„Finsternis bedecket das Erdreich und Dunkel die Völker“: Aus den Adventspredigten von Heinrich Held vor 80 Jahren

Heinrich Held, Pfarrer in Essen – Rüttenscheid. Hier mit Hilfsprediger Werner Reitz (l) und Vikar Wolfgang Disselhoff (r) im Pfarrgarten, Essen, Reginenstraße 47, 1940. Aus Bestand: AEKR Düsseldorf 8SL046 (Bildarchiv), 80017_053

Heinrich Held (1897-1957), Pfarrer in Essen-Rüttenscheid und 1948 zum ersten Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland gewählt, durfte nach dem Redeverbot, das die Gestapo 1938 gegen ihn verhängt hatte, nur noch in seiner Heimatgemeinde predigen. In der Online-Ausstellung „Evangelischer Widerstand“ und auf unserer Flickr-Präsenz finden Sie zahlreiche Bilddokumente zu seiner Biografie.

Seine im Nachlass überlieferten Adventspredigten aus dem Dezember 1940 enthalten zahlreiche verdeckte Spitzen gegen das NS-Regime. Helds persönlicher Mut ist umso höher zu bewerten, als Hitler damals, ein halbes Jahr nach dem Sieg im Westfeldzug, auf dem Höhepunkt seiner Popularität stand.

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So setzte Held am Ersten Advent unter dem Titelzitat aus Jesaja 60, 2 fort: „ Es wird Menschen geben, die das mit Entrüstung ablehnen, dass Dunkel über den Völkern liegt. Sie werden sagen: Die großen Tage unseres Volkes, die steigen nun mächtig herauf; und die deutsche Sonne, die wird einst über der Welt leuchten. Wir sind keine politischen Propheten, und wir wissen nicht, ob das wahr ist. Aber selbst wenn das so wäre, dann würde der Prophet doch recht behalten… Die Finsternis, die kommt nämlich daher, dass niemand die Bosheit und die Sünde austreiben kann. Mit Kanonen und mit dem Schwerte kann man nicht gegen die Sünde kämpfen.“

Am folgenden Sonntag, dem 8. Dezember 1940, predigte Held über die Frage „Wann kommt das Reich Gottes?“ (Lk 17, 20-30). Für ihn kam es jedenfalls nicht nach einem deutschen Sieg: „Und viele erwarten von dem Ausgang dieses Krieges die neue Welt, den Weltentag der Deutschen in der Geschichte, ein goldenes Zeitalter, den großen Völkerfrühling, da der Friede kein Ende nehmen wird auf der Erde. Aber alle diese Hoffnungen sind Träume, denn wir sind wach geworden… Es ist uns alles zerronnen wie Schnee in der Sonne. Und es dürfte keine Rattenfänger mehr geben, hinter denen die Menschen herlaufen, es sei denn, dass sie wieder anfingen einzuschlafen und zu träumen.“

Am Dritten Advent ging Held schließlich von der Aufforderung Johannes des Täufers aus: Bereitet dem Herrn den Weg (Mt 3,3): „Was tun wir denn, da der Jugend das Wort vorenthalten wird, dass sie keinen Sonntag mehr kennt, dass sie nicht zur Kirche kommen kann. Was tun wir denn? Und seht doch unsere ganze gedruckte Öffentlichkeit an. Wo steht denn an einer Stelle dieses Wort: Bereitet dem Herrn den Weg? Und Johannes der Täufer steht vor uns und sagt: Ihr müsst erst in der Wüste auf mich gehört haben, und müsst erst vor meinem Gefängnis stille gestanden haben, dann erst könnt ihr nach Bethlehem gehen zur Krippe.“

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