Polizeiarbeit im frühen 20. Jh. – Historische Quellen mit Mehrwert

Bei der Digitalisierung von Archivalien stellt sich für ein Archiv immer die Frage, womit anfangen? Am liebsten würde man gerne sämtliche Quellen für Wissenschaft und Öffentlichkeit möglichst einfach zugänglich machen, aber dafür reichen die finanziellen und technischen Ressourcen in der Regel bei Weitem nicht. Zum Glück gibt es Förderprogramme, die ausgewählte Projekte finanziell unterstützen. Ein wichtiges Kriterium für die Bereitstellung von öffentlichen oder privaten Geldern für ein Digitalisierungsprojekt, ist der Quellenwert eines Bestandes für die wissenschaftliche Forschung. Die DFG fördert derzeit die Digitalisierung eines dieser historisch wertvollen Bestände im Landesarchiv NRW, die „Archivalien zur Überlieferung der preußischen Regierungen als staatliche Polizeibehörden aus dem 19. und der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts im Rheinland und Ostwestfalen“.

Die Exekutive des preußischen Obrigkeitsstaates im 19. und frühen 20. Jahrhunderts drang mit starker Reglementierung und Kontrolle in mehr Lebensbereiche der Bevölkerung ein, als wir es von unseren heutigen Ordnungshütern gewöhnt sind. Eine umfassend differenzierte Polizeiverwaltung übernahm nicht nur sichernde, ordnende und strafrechtliche Funktionen, sondern auch administrativ-regulative Tätigkeiten, die heute von der allgemeinen Verwaltung ausgeübt werden.

Somit liefern diese Bestände wichtige Quellen für die regionale Forschung hinsichtlich historischer Phänomene und gesellschaftlicher Prozesse. Sie sind nicht nur strafrechtlich relevant, sondern können beispielsweise auch Hinweise auf die Bevölkerungsentwicklung oder auf den strukturellen Auf- und Ausbau der Städte und Dörfer geben. Dabei stehen sie meist in Bezug zu anderen Beständen, beispielweise zu denen des preußischen Evangelischen Oberkirchenrats.1

Auch zu den Archivbeständen der EKiR lassen sich Verbindungen ziehen. Zum Beispiel der Prozess der evangelischen Gemeinde in Solingen gegen die preußische Wegepolizeibehörde und die Stadt im Jahre 1908. Neben Folgen für die Mobilitäts- und Stadtentwicklung der Stadt Solingen hat dieser Prozess auch Auswirkungen auf die Kirchenrechtsentwicklung und deren Auslegung in den ehemaligen französischen Gebieten gehabt.

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