Ich war erst seit wenigen Wochen im Düsseldorfer Archiv tätig, als Anfang 2001 die Hausleitung bat, einige Kisten zu überprüfen, die in einem Verschlag im sogenannten Kassenkeller des Landeskirchenamtes entdeckt worden waren. So etwas vernimmt ein Archivar gern und zusammen mit den beiden Hausmeistern machte ich mich an die Autopsie:
Es handelte sich um nicht weniger als 23 sorgfältig gezimmerte Holzkisten, die jeweils mit massiven Vorhängeschlössern gesichert waren. Mangels Schlüssel mussten die Kisten aufgebrochen werden. Zum Vorschein kam das versammelte Rechnungswesen des Berliner Stadtsynodalverbandes für den Zeitraum 1948-1960.
Die Unterlagen waren in ursprünglich 27 Kisten unmittelbar nach dem 13. August 1961 per Flugzeug in die am weitesten westlich gelegene Landeskirche transportiert worden.

In der ersten Panik befürchtete die Berliner Kirchenleitung offenbar eine massive weitere politisch-militärische Eskalation. Aus den LKA-Sachakten geht hervor, dass das Konsistorium in Westberlin dann 1979 um Rücksendung von vier Kisten mit Bestandsplänen von kirchlichen Gebäuden in Ostberlin bat (Best. 1OB 017, Nr. 8067). Diese für Renovierungsvorhaben benötigten Unterlagen wurden durch eine Spedition nach Berlin geliefert. Die verbleibenden Kisten gerieten sowohl in Berlin wie in Düsseldorf endgültig in Vergessenheit.
Nachdem sich herausgestellt hatte, dass der Inhalt der Kisten nicht gerade zur revolutionären Umdeutung der kirchlichen Zeitgeschichte beitrug, stellte sich die Frage nach der adäquaten archivischen Bewertung. In Absprache mit den Berliner Kollegen separierten wir die Haupt- und Kassenbücher sowie exemplarisch die Belegserien des Jahres 1953 und organisierten den Transfer nach Berlin. Das übrige Material konnte kassiert werden.