120 Jahre Aktenplanarbeit in der Rheinischen Kirche

Am 17. Januar 1902 versandte der damalige Generalsuperintendent Valentin Umbeck seinen „Plan zur Einrichtung von Pfarrarchiven“ an alle rheinischen Kirchengemeinden. Den in sieben Titel gegliederten Plan hatte man bewusst im Folio-Format gedruckt, um als Übersichtshilfe an den Innenseiten der hölzernen Archivschränke angebracht zu werden. Bei meinen ersten Archivpflegeterminen Mitte der 1990er Jahre habe ich in einigen Landgemeinden noch genau diesen Zustand vorgefunden.

Plan zur Einrichtung von Pfarrarchiven des Generalsuperintendenen Valentin Umbeck vom 17.01.1902.

Auch und gerade im Zeitalter von DMS-gestützten Registraturen und der Einführung von E-Akten hat der strukturierte Aktenplan seinen Wert behalten oder vielleicht sogar gesteigert. Dies ist interessanterweise Konsens nicht nur im archivwissenschaftlichen Fachdiskurs, sondern auch zwischen Beratungsstellen für die Verwaltung und den Anbietern von DMS-Software. Freilich bedurfte der 2004 eingeführte Einheitsaktenplan der EKiR einer gründlichen Aufarbeitung. Zufällig auf den Tag genau 120 Jahre nach Umbeck wurde jetzt in der Ausgabe des Kirchlichen Amtsblattes der Evangelischen Kirche im Rheinland vom 17.1.2022 die neue Schriftgutordnung der EKiR publiziert. Als Anlage enthält sie den novellierten Einheitsaktenplan mit Stichwortverzeichnis; alle Texte findet man am übersichtlichsten hier.

Die vier Generationen, die zwischen dem Umbeckschen Aktenplan und dem aktualisierten Einheitsaktenplan der EKiR liegen, spiegeln sich zwangsläufig in der Wahl der Aktentitel und Betreffe wider. Im Kaiserreich führte man demnach sorgfältig „Verzeichnisse der gemischten Ehen“ (also konfessioneller Mischehen) und wachte über die „Ausübung der Kirchenzucht“. Die „Dispensation vom konfirmationsfähigen Alter“ war vor allem für die Landwirtschaft von Bedeutung, damit die noch nicht 14-Jährigen als Arbeitskräfte eingesetzt werden konnten. Unter Titel V (Verhältnis zu anderen Religionsgemeinschaften) nahm man neben Katholiken und Juden vor allem die „Separatisten und Sektierer“ in den Blick.

Demgegenüber hätte der würdige Generalsuperintendent wahrscheinlich über einige Aktentitel im Plan von 2022 irritiert die Stirn gerunzelt: IT-Sicherheit (Az. 03-14), Gleichstellung (Az. 17-34), Digitale Gottesdienste (Az. 21-9), Sepulkralkultur (Az. 66-0), Risikomanagement (Az. 90-5) oder Fundraising (Az. 95-7) dürften ihm so wenig bedeutet haben wie uns die imaginären Betreffe aus dem Jahr 2122.

Erstaunlich ist aber dennoch die inhaltliche Schnittmenge zwischen beiden Aktenplänen. Regelungen für die gottesdienstlichen Handlungen, Personalwesen, Grundstücks- und Vermögensverwaltung sowie Fragen des Bauwesens und der Statistik nehmen in beiden Fällen den größten Raum ein. Über neue Formen der Schulung für die praktische Arbeit mit dem Aktenplan in den kirchlichen Verwaltungs- und Gemeindeämtern berichten wir demnächst.

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