Liederbücher von 1945/46 dienten als „Notnagel“ und „Nothelfer“

Gesangbücher als „Notnagel“ und „Nothelfer“, AEKR Archivbibliothek: Hh 184; Hh 034; 2017.259

„Zehntausende von Gesangbüchern liegen verschüttet und verbrannt unter den Trümmern unserer zerstörten Häuser. Neue Gesangbücher mit 500 und mehr Seiten können vorerst nicht gedruckt werden. Wir stellten deshalb dies Heftchen zusammen. Es enthält knapp 150 Kirchenlieder, nach der Nummernordnung wortgetreu dem ev. Gesangbuch entnommen. Ein Nothelfer will es sein, kann es auch sein, wenngleich manches manchem liebgewordene Lied fehlen muss. Gleichwohl wird das Heftchen beim Gottesdienst wie auch in Sorgenstunden daheim willkommen sein, denn es birgt in schlichtestem Gewand viele Schätze zur inneren Stärkung.“

So formulierte unter der Überschrift „Warum dieses Heft?“ das Kuratorium des Evangelischen Vereinshauses in Wuppertal, als es zum 1. Advent 1945 das „Evangelisches Klein-Gesangbuch“ im Verlag Aug. Arnz herausgab. Gedruckt wurde es von Girardet in Wuppertal, angegeben ist auch die damals notwendige Druckerlaubnis (Reg.-Nr. 50, XII 45 (I 155)). Ein anderes Exemplar wurde Anfang 1946 bei Sam. Lucas in Wuppertal-Elberfeld gedruckt; diese Druckerei hatte eine langjährige Tradition in der Herstellung von Gesangbüchern und christlichen Schriften. Ohne Noten in engem Druck wird die Liedauswahl präsentiert, Angaben zu den Liederdichtern fehlen. Eines der uns vorliegenden Exemplare trägt einen Vermerk des Pfarrers Karl-Heinz Lochter: „‚Kaloriengesangbuch‘ (Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig!)“ (im Foto links oben zu erkennen).

„Dieses Liederheft möchte weiter nichts sein als ein Notnagel.“ Fast abwertend beginnt das Vorwort zum „Liederheft evangelischer Jugend“, das unter dem Titel „Lob, Ehr und Preis“ im November 1946 vom Evangelischen Jungmännerwerk Deutschlands im Aussaat-Verlag Wuppertal-Barmen herausgegeben wurde. „Der Bedarf an Liederbüchern ist bei dem Neuaufblühen evangelischer Jugendarbeit und den großen Verlusten, die der Krieg verursachte, im Augenblick einfach nicht zu befiedigen. Die Vorbereitungen für den Neudruck des „Hellen Tons“ sind getroffen. Die Auflagenhöhe wird aber begrenzt sein. So stellten wir zunächst einmal 100 der gebräuchlichsten Lieder in diesem Heft zusammen.“ Das Druckbild ist etwas gefälliger als beim oben genannten Klein-Gesangbuch, es sind auch die Liederdichter genannt.

Bereits als vollständige Neubearbeitung erschien 1948 das „Evangelisches Jugendgesangbuch für Kirche, Schule und Haus“ im Verlag Der Rufer, Evangelischer Verlag Gütersloh, bearbeitet von dem rheinischen Pfarrer Walter Reindell (Linz am Rhein) in Verbindung mit dem späteren zweiten Präses der rheinischen Kirche, Joachim Beckmann (Düsseldorf). „Seit der letzten Ausgabe des „Deutschen Kindergesangbuchs“ sind ungeheure Wandlungen geschehen in der Welt, in Deutschland, in unserer Kirche, und auch in Ihrem Singen.“ Auch dieses, immerhin 175 Seiten umfassende Gesangbuch, nimmt am Schluss des Vorwortes Bezug auf den zeitlichen Kontext: „Die Not der Zeit zwingt uns zu äußerster Sparsamkeit in Papier und Ausstattung und zum Verzicht auf Melodienangaben und Noten, sowie auf die Namen der Dichter. Daß es bald besser werde, ist unsere Hoffnung.“

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