Palmstöcke gegen Gewitter, Gründonnerstagssuppe und Eiertippen – Bräuche zu Ostern

Zum Palmsonntag wird in Oberbayern der Palmstrauß nach altem Brauch auf die Felder gestellt. Fotograf: Hans Lachmann Datum: Frühj. 1963 Ort: Oberbayern, Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 019_0279 Schachtel: 1317 (1/4921)

Kirchenfeste haben ihren beständigen Platz im Kirchenjahr und werden nach einem dezidierten Zeremoniell begangen. Jedes Jahr aufs Neue. Wenn Gemeinschaften bestimmte Handlungen in einem wiederkehrenden Turnus regelmäßig wiederholen, entstehen dabei Bräuche, die von einer Generation in die nächste tradiert werden.

Das Osterfest, welches die Auferstehung von Jesus Christus und dessen Sieg über den Tod feiert, ist für die Christenheit nicht nur das wichtigste, sondern auch das älteste Fest. Daher überrascht es nicht, dass es mit einer Vielzahl an Bräuchen aufwartet.

Unmittelbar dem Osterfest geht die Karwoche voraus. Das Präfix ‚Kar-‘ stammt aus dem spätmittelhochdeutschen ‚chara‘, was so viel wie ‚Wehklage‘ oder ‚Trauer‘ bedeutet. Folglich ist die Karwoche auch die Klagewoche. Gekennzeichnet ist sie vor allem durch zwei Aspekte: Trauer und Freude. Trauer über die Leiden Jesu und Freude über seine Auferstehung. Die Karwoche beginnt mit dem Palmsonntag, der ganz im Zeichen der Erzählung über den Einzug von Jesus in Jerusalem steht. Ihm zu Ehren liefen die Menschen zu den Toren der Stadt hinaus, um ihn zu empfangen. Dabei hielten sie Palmzweige in der Hand oder legten ihm diese auf dem Weg aus. So ist es Brauch am Palmsonntag – in Ermangelung an echten Palmzweigen – Palmstöcke zu binden. Ersatzweise greift man auch auf Blüthenkätzchen, Haselsträucher, Tannen, Wacholder oder Buchsbaum zurück, die mit Äpfeln, Eiern oder sonstigen Gegenständen verziert werden. Bei katholischen Gemeinden wird der Gottesdienst am Palmsonntag mit einer Prozession gefeiert. Man versammelt sich dabei vor der Kirche und zieht dann singend mit geweihten Palmstöcken in das Gotteshaus ein. Den geweihten Palmsträußen wurde ein gewisser Schutz nachgesagt, daher war es bei Bauern Brauch, diese auf die Felder zu stecken. Sie sollten vor Gewitter und Hagelschlag schützen.

Eine Gruppe Jungen gehen an Ostern mit ihren Ratschen durch den Ort. Fotograf: Hans Lachmann Ort: Himmelgeist, Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 030_0028 Schachtel: 1317

Am Niederrhein nennt man die Karwoche „Joe Weäk“ (gute Woche) oder auch „de Juudasweäk“ (Judaswoche) und jeder Kartag hat eine eigene Bezeichnung:

Karmontag = der jaue Moandich
Kardienstag = der Knepdiestich
Karmittwoch = der Schotjoostich
Gründonnerstag = der jröönen Donerstich
Karfreitag = kaarvriidich oder der joe Vriidich (der gute Freitag)
Karsamstag = Wäksastich

In der Karwoche sind vor allem der Gründonnerstag und der Karfreitag besonders bedeutsam. Der Gründonnerstag hat dabei mit der Farbe ‚Grün‘ nichts zu tun. Er leitet sich vom mittelhochdeutschen ‚grienen/greinen‘, also weinen, ab. Der Gründonnerstag ist der Gedenktag an den Gang Jesu nach Getsemane und an das letzte Abendmahl mit den Jüngern. Ab dem Gloria der Gründonnerstagsliturgie schweigen bis zur Auferstehungsfeier in der Osternacht die Kirchglocken. Der Volksmund sagt, die Glocken seien in diesen Tagen „nach Rom geflogen“. Um dennoch das Angelusläuten, das in der kath. Kirche morgendliche, mittägliche und abendliche Läuten der Glocken, anzeigen zu können, beauftragt man in der Regel Ministranten, mit Ratschen durch die Ortschaft zu laufen. Übrigens war es bis vor den Zweiten Weltkrieg Brauch am „jrönnen Donerstich“ eine Gründonnerstagssuppe zu servieren. Diese kochte man aus sieben, neun oder zwölf Kräutern. Ein Suppenrezept aus Krefeld-Hüls benennt v.a. Sellerie, Porree, Petersilie, Schnittlauch, Estragon, Kerbel und Kresse. Und legte man sich an diesem Tag zu Bette, dann schlief man nur in ungemachten Betten, denn schließlich verbrachte Jesus die Nacht auf einem Stein am Ölberg.

