Ostern kann mit vielen Dingen in Verbindung gebracht werden. Ob man dabei an Osterhasen, bunte Eier, Eiersuchen, Schokolade, Hefegebäck, Schulferien, Ratschen oder Palmstöcke denkt, ist von Mensch zu Mensch verschieden. An Ostern feiert man die Auferstehung Jesu Christi und somit seinen Sieg über den Tod. Für die Christenheit ist Ostern das wichtigste Fest im Kirchenjahr.
Für die einen mag Ostern nun damit die Zeit der Besinnung und Ruhe sein. Für andere hingegen ist Ostern die Zeit des Protests und der Demonstration, genauer gesagt die Zeit der Ostermärsche.
Ostermärsche haben ihren Ursprung in der Nachkriegszeit in Großbritannien. Die Campaign for Nuclear Disarment (CND) protestierte 1958 zum ersten Male gegen die atomare Aufrüstung. Von London aus marschierten Aktivisten nach Aldermaston (Aldermaston March), wo ein Kernforschungszentrum angesiedelt war. Der Protestzug fiel dabei mit dem Osterfest zusammen, was keineswegs ein Zufall war. Man entschied sich viel mehr bewusst für den kirchlichen Feiertag, um die symbolische Bedeutung von Ostern, als Fest der Auferstehung, des Friedens und der Hoffnung, verstärkt in die Welt hinauszutragen.
Die Protestbewegung stieß international auf breite Resonanz. Bereits an Karfreitag 1960 fand auch in Deutschland der erste Ostermarsch statt. Die Ostermärsche entwickelten sich schnell zu einer Massenbewegung, die von vielen verschiedenen Friedensinitiativen und politischen Gruppen getragen wurde. Protestiert wurde gegen Atom- und Massenvernichtungswaffen, generell gegen Aufrüstung und Krieg (Vietnamkrieg) und für Frieden, Völkerverständigung, Menschenrechte und Umweltschutz.
Die Friedensbewegung erreichte in den 1980er Jahren ihren Höhepunkt und erfasste auch kirchliche Institutionen und Akteure. So bot der Hamburger Kirchentag 1981 Friedensinitiativen die Möglichkeit, sich und die eigene Botschaft zu präsentieren, was bei vielen Besucher auf viel Anklang stieß. Außerdem wurde außerhalb des Kirchentages eine Demonstration unter dem Motto „Fürchtet Euch, der Atomtod bedroht uns alle – Wehrt euch!“ organisiert, an der ca. 100.000 Menschen teilnahmen. Die Aktion Sühnezeichen/Friedensdienste organisierte zusammen mit der Aktionsgemeinschaft Dienst für den Frieden am 10. Oktober 1981 die bis dahin größte Friedensdemonstration in Bonn. Die Teilnehmerzahl schwankt je nach Schätzungen zwischen 200.000 bis 300.000. Präses Gerhard Brandt sandte zum Gottesdienst am Vorabend der Demonstration sogar ein Grußwort.

Auch viele Pfarrerinnen und Pfarrer engagierten sich in der Friedensbewegung. So etwa der Hunsrücker Pfarrer August Dahl und seine Frau Jutta Dahl. Sie setzten sich mit anderen Demonstranten vor allem dafür ein, die Stationierung amerikanischer Marschflugkörper vor der „eigenen Haustür“ zu verhindern. Sie organisierten Demonstrationsmärsche, Sitzblockaden, betätigten sich publizistisch oder suchten z.B. aktiv den Kontakt zur amerikanischen Friedensbewegungen. Sein Engagement brachte August Dahl schließlich den Spitznamen „Raketen-August“ ein.
Der Ruf eines „Roten“ haftete dagegen dem politisch besonders engagierten Superintendenten Dieter Linz an. In seinem Nachlass findet sich ein wahrhaftiges Relikt in Form eines Demonstrationsschildes aus der Zeit der Friedensbewegung. Kollegin Rockel-Boeddrig hat darüber in ihrem Blogartikel bereits berichtet.
Mit dem Fall der Mauer und dem Ende des Kalten Krieges ebbten die Ostermärsche ab. Zwar verschwanden sie nie ganz aus dem öffentlichen Leben, nahmen aber bei weitem nicht mehr die mediale und gesellschaftliche Bedeutung von einst ein. Sie waren und sind aber nach wie vor ein Symbol für die Bereitschaft von Menschen, für Frieden und Gerechtigkeit einzustehen.
In unserem Bildarchiv finden sich zahlreiche Aufnahmen zum Thema Demonstration und Protest. Darunter natürlich auch Bilder von Ostermärschen. Erste Impressionen bietet die Slide-Show. Mehr Aufnahmen gibt es unter https://archiv.mediencenter.ekir.de/.