„…davon seynd die acta meine Zeugen…“: Dokumente zum Baumholderer Kirchenbau

Den größten und wichtigsten zusammenhängenden Bestand des kürzlich neu verzeichneten Archivs der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder bilden die Akten zum Baumholderer Kirchenbau. Anhand von umfangreichen Konvoluten aus dem Zeitraum von 1666 bis 1782 mit Schriftverkehr u.a. zwischen der fürstlichen Regierung, dem Oberamt Lichtenberg, der Geistlichen Güterverwaltung, der Rentkammer, der Kirchengemeinde Baumholder, Zehnt- und Lehnsherren sowie dem Kirchenschaffner lassen sich Vorgeschichte, Rechtsgrundlagen, Finanzierung, Grundsteinlegung und Einweihung der Kirche minutiös nachverfolgen. Bittschriften, Stellungnahmen, Prüfungen oder Besichtigungsprotokolle zeigen, wie die Notwendigkeit einer großen Reparatur oder eines Neubaus über viele Jahre immer dringender wurde. Alle Entscheidungsprozesse vom Abriss der alten Kirche bis zur Fertigstellung des neuen Gotteshauses werden lückenlos dokumentiert, ebenso daraus resultierende Rechtsstreitigkeiten. Sahnehäubchen der Überlieferung ist ein separates Findbuch zu diesen Akten mit ausführlicher Einzelblattverzeichnung (s.u.).

Ebenfalls sehr gut – auch fotografisch – dokumentiert ist die mehrfache Umgestaltung des Innenraums der Kirche im vergangenen Jahrhundert. Die älteste Innenaufnahme zeigt die Kirche entsprechend dem Grundriss von 1748, noch ohne die spätere rundlaufende Empore und mit der 1879 eingebauten Stumm-Orgel im Originalzustand. Das Dach der Kirche war ursprünglich zum Getreidespeicher ausgebaut worden, dessen Last mächtige Säulen im Innenraum trugen. Bei der Einweihung der Kirche 1750 wurde denn auch bemängelt, „daß der Baumholderer Kirchbau mehr zu räumlichen Fruchtspeichern als zu einer Kirche eingerichtet worden, in dem nicht allein […] diese mit 10 hölzernen Pfosten, aller Gewohnheit und dem Endzweck der Kirche zuwider, versperrt und verstellt, sondern auch das Gespärre zu drei übereinander liegenden Speichern eingerichtet wurde, sodaß man von mehr als der Hälfte der Plätze aus den Pfarrer nur hören, aber nicht sehen kann.“

Eine optische Beeinträchtigung stellte auch die ab 1892 erweiterte Empore dar, die quer über mehrere Kirchenfenster und sogar den Altarraum verlief. Zur Aufhellung des Innenraums trug die Renovierung von 1933/34 mit neuer Ausmalung und Anschaffung einer modernen Beleuchtung bei. 1956/57 schließlich erfolgte eine äußert umstrittene radikale Modernisierung der Kirche. Alle Säulen, die umlaufende Empore und das Orgelgehäuse wurden entfernt, die alte Holzdecke verschwand unter Gipskartonplatten. Erst der Einbau buntverglaster Kirchenfenster 1985 verlieh der äußerst nüchternen Gestaltung wieder etwas Farbe.

Noch nicht im Archivbestand nachzuverfolgen, aber dennoch bemerkenswert ist auch die jüngste, 2014 abgeschlossene Umgestaltung der Baumholderer Kirche zu einer multifunktionalen Kirche mit integriertem Gemeindezentrum. Für diese ungewöhnliche Lösung erhielt die Evangelische Kirchengemeinde Baumholder u.a. 2012 den 1. Preis im Architekturwettbewerb der EKiR.

Literatur zu diesem Beitrag: Böhmer, Klaus, Dokumente, Texte, Bilder und Karten zur Geschichte der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder von der Reformation bis zu Gegenwart. Ein Beitrag zum Kirchenbaujubiläum im Jahr 2000, Baumholder 2000, S. 60-63, 88-90; Ders., Findbuch zu den Kirchenbauakten im Archiv der Evangelischen Kirchengemeinde Baumholder, Mandel 2003.

2 Gedanken zu „„…davon seynd die acta meine Zeugen…“: Dokumente zum Baumholderer Kirchenbau

  1. Nachdem ich diesen Artikel gelesen hatte, kam es mir so vor, als wäre ich in eine Zeit versetzt worden, in der gerade erst begonnen wurde, Steinmauern zu errichten, und der Geist der Kreativität und des Glaubens in der Luft lag. Die Beschreibung von Dokumenten über den Bau der Kirche in Baumholder ist nicht nur eine historische Tatsache, sondern ein Echo des Lebens vergangener Generationen, ihrer Werke und Träume.

    Es ist erstaunlich, wie bescheidene Aufzeichnungen über Finanzierung, Spenden und Materialien eine ganze Geschichte erzählen können. Sie offenbaren uns ein Bild vom Leben der Menschen jener Zeit, ihrer Einstellung zur Religion, ihrem Wunsch nach Schönheit und Größe.

    Für einen Historiker sind diese Dokumente natürlich eine unschätzbar wertvolle Informationsquelle. Aber für mich, einen gewöhnlichen Menschen, fesselten sie meine Aufmerksamkeit und ließen mich darüber nachdenken, wie viel im Laufe der Jahre bereits passiert ist, wie sich die Welt verändert hat, aber gleichzeitig auch, wie viel gleich geblieben ist.

    Diese Dokumente spiegeln das ewige menschliche Bedürfnis nach Schöpfung, Schönheit und spiritueller Suche wider. Und obwohl mehrere Jahrhunderte vergangen sind, lebt dieser Geist immer noch in unseren Herzen und erinnert uns daran, dass wir Teil einer ununterbrochenen Lebenskette sind, die mit Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbunden ist.

  2. Dokumente über den Bau der Kirche in Baumholder sind nicht nur trockene Aufzeichnungen, sondern lebendige Zeugnisse der Vergangenheit. Sie ermöglichen uns, in die Seelen von Menschen zu blicken, die vor Jahrhunderten gelebt haben, und ihre Träume, Sehnsüchte und Werke zu erkennen.

    Wenn ich über die Finanzierung des Baus, die Spenden und Materialien lese, stelle ich mir Maurer vor, die in der heißen Sonne arbeiten, Handwerker, die liebevoll dekorative Details schnitzen, und Menschen mit Treue im Herzen, die ihren letzten Cent für den Bau des Tempels Gottes geben.

    Diese Dokumente sind eine Art Zeitkapsel, die für uns die wertvollsten Informationen über das Leben vergangener Generationen bewahrt. Sie erinnern uns daran, dass wir nicht von der Geschichte getrennt, sondern ein integraler Bestandteil davon sind. Wir erben nicht nur materielle Werte, sondern auch spirituelle Traditionen, den Wunsch nach Schönheit und den Glauben an höhere Mächte.

    In unserer Zeit, in der wir von einem Informationsfluss umgeben sind und uns ständig weiterentwickeln, ist es wichtig, innezuhalten und uns an unsere Wurzeln zu erinnern, wo wir herkommen. Diese Dokumente sind eine wunderbare Erinnerung daran, dass das Leben weitergeht, dass die Geschichten unserer Vorfahren darin verwoben sind und dass wir mit der Vergangenheit verbunden bleiben müssen, um eine bessere Zukunft aufzubauen.

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