Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes vor dem Ersten Weltkrieg

Der Westdeutsche Jünglingsbund (1885-1930) wurde 1848 als „Rheinisch-Westfälischer Jünglingsbund“ gegründet. Seit 1970 ist der offizielle Name des Verbandes „CVJM-Westbund.“ Der Jünglingsbund widmete sich der Arbeit an christlich orientierten Jugendlichen und jungen Männern. Die Arbeit zählte zu dem weitläufigen Bereich der Inneren Mission.

Ein Arbeitsfeld des Westdeutschen Jünglingsbundes war die Soldatenmission. Diese Arbeit begann bereits vor 1900, wie der „Bericht aus der Arbeit“, 1898, belegt:

In den Garnisonorten der Provinzen Rheinland, Westfalen und Hessen-Nassau kann jetzt überall der Soldat christliche Gemeinschaft finden und ist außerhalb der Kaserne nicht mehr allein auf das Wirtshaus angewiesen. In Köln ist von uns ein besonderes Soldatenheim eingerichtet worden, ebenso auch in Coblenz. An letzterem Orte haben wir auch einen besonderen Soldatenpfleger angestellt.

„Ein Gang durch die Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes.“; Verlag des Westdeutschen Jünglingsbundes, Barmen-U., 2. Aufl. ca. 1915; Quelle: Archivbibliothek EKiR, Sig. P1695

Ausführlich berichtet die Broschüre „Ein Gang durch die Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes“ (2. Auflage, ca. 1915, Archivbibliothek Sign. P 1695):

Der Hilfsbund für die Soldatenfürsorge ist eine Abteilung des Westdeutschen Jünglingsbundes. Er hat in 250 Sektionen 8000 Mitglieder zusammengeschlossen. Der Zweck des Hilfsbundes ist: die Arbeit der christlichen Fürsorge für die Soldaten des Heeres und der Marine zu unterstützen und zu fördern; seine Aufgabe besteht darin: vaterländische Gesinnung auf monarchischer Grundlage im christlichen Geist zu pflegen.

Die gesamte Arbeit der Soldatenfürsorge erfordert einen Etat von 70 000 Mk. pro Jahr. Das gesamte große Werk christlicher Soldatenfürsorge, welches der Westdeutsche Jünglingsbund treibt, wird lediglich von Liebesgaben getragen. (Seite 46).

Der Westdeutsche Jünglingsbund unterhält 45 Soldatenheime! Darunter befinden sich die drei großen eigenen Heime: das Kaiser-Wilhelm-Haus in Metz, das Hohenzollernhaus auf dem Truppenübungsplatz in der Senne und das Soldatenheim in Saarburg i. Lothr. (Seite 4).

„Besucher des Soldatenheims in Wesel.“ aus „Ein Gang durch die Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes.“; Verlag des Westdeutschen Jünglingsbundes, Barmen-U., 1911; Quelle: Archivbibliothek EKiR, Sig. P1058

In der Rheinprovinz, also dem Gebiet unserer Landeskirche, betrieb der Westbund die Soldatenfürsorge in gemieteten Gebäuden in folgenden Städten: Aachen, Bonn, Düsseldorf, Koblenz, Köln, Krefeld, Mülheim (Rhein), Mülheim (Ruhr), Saarbrücken, Saarlouis, Trier, Wesel und Wetzlar.

Der Verkehr in den Soldatenheimen ist ein außerordentlich starker. Im Jahre 1913 wiesen die Verkehrslisten der Heime eine Besuchszahl von 90 245 Soldaten aus. Es wurden ca. 100 000 Portionen an billigem Abendessen und alkoholfreien Getränken verabreicht. Die Bibliotheken enthalten ca. 10 000 Bände; 16 000 Briefbogen und Briefumschläge werden im Durchschnitt jährlich an die Soldaten gratis ausgegeben und 4000 Zeitschriften werden durchschnittliche wöchentlich verteilt. (Seite 4).

„Besucher des Soldatenheims in Mülheim a. Rh.“ aus „Ein Gang durch die Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes.“; Verlag des Westdeutschen Jünglingsbundes, Barmen-U., 1911; Quelle: Archivbibliothek EKiR, Sig. P1058

Kaiser Wilhelm II. unterstützte diese Arbeit großzügig und genehmigte nach der Namensgebung „Kaiser-Wilhelm-Haus“ in Metz (1904) auch die Benennung des Soldatenheims auf dem Truppenübungsplatz in der Senne mit dem Namen „Hohenzollern-Haus“ mit der passenden Ortsangabe „An Bord m[einer] Y[acht] „Hohenzollern“, Ostsee, den 16. Juni 1909.“ (Seite 5).

Oberleutnant Heusch in Mülhausen i. Els. schreibt über den Wert der Soldatenheime folgendes: „Die beste Lektüre wird verbreitet, edle Kameradschaft gepflegt, für Unterhaltung und Erbauung gesorgt. Gute Quartiere stehen zur Verfügung, billiges Mittag- und Abendessen wird verabreicht, Schreibzimmer, Lesezimmer, Gesellschaftsräume bieten ihre Dienste an. Tausende von Soldaten, Unteroffizieren und Offizieren verkehren in diesen Heimen.“ (Seite 8)

Leider finden sich in beiden Auflagen der Broschüre „Ein Gang durch die Soldatenheime“ (1. Auflage ca. 1911, Archivbibiliothek Sign. P 1058; 2. Auflage siehe oben) keine Außenaufnahmen von rheinischen Soldatenheimen, aber drei Gruppenaufnahmen, die wir gerne in diesem Beitrag wiedergeben.

„Besucher des Soldatenheims in Coblenz.“ aus „Ein Gang durch die Soldatenheime des Westdeutschen Jünglingsbundes.“; Verlag des Westdeutschen Jünglingsbundes, Barmen-U., 1911; Quelle: Archivbibliothek EKiR, Sig. P1058

Unser Archiv verwahrt in dem Bestand 5WV 051 (Diakonisches Werk, Direktor Otto Ohl) drei Archivalien zum Westdeutschen Jünglingsbund (Nr. 2089-2091, 1906-1945). Das Archiv des Bundes liegt in Wuppertal und ist durch ein Findbuch (2002) erschlossen; die Archivalien zur Soldatenmission tragen die Signatur 01.7.3.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert