Zt. 122 Texte mit Transkription aus dem 8.-20. Jh. eingestellt. Durch die beliebige Variation der Ansicht ergibt sich ein Mehrwert gegenüber den gedruckten Medien. Deutlich ehrgeiziger ist freilich das mit EU-Mitteln geförderte Projekt Transkribus der Universität Innsbruck. Nach Registrierung können die Nutzer die Software herunterladen und die zu entziffernden Texte einspeisen. Nach dem Hochladen steht eine HTR-Engine (Handwritten Text recognition) zur Verfügung. Hilfreich ist die deutschsprachige Benutzungsanleitung. Man muss fairerweise sagen, dass sich das Programm noch in der Entwicklung befindet. Die bisherigen Ergebnisse sind ausbaufähig, was vor allem dardurch bedingt ist, dass die lernfähige Software noch mehr „Futter“ an einschlägigen Textvorlagen benötigt. Für Anfang 2016 wird eine Beta-Version avisiert und bei der Fachtagung „Technology meets Scholarship“ am 19.-21. Januar 2016 in Marburg werden sich Anwender und Entwickler über die bisher gemachten Erfahrungen austauschen.
Danke für den tollen Beitrag. Ich habe neulich den Keller entrümpelt und habe alte Briefe meines Großvaters gefunden. Die waren alle in Kurrentschrift geschrieben, sodass ich es leider nicht lesen konnte. Gut, dass sich heutzutage noch Leute mit der Übersetzung der Kurrentschrift befassen. Glücklicherweise wurde ich im Internet schnell fündig.
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Die empfohlene, aber als vergriffen bezeichnete Sammlung „Thun kund und zu wissen jedermänniglich“ steht online zur Verfügung: https://afz.lvr.de/media/archive_im_rheinland/publikationen/archivhefte/LVR_Archivheft32.pdf.
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