Kriegsmotive des Ersten Weltkriegs auf Feldpost im Nachlass Hermann Schlingensiepen

Im vergangenen Jahr berichtete ein Blogbeitrag über Feldpost und sonstige Kriegskorrespondenz in unserem Archiv. Eine Auflistung der Post in den einzelnen Archivbeständen rundet den Beitrag ab. Der Nachlass 7NL 016 des Professors Hermann Schlingensiepen hebt sich mit 936 Korrespondenzen aus der Zeit des Ersten Weltkriegs deutlich von den anderen Beständen ab. Innerhalb der Schreiben in vielfältigen Formaten fallen einige farbige Postkarten mit Kriegsmotiven ins Auge.

Hermann Schlingensiepen, geboren 1896, hat sich nach dem Notabitur 1914 als Kriegsfreiwilliger gemeldet. 1916 wurde er, im Rang eines Unteroffiziers, vor Verdun durch eine Schussverletzung im Unterleib schwer verwundet. In der Zeit erreichte ihn zahlreiche Post, die im Bestand 1OB 016 archiviert ist, u. a. in den Archivalien Nr. 137 und 138, aus denen die hier dargestellten fünf Postkarten stammen. Im Oktober 1916 war die Post adressiert an das St. Petrus-Krankenhaus in Barmen, im Frühjahr 1917 an das Elternhaus in der Kaiserstraße in Unterbarmen. Schlingensiepen hatte sich eine offene Tuberkulose zugezogen, die er im Sommer 1917 in Bonn im Reserve-Lazarett „Brüderhaus“ kurierte.

Motiv „Der Sanitätshund im Felde“ zeigt Transport eines durch Sanitätshund aufgespürten Verwundeten, 16.10.1916. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 016 Nr. 137

Am 16.10.1916 schreibt ihm die Oberin Schwester Firmina aus Mainz, Lazarett Stadthalle, und bestätigt die gute Ankunft eines Paketes. Für ihre Post hat sie die obige Karte ausgesucht. Die „Wohlfahrts-Postkarte, herausgegeben zum Besten des Deutschen Vereins für Sanitätshunde Oldenburg i/Gr.“ scheint aus einer Serie zu stammen „Der Sanitätshund im Felde: 4. Transport des vom Sanitätshund aufgestöberten Verwundeten.“

Motiv „Der letzte Abschied“, 18.10.1916. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 016, Nr. 137

Ein überraschendes Motiv bietet diese Karte, die Hilde Würtz aus St. Martin bei Traun in Österreich am 18.10.1916 schreibt und gute Wünsche zur Gesundung übermittelt. Zum „letzten Abschied“ wird dem Sterbenden das treue Pferd in die Stube geführt. Der von hinten Gestützte kann so den Arm an den Kopf des Pferdes führen. Die Herkunft der Karte bleibt bis auf den Druck „A. R. & C. i. B. No. 435“ im Dunkeln.

Die beiden folgenden Postkarten gehören zu einer Reihe „Wohlfahrtskarte zur Unterstützung der Kriegs-Invaliden der Kaiserlichen Marine, Berlin“, Verlagsanstalt Buntdruck GmbH, Berlin, zum vorgeschriebenen Verkaufspreis 10 Pfennig, Abgabe 3 Pf.:

Motiv „Torpedobootsangriff vor dem Skagerrak“(G. Romin). Poststempel 28.01.1917. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 016, Nr. 138

Hans aus Elsenborn teilt Schlingensiepen mit: „Morgen geht’s zur Front!“ Als Motiv wählt er die martialische Karte eines Torpedobootsangriffs. Das Torpedoboot rauscht mit erhobenem Bug durch die hohen Wellen, im Hintergrund ist die Explosion eines anderen Schiffes auszumachen. Durch die Farben der Wellen und des Rauchs ist eine starke Dramatik im Bild.

Motiv „Der letzte im Dorfe“ (P. Halke). Poststempel 10.02.1917. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 016, Nr. 138

„Der Letzte im Dorfe“ ist ein jaulender Hund, der verlassen in Mitten der Trümmer eines Hauses steht. Ein Unteroffizier mit Vornamen Hans grüßt Hermann Schlingensiepen und fragt, ob er mit dem Studium begonnen habe. Die Karte trägt den Vermerk „Feldpost“, der die Briefmarke erspart, und den Stempel „K. D. Feldpostexp[?] der 83. Inf.Div.“ mit Datum vom 10.2.1917.

Motiv „Deutsches U-Boot im Gefecht mit einem bewaffneten Handelsdampfer im Sperrgebiet“ (Willy Stöwer). Poststempel 04.06.1917. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 7NL 016, Nr. 138

Die letzte hier präsentierte Postkarte zeigt wieder ein Motiv aus dem Seekrieg. Willy Stöwer, Marinemaler, der u. a. Sammelbilder für die Stollwerck-Schokolade und ein bekanntes Bild des Untergangs der Titanic gestaltet hat, setzt hier den Kampf eines deutschen U-Bootes „mit einem bewaffneten Handelsdampfer im Sperrgebiet“ in Szene. Auch hier sorgen Wellen und Farben für Dramatik. Verfasser der Karte aus Barmen vom 4.6.1917 könnte der Vater Schlingensiepens sein („H. Gr. V.“); er schreibt: „Hier noch eine U’B[oot]-Karte, die dir Freude machen wird.“ Die Karte dient der „U-Boot-Spende 1917“ (Druck J. J. Weber, Leipzig).

Die Meisten von uns heute werden die Karten mit gemischten Gefühlen betrachten, gerade vor dem Hintergrund des Kriegs Russlands in der Ukraine. Es ist eine andere Zeit, als der knapp dem Tode entronnene Schlingensiepen Karten erhält, die den Krieg heroisieren und – bei den Schiffsmotiven – als Abenteuer darstellen.

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