Der Bestand „Evangelischer Brüderverein“ ist nun als Findbuch online verfügbar

Der Evangelische Brüderverein

Revolutionäre Unruhen, die drängender werdende Soziale Frage und die Etablierung einer sich von kirchlichen Zwängen freimachenden Gesellschaft waren einige der Faktoren im 19. Jh., die die Erweckungsbewegung auslösten und die Formierung gesellschaftsrechtlicher Vereine begünstigten.

Beispielhaft für die Vereinsbildung im kirchlichen Bereich ist der Evangelische Brüderverein im Rheinland, der „von einem Kreis entschieden Gläubiger Männer“ am 19. Juni 1850 in Vohwinkel konstituiert wurde. Als Mitbegründer werden genannt: der Elberfelder Gymnasialdirektor Dr. Bouterwerk, der Kaufmann Friedrich Wilhelm von den Steinen (Wülrath), der Landwirt Albert Schoel (Gruiten) und der Kaufmann Karl Wilhelm Neviandt (1792-1870 Mettmann, Grafes Schwiegervater).  Den eigentlichen Anstoß dazu aber brachte der Kaufmann Hermann Heinrich Grafe aus Elberfeld (1818-1869).

Portrait Hermann Heinrich Grafe ( 1818-1869) Kaufmann in Elberfeld

Portrait Hermann Heinrich Grafe ( 1818-1869) Kaufmann in Elberfeld

Hermann Grafe stand in familiärer Verbindung zur Familie Neviandt (hugenottischer Herkunft) und war Mitinhaber der Textilfabrik Grafe & Neviandt in Elberfeld. Sein Impuls zur aktiven Erweckungsbewegung wird den tersteegenschen Einflüssen zugeschrieben. Aber auch Eindrücke aus der von Adolphe Monod gegründeten evangelischen Gemeinde in Frankreich (Eglise évangelique libre) werden in Grafes Gemeindeausrichtung vermutet.

 Hermann Grafe vor 1870, ohne Angaben

 

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Eine der Leitlinien des Evangelischen Brüdervereins war das proklamierte Selbstverständnis eines unabhängig wirkenden Missionsvereins. Dieser organisierte und finanzierte sich auf Basis von verpflichtenden Beitragszahlungen seiner Mitglieder selbst. Mitglied im Brüderverein konnte jeder evangelische Christ werden, „der die erlösende Kraft des Evangeliums an seinem Herzen erfahren habe“. Die missionarischen Tätigkeiten des Vereins bezogen sich insbesondere auf das Bergische Land, Nassau und Waldeck sowie später auch am Niederrhein und Hunsrück. Hier wurden Schriften (der Säemann) verteilt sowie Hausbesuche und Versammlungen abgehalten. Besonders die Themen der Abendmahlfrage und Taufen bereiteten so manch Auseinandersetzungen und Konflikte.

Die zeitgeschichtlichen Quellen des Ev.Brüdervereins beleuchten die Frömmigkeitsbewegung des vorigen Jahrhunderts sowie auch die Entstehung Evangelisch Freikirchlicher Gemeinden (FEG). Von besonderem Wert sind für den Tersteegenforscher der  Briefwechsel Tersteegens und die Bestände der Bibliothek Otterbeck, die sich noch aus der Zeit Tersteegens erhalten haben. Hymnologen finden alte und selten gewordene Gesangbücher.

Festschrift des Ev. Brüdervereins. Eine Wochenschrift für Mission in der Heimath und häusliche Erbauung.

Brief Gerhard Tersteegen an Bruder Hend. Sommer im 25. Juni 1738

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der vorliegende Bestand wurde nach der Vereinsauflösung am 05.11.2008 von Dr. Hans Horn (Waldbröl), Vorsitzender des Brüdervereins, auf vertraglicher Basis an das Archiv der Evangelischen Kirche im Rheinland abgegeben.

Er liegt nun elektronisch erschlossen vor und kann benutzt werden. Weitere ausführliche Informationen zum Inhalt und finden Sie im >> Online-Findbuch.

Inhalt: Unterlagen aus der Gründungszeit; Ordnungen und Statuten; Vorstandsberichte, Versorgungs- und Personalakten, Dienstberichte der Brüder, Verhältnis des Brüdervereins zur Landeskirche und anderen Institutionen; Besitztümer und Bauweisen der Vereinshäuser (Elberfeld, Otterbeck, Sobernehim, Waldbröl u.a.); Nachlassunterlagen Ewald Horn; umfängliche Bildersammlung über Andachts- und Erbauungsbilder, Fotos der Pilgerhütte Otterbeck und zahlr. Portraits;

Literatur: Fritz Koch: Der Evangelische Brüderverein in Elberfeld von 1850 bis 1900. Ein Jubiläumsgruß, Elberfeld: o. J. (1900); Friedrich Kaiser: Gustav Schlechter. Eine Skizze seines Lebens und Wirkens. Waldbröl: Haupt ca.1925; Festschrift: Hundert Jahre Evangelischer Brüderverein 1850-1950. In: Der Sämann. Zeitschrift des Evangelischen Brüdervereins. 99. Jg. Juni 1950; Hans Horn: Der Evangelische Brüderverein. Zur Geschichte des Missionsvereins zwischen Landeskirche und Freikirche. In: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 24. Jg. 1975; Hans Horn: Wilhelm Alberts (1829-1865). Ein Vorkämpfer der sogenannten Brüderbewegung aus dem Oberbergischen. In: Monatshefte für Evangelische Kirchengeschichte des Rheinlandes 76. Jg. 1977; Hartmut Lenhard: Die Einheit der Kinder Gottes- Der Weg Hermann Heinrich Grafes (1818-1869), zwischen Brüderbewegung und Baptisten, R. Brockhaus, Wuppertal 1977.

 

Ergänzung:

das siwiarchiv verweist auf Siegerland-Bezüge zu Personen (Wilhelm Reuter, Vorstand, Siegen 1937; Jakob Siebel, Evangelist, Eiserfeld; Walter Alfred Siebel, Freudenberg), zu einem der Arbeitsberichte der Brüder (Jakob Siebel, Eiserfeld) und zur Immobilie des Vereins im Siegerland (Haus Kaan in Marienborn bei Siegen).

 

Ein Gedanke zu „Der Bestand „Evangelischer Brüderverein“ ist nun als Findbuch online verfügbar

  1. Hermann Heinrich Grafe war kein Pastor sonder Kaufmann. Er hatte leider nie ein Theologiestudium absolviert, doch er war Autodidakt und las sich sein theologisches Wissen selbst an. Grafe war vor seinem Austritt aus der reformierten Landeskirche in Wuppertal (1854) Diakon in der selbigen. Anschließend war er Ältester (Presbyter) in der Freien evangelischen Gemeinde Elberfeld-Barmen.

    Liebe Grüße

    Manuel

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