Bekanntlich war die Lebenserwartung der Menschen in der vorindustriellen Zeit sehr viel geringer als heute. Aufgrund der extrem hohen Kindersterblichkeit betrug sie im 17. und 18. Jahrhundert im Mittel keine 30 Jahre. Selbst wenn man ausschließlich die Personengruppe betrachtet, die das Erwachsenenalter erreicht hat, so lag das durchschnittliche Sterbealter auch nur bei etwa Mitte 50.
Wenn dann doch einzelne Personen ein deutlich höheres Alter als die meisten ihrer Zeitgenossen erreichten, dann erregte das eine ganz besondere Aufmerksamkeit. So mag es auch dem Pfarrer der hessischen Kirchengemeinde Hochelheim bei Wetzlar gegangen sein, der sich bemüßigt fühlte, im Kirchenbuch einen derartigen Fall auf einer eigenen Seite zu dokumentieren, der er die bezeichnende Überschrift gab: „Eine sehr merckwürdige Nachricht aus unserer Gegend“.
Das Besondere an diesem Fall war, dass er gleich drei Personen ein und derselben Familie betraf, die alle ein Alter von über 90 Jahren erreichten. Der kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges am 27. August 1648 im Nachbardorf Hörnsheim geborene Andreas Köcher war am 9. Mai 1740 im gesegneten Alter von 91 Jahren gestorben. Seine kräftigen Gene hatte er offenbar an seine am 9. April 1676 geborene Tochter Anna Catharina weitergegeben, die noch älter als ihr Vater wurde und mit fast 94 Jahren am 21. März 1770 in Hörnsheim starb. Verheiratet gewesen war sie mit dem ein halbes Jahr älteren, am 24. Oktober 1675 in Hochelheim getauften Johann Caspar Zörb, der genau wie seine Frau und sein Schwiegervater ebenfalls mit einem langenLeben beschenkt wurde und 91jährig am 4. Mai 1767 in Hörnsheim starb.
Da Anna Catharina Köcher und Caspar Zörb bei ihrer Hochzeit am 18. Juni 1696 erst 19 und 20 Jahre alt gewesen waren, waren sie über 70 Jahre lang verheiratet und konnten somit am 18. Juni 1766 ihre Gnadenhochzeit begehen – ein selbst in unserer Zeit extrem seltenes Fest, das im 18. Jahrhundert noch viel außergewöhnlicher und deshalb im wahrsten Sinn des Wortes „merckwürdig“ war. Als Anna Catharina Zörb geb. Köcher dann dreieinhalb Jahre später starb, hat der Hörnsheimer Pfarrer den Leichentext aus Psalm 71 vermutlich mit Bedacht ausgesucht: „Gott, du hast mich von Jugend auf gelehrt, und bis hierher verkündige ich deine Wunder. Auch verlass mich nicht, Gott, im Alter, wenn ich grau werde, bis ich deinen Arm verkündige Kindeskindern und deine Kraft allen, die noch kommen sollen.“
Sehr geehrter Herr Dr. Metzing,
mit großem Interesse habe ich Ihren Artikel über „ Eine sehr merckwürdige Nachricht aus unserer Gegend“ – Gnadenhochzeit Anno 1766“ gelesen.
Es könnte sich um direkte Vorfahren von mir handeln.
Mein Ur- Urgroßvater Anton Zörb wurde am 28.07.1867 in Hochelheim geboren.
Mal schauen, ob mir der Lückenschluss über 100 Jahre noch gelingen wird!?
ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie mir Tipps geben könnten, an welche (kirchliche) Stellen ich mich hierzu wenden kann.
Viele Grüße
Thorsten Bepperling