Visitationsprotokoll der Kirchengemeinde Kastellaun aus den Jahren 1590/91
Im Sommer 1557 führte Pfalzgraf Friedrich II. von Simmern in seinen Hunsrücker Stammlanden per Dekret das Luthertum ein. Bis das reformatorische Gedankengut jedoch in den Gemeinden tatsächlich Wurzeln geschlagen hatte, gingen noch mehrere Jahrzehnte ins Land. Die im Archiv der Kirchengemeinde Kastellaun überlieferten Visitationsunterlagen aus den Jahren 1590/91 belegen eindrücklich, dass es auch nach über dreißig Jahren immer noch erforderlich war, die Umsetzung evangelischer Grundprinzipien mit Nachdruck anzumahnen.
So enthalten die Visitationsartikel in dem hier abgebildeten Textauszug die Forderung nach einem Schulunterricht, der diesen Namen tatsächlich verdient, und dokumentieren damit, wie sehr die Reformation auch eine Bildungsbewegung war. Zudem waren offenbar noch im späten 16. Jahrhundert Reste katholischen Brauchtums lebendig, etwa Beinhäuser („todtenkarner“) auf den Friedhöfen, Kruzifixe, Heiligenbilder und Nebenaltäre („winckelaltäre“) in den Kirchen und Messgewänder der Geistlichen. Die Forderung hingegen, dass sich die Paten nicht im Beisein des Pfarrers über den Namen des Täuflings streiten, sondern diese Frage bereits im Vorfeld mit den Eltern klären sollten, dürfte wohl kein evangelisches Spezifikum gewesen sein.