Gemeindebriefe: eine Quellengruppe mit viel Potential

Im Archiv der Ev. Kirche im Rheinland werden seit 1946 gedruckte Gemeindebrief-Ausgaben gesammelt. Die Sammlung umfasst zur Zeit 890 alte und neue Gemeindebrief-Titel. Es ist eine Quellengruppe für historisch und regional Interessierte. Sie finden dort neben Terminhinweisen biografische und kirchenhistorische Aufsätze. Der Altbestand weist Lücken auf. Die Gemeinden bewahren in der Regel ihre Gemeindebriefausgaben auf und können auch dort eingesehen werden. Insbesondere 2017 gibt es zu Aufsätze zur Geschichte der regionalen Reformation. Allerdings sind diese Aufsätze nicht in einem Register erschlossen. Die Gemeindebrief-Redaktionen äußern sich auch zu gesellschaftspolitischen Themen wie zum Beispiel Entwicklungshilfe. Diese Themen wiederholen sich in den Gemeindebriefen, weil die Probleme, die angesprochen werden, bis heute nicht gelöst sind.

Beispiele: Thema Entwicklungshilfe mit Zitaten von Indhira Ghandi und anderen, in: „Über den Tellerrand geschaut“, in: „Deine Gemeinde“ Ev.-Reformierte Gemeinde Elberfeld, Nov./Dez. 1969

Thema Gastarbeiter in Wuppertal-Elberfeld: „Deine Gemeinde“ Ev.-Reformierte Gemeinde Elberfeld, Juni/Juli 1964 „Fremde“ 

Das Reformationsjahr 2017 hat einige Kirchengemeinden angeregt, über die Geschichte der Reformation vor Ort zu schreiben zum Beispiel die Evangelische Friedens-Kirchengemeinde Troisdorf in ihrem Gemeindebrief Kontakt 1/2017 „Kirche zwischen Hochöfen und Gleisen“ von Walter Neumann & Arbeitsgruppe. Eine Geschichtsarbeitsgruppe um Pfarrer und Archivpfleger Ulrich Pollheim und Ingo Joachim Zöllich erkundet die örtliche Kirchengeschichte. Pfarrer Rüdiger Petrat berichtet über „Die Geschichte der Kreuzkirche zu Bonn im Überblick“ in: Gemeindebrief der Evangelischen Kreuz-Kirchengemeinde Bonn, März-Juni 2017. Zahlreiche Gemeindebriefe beschäftigen sich im Jahr 2017 mit der Reformation:

  • Luther und die Taufe, in „Gemeindeleben“ von Urmitz-Mülheim, März, April, Mai 2017
  • Julia Carta: Imaginärer Runder Tisch der Reformation, in: tüpisch Küppersteg-Bürrig, Nr. 1/2017 Nr. 217
  • Julia Carta: Lebst Du noch oder reformierst Du schon? in: tüpisch Küppersteg-Bürrig, Nr. 1/2017 Nr. 217
  • Karin Gerber: Frauen in der Reformation, in: tüpisch Küppersteg-Bürrig, Nr. 1/2017 Nr. 217
  • Dagmar Gruß: Frauen der Reformation, in: Monatsgruß, April-Mai 2017 von Ev. Kirchengemeinde Zülpich 
  • Jutta Weigler: Kein Frauengeschwätz! Frauen in der Reformation, in: Evangelisch in Cronenberg, März-August 2017
  • Martin Engels: Wer glaubt, übernimmt Verantwortung: Die Barmer Theologische Erklärung im Reformationsjubiläum, in: Evangelisch in Cronenberg, März-August 2017
  • Steffen Tiemann: Allein die Gnade, in: Kreuz und Quer : Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Cochem, April-Juli 2017
  • Katharina Hassert: [Lebenslauf von] Johannes Calvin, in: Kreuz und Quer : Gemeindebrief der Evangelischen Kirchengemeinde Cochem, April-Juli 2017
  • Helmut Ackermann: 400 Jahre Evangelische Kirchengemeinde Düsseldorf-Urdenbach, eine gekürzte Fassung in: Gemeindekurier, 1/2017
  • Im Reformationsjahr schwebt auf Titelblättern der Gemeindebriefe das Gedicht von Hanns Dieter Hüsch: „Ich bin vergnügt, erlöst, befreit“. Hanns Dieter Hüsch beschrieb damit sein protestantisches Lebensgefühl. Das Gedicht ist durch das Reformationsjahr 2017 quasi zu einem „Ohrwurm“ des heutigen Protestantismus geworden.

Ein ganz eigenes Thema ist das Layout. Einige Gemeindebriefe hatten sich im Layout zeitweilig zurückentwickelt, um Druckkosten zu sparen oder um aus Umweltschutzgründen Recyclingpapiere zu nutzen, die damals aber nicht den heutigen Standard hatten. Später gab es wieder ein modernes, ansprechendes Layout. Die Evangelische Medienakademie der Ev. Kirche im Rheinland bietet Workshops zum Gemeindebrief-Layout mit Layoutprogrammen. Das ermöglicht eine qualitative Verbesserung des Layouts. Aus den „grauen Briefen“ mit Titelseiten, die einen Holzschnitt mit schwarzen Strukturen zeigten, wurden professionell gestaltete Gemeindebriefe.
Es gab in den siebziger Jahren auch eine „Bildzeitung“ unter den Gemeindebriefen – was das Layout betrifft. Das zeigt eindrucksvoll der Gemeindebrief von Essen-Frohnhausen 1970: große Headline mit einem roten Balken darunter – als Titelgeschichte natürlich mit einem Foto.

Die Kinderseite im Gemeindebrief war und ist eine kreative Spielwiese, siehe Gemeindebrief Bad Münstereifel 1979. Diese Arbeit war sehr stark geprägt von dem Engagement von den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der kirchlichen Jugendarbeit. Da wurde eifrig handschriftlich die Seite gestaltet. Es ging dort nicht so ernst zu. Die Seiten waren auch nicht so problembeladen wie die Seiten für erwachsene Leser. Es wurden eben Themen aufgegriffen, die Kinder interessierte. Die Kinderseite hatte und hat einen einladenden Charakter.

Die Gemeindebriefe haben also eine bewegte Geschichte hinter und vor sich.

Siehe auch: AEKR 8SL 047 (Sammlung Gemeindebriefe) 

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