Bekannter als die Gründonnerstagssuppe ist definitiv der Brauch an Karfreitag auf Fleisch zu verzichten und Fisch zu essen. In Krefeld-Hüls, Mönchengladbach und Viersen kann es hingegen aber auch „Hölschen Däätsch“ geben. Darunter versteht man aufgekochtes Buchweizenmehl, welches mit Gemüse serviert wird. Denkbar ist aber auch die „Melkspapp“ (Milchsuppe) oder „en Schnii Bruet möt Flöötekies“ (Schnitte Brot mit Quark). Da Karfreitag der Tag der Stille ist, wird auf jegliche lärmende Arbeit verzichtet. Schmiede, Schreiner und Zimmerleute mussten ihre Werkzeuge niederlegen und durften nicht hämmern, schließlich wurde auch Jesus mit Nägeln ans Kreuz geschlagen. Sie genossen somit einen Ruhetag, denn bis zum 2. Vatikanischen Konzil galt der Karfreitag als Arbeitstag. Hausfrauen wiederum widmeten sich ‚leiser Arbeit‘ wie etwa dem Ausmisten und Säubern von Schubläden und Schränken. Auch Kinder sollten sich leise verhalten und nicht lärmend spielen.

Ein Mädchen schmückt zu Ostern einen Strauß mit bemalten Eiern . Fotograf: Hans Lachmann Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 019_0280 Schachtel: 1317


Die (Aufräum-)Arbeiten gehen am Karsamstag weiter, denn man muss sich auf das Osterfest vorbereiten. Das bedeutet, die Stube wird gereinigt, man färbt Eier, backt das Osterweißbrot und kocht den Osterschinken. Für die Nacht werden die Osterfeuer gerichtet. An diesen wird später dann die Osterkerze entzündet und in die Kirche getragen. Auch die Kerzen der Gottesdienstbesucher werden daran entfacht.

Der Ostersonntag ist ein freudiger Tag, an dem man sich auch festlicher herausputzt. Er markiert so den Zeitpunkt, an dem die Winterkleidung abgelegt und verräumt wird. Der bekannteste und bei Kindern besonders beliebte Brauch ist die Ostereiersuche. Dabei versteckt der Osterhase bunt gefärbte Eier im Garten, die die Kinder suchen gehen. Der Osterhase als auch das Bemalen der Eier sind seit dem 17. Jahrhundert dokumentiert. Beide werden sofort mit dem Osterfest assoziiert, gleichwohl ihr symbolischer Wert in den Hintergrund rückt. Das Ei steht für die Entstehung von neuem Leben und hat eigentlich erst als „Zinsei“ seine Bedeutung zu Ostern gewonnen. Ein Gesetz aus dem frühen Mittelalter sah nämlich vor, dass der Zins für Grund und Boden in Form von Eiern entrichtet werden musste und das an Ostern. Der Hase wurde ebenso mit Fruchtbarkeit und dem Entstehen von neuem Leben in Verbindung gebracht. Ferner war ein auf Darstellungen bergan laufender Hase oft ein Hinweis auf den auferstandenen Heiland.

Ein heute in Vergessenheit geraten Brauch besagte, dass die von einem Huhn zuerst gelegten Eier rot bemalt wurden. Diese wurden oftmals an ärmere Kinder oder die Hausmägde verschenkt. Mancherorts galt ein verschenktes rotes Osterei sogar als Liebeserklärung. Wenn ein junges Mädchen einem Burschen ein rotes Ei schenkte, so durfte er abends an ihr Fenster treten und ihr gute Nacht wünschen. Daneben war es üblich, dass Mädchen die Eier versteckten und die jungen Männer diese suchten. Wer eins fand, glaubte auch ein Anrecht auf die zu haben, die es versteckte. Die Mädchen gaben sich aber nur zu erkennen, wenn ihnen der Kandidat auch zusagte. Was heute dagegen noch weit verbreitet ist, ist das „Eiertippen“. Getippt wird Spitze an Spitze und Ende an Ende eines Eies. Wenn einer beide Enden des gegnerischen Eies anschlägt, so darf er es behalten. Das Ostereiertippen war zumal auch ein öffentliches Spektakel. Auf Kirch- oder Marktplätzen konnten Eier erworben und mit anderen getippt werden. Dieser Brauch starb jedoch bereits zu Beginn des 19. Jahrhunderts aus.

Ein Mädchen bemalt ein Osterei, während andere Kinder ihr dabei zu sehen. Fotograf: Hans Lachmann Datum: 1966 Signatur: AEKR 8SL 046 (Bildarchiv), 030_0029 Schachtel: 1317 (39/7397)

Der Ostermontag wird gemächlich zugebracht. Meistens unternimmt die Familie einen gemeinsamen Spaziergang. Im Süden Deutschlands findet man sich eventuell zum Emmausgang zusammen, einem geistlichen Gang mit Gesang und Gebet. Hier erinnert man sich an den Gang der Jünger nach Emmus. Jüngere Generationen finden sich vielleicht auch zum Tanz zusammen, denn nach der langen Fastenzeit durfte wieder ausgegangen werden.

Mögen auch einige Bräuche und Traditionen mittlerweile vollkommen in Vergessenheit geraten sein, „brauchlos“ ist das Osterfest nicht. Sicherlich kamen auch neue hinzu, z.B. der Brauch an Ostern Schokolade zu verschenken. Die Zeit selber wird zeigen, welche alten bzw. neuen Bräuche auch weiterhin an Ostern begangen werden.

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