Die drei Freunde des Archivars: Die Erhabene, der Alte und das Verstaubte.

„In dreierlei Hinsicht gehört die Historie dem Lebendigen: sie gehört ihm als dem Tätigen und Strebenden, ihm als dem Bewahrenden und Verehrenden, ihm als dem Leidenden und der Befreiung Bedürftigen.“

Friedrich Nietzsche

Ich habe 5 Wochen im Landeskirchenarchiv der Evangelischen Kirche im Rheinland verbracht. Dort absolvierte ich mein Archivpraktikum im Rahmen der Veranstaltung „Erlebnis Archiv“. Ich studiere selbst Geschichte und daher war mir der Gang ins Archiv und dessen unglaublicher Nutzen für die historische und geschichtskulturelle Arbeit selbstverständlich vertraut. Was gibt es Schöneres, als in einem Archiv zwischen jahrhundertealten Dokumenten und Handschriften zu stöbern, die Vergangenheit zu bewahren und eigenständig Akten zu ordnen und zu sortieren?

Ich habe einen Teilbestand des Hackhauser Hofes bearbeitet, einer Jugendbildungsstätte in Solingen, die Jugendseminare anbietet und zum Beispiel in einem interkulturellen Workshop Identitäten hinterfragt.

In der dritten Woche habe ich im Rahmen einer Umsortierungsaktion dabei geholfen, bis zu 400 Archivkartons von A nach B zu schieben. In dem wie einem Raumschiff anmutenden Inneren des Außenstandortes Meerbeck galt es, viele zur Kassation (Vernichtung) anstehende Akten in einen Sprinter nach Düsseldorf zu verfrachten.

Als zweiten Bestand habe ich die gesammelten Handakten des Pfarrer Helmut Aston zur Tauffrage gesichtet und geordnet. Denn damals in den 1960ern ging es hoch her in der evangelischen Kirche, die sich der Frage stellen musste, welche Rolle der Wille der Kinder bei der Taufentscheidung spielte. Einige „woke“ Pfarrer*innen wollten ihre Kinder nicht taufen. Dass die Gemeinden und Kirchenleitungen dies oft anders sahen, führte zu so einigen Konflikten. Denn was wäre eine Kirche ohne die Kindestaufe?

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