Tradition und Wandel in der Ev. Gemeinde Düsseldorf

Wertvolle Tradition: Erste Seite der Unionsurkunde der reformierten und lutherischen Gemeinden in Düsseldorf, 1824, 4KG 005, Nr. 373

Wertvolle Tradition: Erste Seite der Unionsurkunde der reformierten und lutherischen Gemeinden in Düsseldorf, 1824, 4KG 005, Nr. 11

„Bis zur Jahrhundertwende ist die neue Evangelische Gemeinde nur langsam gewachsen. Um 1880 wurde an 5 Stellen der Stadt Gottesdienst gehalten. Mit der zunehmenden Industrialisierung wuchs in den Jahren 1910-1930 die Evang. Gemeinde zu einer der größten Gemeinden Deutschlands an; sie umfasste schließlich vor Ausbruch des letzten Krieges etwa 110000 Seelen.“ So beginnt Dr. Alvermann seinen Bericht für den 1947 gegründeten Ausschuss für die Aufteilung der Gemeinde Düsseldorf (4KG 005, Az. 01-1, Nr. 373). Die Frage, ob die große Gemeinde nicht besser aufgeteilt werden sollte und die Parochien in den Außenbezirken der Stadt, die meist eh schon ein Eigenleben führten, zu eigenen Gemeinde erklärt werden sollten, sei immer wieder aufgeworfen worden. Das Bewusstsein für die wertvolle Tradition der im Jahr 1824 gegründeten Union der Lutherischen und der Reformierten Gemeinde habe aber eine konkrete Lösung bisher verhindert. Bei einer Trennung der Gemeinde könnte der Eindruck entstehen, „als würde nun eine geschichtliche Entwicklung wieder rückgängig gemacht“ – und alles blieb beim Alten. Vorerst!

Gutachten "Bedenken und Schwierigkeiten betreffs Aufteilung der Gemeinde von Pfr. Theodor Kogge, ca. 1947, 4KG 005, Nr.373

Gutachten „Bedenken und Schwierigkeiten betreffs Aufteilung der Gemeinde von Pfr. Theodor Kogge, ca. 1947, 4KG 005, Nr.373

Vielleicht war es die allgemeine Aufbruchsstimmung der Nachkriegszeit, die wieder frischen Wind in die Diskussion brachte. Die Bedenken gegen eine Aufteilung waren aber keineswegs ausgeräumt, wie das Gegengutachten von Pfarrer Theodor Kogge zeigt. In seinem Gutachten präferiert er eine Beibehaltung der bisherigen Großgemeinde mit einem übergeordneten Gesamtpresbyterium bei gleichzeitiger Verschiebung einiger Kompetenzen an sog. Parochialpresbyterien. Auf diese Weise würde sowohl das „geschichtlich Gewordene“ gewahrt, als auch das Gesamtpresbyterium entlastet „von Spezialanliegen der einzelnen Parochien“. Gewahrt wurde das „geschichtlich Gewordene“ schließlich in der Form, dass beschlossen wurde: „Der unierte Bekenntnischarakter der Gemeinde bleibt auch für die neuen Gemeinden verbindlich bestehen.“ Geteilt wurde die Gemeinde trotzdem. Und zwar zunächst in sechs Gemeinden: Johannes-Kirchengemeinde, Kreuz-Kirchengemeinde, Matthäi-Kirchengemeinde, Christus-Kirchengemeinde, Luther-Kirchengemeinde und Friedens-Kirchengemeinde. Am 1. Juli 1948 trat die Teilung in Kraft. Die Zahl der Gemeinden wuchs in den folgenden Jahren durch weitere Teilungen immer weiter auf mehr als 20 an.

Seit der Jahrtausendwende hat sich diese Entwicklung umgekehrt. 2008 machten die Melanchthon-Gemeinde und die Kirchengemeinde Rath den Auftakt und schlossen sich zur Oster-Kirchengemeinde zusammen. Weitere Umstrukturierungen und Gemeindezusammenschlüsse stehen an, um die Düsseldorfer Kirche zukunftsfähig zu machen.

Und auch mit diesen Veränderungen tun sich die meisten nicht leicht.

 

Die Akten der 1948 aufgelösten Ev. Gemeinde Düsseldorf haben in zwei Teilbeständen ihren Weg ins Archiv der Ev. Kirche im Rheinland gefunden – sofern sie nicht Opfer der Fliegerangriffe auf Düsseldorf in den Jahren 1943 und 1944 geworden sind. Sie reichen zurück bis in die Zeit der Reformation und der Teilung in eine reformierte und eine lutherische Gemeinde und bilden damit Tradition und Wandel in der Gemeinde Düsseldorf umfassend ab.

Zur Geschichte der Gemeinde Düsseldorf: Helmut Ackermann, Geschichte der evangelischen Gemeinde Düsseldorf von ihren Anfängen bis 1948, Düsseldorf 1996

2 Gedanken zu „Tradition und Wandel in der Ev. Gemeinde Düsseldorf

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