Schweißgebadet zur Bibelstunde: Die Betreuung von Hollandgängern im 19. Jahrhundert

Bereits in den Jahrzehnten nach dem Dreißigjährigen Krieg hatten die wirtschaftlich prosperierenden Niederlande Wanderarbeiter aus dem Münsterland und dem Lipperland angezogen. Den Anstoß zu einer pastoralen Betreuung dieser sogenannten Hollandgänger gab aber erst Johann Hinrich Wichern, der in seiner berühmten Rede auf dem Wittenberger Kirchentag 1848 erstmals die sozialen Folgen der Industrialisierung in den Blick nahm: „Wir Deutschen sind nicht bloß ein ansässiges, sondern zu Hunderttausenden noch ein Nomadenvolk.“

Deutsches Notgeld aus Freren, im Wert von 75 Pfennig, aus dem Jahr 1921.

Der daraufhin neugebildete „Central-Ausschuß für Innere Mission“ warb seit den 1860er Jahren einen Kreis von ca. 40 Reisepredigern an, die in detaillierten Berichten ihre seelsorgerliche und oft auch soziale Betreuung der Wanderarbeiter dokumentierten. Einige davon sind im Original in unserem Altbestand zum Rheinischen Provinzialausschuss enthalten, seit 2007 liegt auch eine umfassende Edition dieser interessanten Zeugnisse vor.

Zu dem Kreis der saisonalen Reiseprediger zählte der Süchtelner Pfarrer August Grashof (1825-1898), der zwischen 1872 und 1883 sechsmal in Nordbrabant weilte und dort vor allem Arbeiter aus Ladbergen im Tecklenburger Land betreute. Aus dieser gerade 2.200 Einwohner zählenden Gemeinde gingen von April bis Juli jährlich ca. 200 Männer auf Hollandgang zum Torfstechen. Aus dem Reisebericht von 1874 sei ein Abschnitt wörtlich zitiert:

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